Malerin Maria Langer-Schöller:"Sie hat dieses Dekorative"

Kunsthistorikerin Jutta Mannes erklärt die Bedeutung der Dachauer Malerin Maria Langer-Schöller, die eine Schülerin von Hölzel und Matisse war. Weil ihre Großneffen in der Gemeinde Altomünster leben, zeigt das dortige Museum eine Retrospektive.

interview Von Wolfgang Eitler

Wer war Maria Langer-Schöller? Sie ein "Malweib" zu nennen, verbietet sich. Themenführungen und Untertitel zur Retrospektive im Museum von Altomünster suggerieren hier ein Lokalkolorit, indem sie sich krampfhaft an das vermeintliche Ambiente der Zeit der Dachauer Künstlerkolonie anbiedern. Aber Maria Langer-Schöller dilettierte nicht. Sie war eine ernsthafte Künstlerin, die in ganz Europa ausstellte. Kunsthistorikerin Jutta Mannes hat Leben und Werk der Dachauer Malerin erstmals erforscht und zeichnet das Bild einer Frau, die nur eines in ihrem Leben sein wollte: "Eine Künstlerin sein, mit Haut und Haaren." Ihre Forschungsergebnisse sind die wissenschaftliche Grundlage der aktuellen Ausstellung in Altomünster.

SZ: Frau Mannes, Sie haben sich als erste Kunsthistorikerin überhaupt mit Maria Langer-Schöller intensiv beschäftigt. Was für eine Frau war sie?

Jutta Mannes: Sie war eine typische Künstlerin ihrer Zeit, die aus gutem Haus kam. Aber sie war nicht, wie man den Malweibern vorgeworfen hatte, eine Frau, die Kunst als Zeitvertreib betrieb. Sie war von klein auf überzeugt, Künstlerin werden zu wollen. Und das wollte sie ihr ganzes Leben lang sein.

Sie ist also kein so genanntes Malweib gewesen?

Ich möchte diesen Begriff nicht auf sie anwenden. Es handelt sich da ja ohnehin um eine despektierliche Bezeichnung der Männer. Ich lege im Katalog dar, dass sie ihre Kunst mit großer Ernsthaftigkeit betrieben hat. Ausbildung und Werdegang zeigen - mit welchem Ehrgeiz und welcher Bedingungslosigkeit.

Wie erklären Sie sich den Zwiespalt im Leben der Maria Langer-Schöller. Ihre Kunst ist doch der Moderne zuzuordnen, und gleichzeitig ist sie NSDAP-Mitglied gewesen.

Kunsthistorisch betrachtet zählt ihr Werk nicht zu denjenigen, welche die Nationalsozialisten als "entartet" verurteilt hätten. Sie hat ein Leben lang gegenständlich gearbeitet. Ihre Kunst war aus Sicht der Nationalsozialisten unproblematisch. Auch von den Sujets her: Sie ist in den Themenkreisen geblieben, in denen sich die allermeisten Künstlerinnen damals bewegten: Tierdarstellungen, Porträts aus dem Familien- und Freundeskreis und Stillleben natürlich.

Festakt im Schloss

Jutta Mannes arbeitet beim Zweckverband Dachauer Museen. Die Geschichte der Malerin Maria Langer-Schöller hat sie für das Museum Altomünster erforscht.

(Foto: Niels P. Joergensen)

Was sagen Sie zur NSDAP-Mitgliedschaft?

Wie so viele Künstler in Dachau damals war sie dabei. Ich habe im Ausstellungskatalog dieses Mitläufertum bewusst sachlich dargestellt. Es war meines Erachtens eine Mischung aus Pragmatismus und Gutgläubigkeit. Es handelte sich um keine politische Überzeugung. Sie wollte weiterhin ausstellen, und das ging kaum ohne die Parteimitgliedschaft. Natürlich hat sie das später bereut.

Gefällt Ihnen die Malerei?

Ich finde, es gibt sehr schöne Arbeiten von ihr. Mir gefallen die frühen Holzschnitte ausgesprochen gut. Leider sind davon wenige erhalten. Und auch von den Stillleben gibt es ein paar schöne, sehr sorgfältige Kompositionen, sowohl was die Farben als auch was die Formen angeht.

Wegen der Leichtigkeit würde man sie als Matisse-Schülerin einordnen.

