Markt Indersdorf:Missbrauch im Zeltlager

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Ein Betreuer des Kreisjugendrings hat sich zwischen 2003 und 2011 in Ainhofen an Buben vergangen. Der 45-Jährige, der vor dem Landgericht München II angeklagt ist, hat fünf sexuelle Übergriffe gestanden.

Von Andreas Salch

Ein ehemaliger Betreuer des Kreisjugendrings Dachau hat zwischen 2003 und 2011 auf Kinder- und Jugendzeltlagern in Markt Indersdorf Buben im Alter zwischen elf und 16 Jahren sexuell missbraucht. Der 45-jährige Diplomingenieur Harald S., der sich seit diesem Dienstag vor dem Landgericht München II verantworten muss, war bereits im Sommer 2007 während eines der Zeltlager auf der Jugend- und Freizeitanlage in Markt Indersdorf aufgefallen.

Damals hatte er einen 16-jährigen Betreuer im Schlaf minutenlang an den Genitalien gestreichelt. Der Jugendliche meldete dies den anderen, älteren Betreuern. Als sie Harald S. mit dem Vorwurf konfrontierten, redete er sich heraus. Er räumte zwar ein, den 16-Jährigen, der neben ihm geschlafen hatte, an den Genitalien berührt zu haben. Allerdings behauptete S., dies sei ihm "im Schlaf passiert". Seine Hand sei "zufällig in die Hose" des Buben geraten. Auf die Frage einer Schöffin der 1. Jugendkammer am Landgericht München II, wie denn seine Kollegen auf diese Erklärung reagiert hätten, antwortete der Angeklagte: "Man hat es hingenommen, dass es passiert ist." Harald S. hatte diesen und vier weitere sexuelle Übergriffe an Buben im Alter von elf bis 15 Jahren bereits 2011 gegenüber der Polizei eingeräumt. Doch seither lag die Anklage bei der Justiz.

Der 45-jährige Diplomingenieur lebt und arbeitet in der Schweiz, wo er es zu Wohlstand gebracht hat. Trotz seines Geständnisses vor drei Jahren kam S. nicht in Untersuchungshaft. Dies ist auch der Grund, weshalb er erst jetzt auf der Anklagebank sitzt. Gerichte müssen vorrangig die Fälle verhandeln, in denen sich ein Angeschuldigter in Haft befindet.

Zu Beginn der Verhandlung am Dienstag wiederholte Harald S. sein Geständnis und räumte die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft weitgehend ein. Erstmals vergriff er sich 2003 auf einem Zeltlager des Kreisjugendrings an einem damals Elfjährigen. Der Bub habe sich gefürchtet und konnte nicht einschlafen, so S., nachdem er ihm und anderen Kindern eine Gruselgeschichte erzählt habe. Daraufhin habe er den Buben in den Arm genommen und "tröstende Worte" zu ihm gesprochen. Doch dabei blieb es nicht. Laut Anklage soll S. bei dem Elfjährigen, als er eingeschlafen war, den Oralverkehr ausgeübt haben. Im weiteren Verlauf der Nacht habe er das Kind noch einmal mit seiner Hand im Genitalbereich berührt, so die Staatsanwaltschaft.

In dem Verfahren vor der Jugendkammer treten drei der mutmaßlichen Opfer als Nebenkläger auf. Einer ihrer Anwälte sagte am Rande des Prozesses, dass den Buben damals aufgrund ihres Alters gar nicht bewusst gewesen sei, was der Angeklagte mit ihnen gemacht habe.

In den Jahren 2005, 2008 und 2011 kam es zu drei weiteren sexuellen Übergriffen durch S. auf Zeltlagern des Kreisjugendrings im Indersdorfer Ortsteil Ainhofen. Bei den mutmaßlichen Opfern handelt es sich um einen damals 15 Jahre alten Betreuer des Kreisjugendrings sowie ein elf- und ein 13-jähriges Kind. In allen Fällen habe er sich den Buben genähert, als sie schliefen und er neben ihnen lag, räumte S. ein.

Als der Angeklagte im Sommer 2011 den Elfjährigen missbrauchte, wachte dieser auf, lief aus dem Schlafraum und setzte sich an das Lagerfeuer zu anderen Betreuern. Der Bub weinte. Harald S. fragte ihn hierauf, ob es ihm nicht gut gehe. Das sei "scheinheilig" gewesen, sagte der 45-Jährige nun vor Gericht. Im Fall des elf Jahre alte Buben sei ihm erstmals bewusst geworden, dass er ein Kind sexuell missbraucht habe, so S. Bei den Missbräuchen in den vorangegangenen Jahren habe er das, was er gemacht habe, bereits einen Tag später wieder "vergessen". Auch später habe er alles "verdrängt". Der Prozess dauert an.

© SZ vom 09.07.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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