Ich glaube, dass Maria Langer-Schöller bei Matisse etwas kennenlernte, was in der Schule von Hölzel schon vorbereitet wurde, nämlich das Bild als Flächenform zu begreifen. Das ist das, was Hölzel seinen Schülern beizubringen versuchte, indem er sie beim Gang durch das Dachauer Moos durch dunkle Augengläser schauen ließ. Matisse geht mit seinem dekorativen Flächenstil natürlich noch weiter. Seine Bilder setzen sich aus farbigen Mustern zusammen. Was sie an seiner Malerei so faszinierte, war die leuchtende Farbigkeit. Davon waren viele deutsche Künstler begeistert.

Zur Person

Maria Langer Schöller gehörte zu einer Dachauer Dynastie. Ihre Tante Pepi war mit dem Brauerbesitzer und Kunstmäzen Eduard Ziegler geheiratet. Ihre Mutter stammte aus der Familie Pitzner. Onkel Max Joseph war ein damals berühmter Tier- und Landschaftsmaler. Die Ehe mit dem Künstler Otto Richard Langer verlief nicht glücklich. Tochter Esther erkrankte psychisch und lebte von 1948 an im heutigen Franziskuswerk in Schönbrunn. Sie starb wenige Jahre nach dem Tod ihrer Mutter (20. April 1969). Die Malerin wurde 91 Jahre alt. Wäre sie ein Mann gewesen, hätte sie wegen ihrer künstlerischen Fähigkeiten sicherlich größeren Erfolg gehabt. So aber war ihr das Studium Ende des 19. Jahrhunderts an einer Kunstakademie verwehrt; Maria Langer-Schöller (geboren am 14. August 1878) musste die Umwege über die Kunstgewerbeschule, Unterricht bei Adolf Hölzel in Dachau und über die Karlsruher Malerinnenschule nehmen. Schließlich folgte die École Matisse in Paris (1904), da war sie 26 Jahre alt. Ende 1904 heiratete sie Otto Richard Langer, der sie bereits vier Jahre später verließ und 1919 in Berlin starb. Dort studierte Maria Langer Schöller von März bis Juni 1907 bei Lovis Corinth. Insgesamt betrachtet, hatte sie ein schweres Leben, als Mutter und Künstlerin, deren Existenz ständig gefährdet war. Die Ausstellung findet in Altomünster statt, auch weil der dortige Kulturrereferent im Gemeinderat, Bernhard Stöhr, und sein Bruder Hans Großneffen der Dachauer Malerin sind. we

Das Dekorative ist bei Maria Langer-Schöller von großer Bedeutung?

In vielen Stillleben hat sie dieses Dekorative. In den Tischdecken und den Tapetenmustern, den gemalten Blumen auf und in der Vase. Oft verschränkt sie mehrere Bildebenen miteinander. Manchmal verwendet sie hauptsächlich Primärfarben. Aber es gibt auch Beispiele, wo sie sich in aparten Farbzusammenstellungen auf Blau-, Braun- und Rottöne beschränkt.

Nach dem Zweiten Weltkrieg blieb ihr der künstlerische Erfolg versagt. Wie vielen anderen auch.

Eigentlich schon nach dem ersten. Er hatte wie für viele andere Künstler auch einen großen Einbruch bedeutet. Die so genannten Goldenen Zeiten - sie hatte zuvor bis nach London ausgestellt - waren plötzlich vorüber.

Zählt sie zur Generation der Verschollenen Maler, denen nach dem Zweiten Weltkrieg der Anschluss an die internationale Kunst nicht gelang?

Nein. Einfach, weil sie dieser Generation nicht angehörte. Sie ist 1878 geboren und nach dem ersten Weltkrieg war sie schon 41 Jahre alt.

In welchen Bildern der Ausstellung ist die Künstlerin ganz bei sich? Sie hat ja auch viele Auftragsarbeiten erledigt.

Ich finde ganz erstaunlich, dass sie in den vierziger Jahren noch während des Zweiten Weltkriegs eine intensive Schaffensphase hatte. Da war sie schon über 60 Jahre alt. Da hat sie, anscheinend unberührt von allen äußeren Umständen, wunderbare Aquarelle gemalt, mit großer Leichtigkeit und Freiheit locker über die Bildfläche verteilte Farben.

Und warum würden Sie einen Besuch der Ausstellung im Museum Altomünster empfehlen?

Maria Langer-Schöller ist eine bemerkenswerte Künstlerin aus dieser Zeit, von der wir wirklich einen Überblick über eine mehr als 60 Jahre währende Schaffensperiode zeigen können. Das verdanken wir dem glücklichen Umstand, dass es Nachfahren gibt, die ihren künstlerischen Nachlass über viele Jahre bewahrt und durch Sammeln sogar noch erweitert haben.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: