Mahertex:Illegale Sammelaktionen

Lesezeit: 2 min

Im ganzen Landkreis ist eine Firma Mahertex aus Freising unterwegs, um Kleidung, Schuhe sowie Haushaltsgeräte spendiert zu bekommen. Angeblich im Auftrag einer Kindersuchhilfe.

Von Benjamin Emonts

Als Überschrift steht auf den Flyern "Schuhe- und Kleidersammlung", darunter in Rot geschrieben: "Wir unterstützen mit unserer Sammelaktion den Verein Kindersuchhilfe". Tausende dieser Flyer kursieren in der Stadt Dachau, in Karlsfeld und anderen Gemeinden des Landkreises. Mal landen sie in den Briefkästen der Bürger, mal liegen sie in farbigen Plastikkörben, die auf den Grundstücken der Landkreisbewohner abgestellt werden.

In den Rathäusern des Landkreises rufen immer öfter Bürger an, die an der Legalität dieser Kleidersammlungen zweifeln. Sie fragen sich: Wer steckt hinter den Sammelaktionen? Und sind diese überhaupt legal? Was passiert mit den Kleidern, die wir spenden? Dabei geht es offenbar gar nicht nur um Kleider und Schuhe. Auf den aktuell kursierenden Flyern bittet eine Firma namens Mahertex auch um Töpfe, Pfannen, Geschirr, Handwerkzeug, Federbetten und Plüschtiere. Nach telefonischer Vereinbarung bietet die Firma sogar an, ganze Wohnungs- und Geschäftsauflösungen durchzuführen.

Auf den Flyern beruft sich die Firma Mahertex auf den eingetragenen Verein Kindersuchhilfe mit Sitz in Aschaffenburg. Der Verein, so suggeriert es der Flyer, "unterstützt unter anderem Obdachlose und bedürftige Familien und Kinder, die sich zwei Mal im Jahr kostenlos bei der Kindersuchhilfe e.V. einkleiden können". Das Problem: Den Verein gibt es überhaupt nicht mehr. Das Amtsgericht Aschaffenburg teilt auf Anfrage der SZ Dachau mit: "Der Kindersuchhilfe e.V. wurde am 10. Februar 2014 von Amtswegen gelöscht, weil eine Insolvenz mangels Masse abgelehnt wurde." In Rheinland-Pfalz hatte die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) dem Verein bereits im März 2013 ein Sammlungsverbot erteilt. Die Begründung: "Erheblicher Zweifel an ordnungsgemäßen Sammlungen und einer zweckentsprechenden Verwendung des Sammlungsertrages."

Der Chef der in Freising gemeldeten Firma Mahertex, Maher Ahmad, sagt am Mittwoch der SZ im Gespräch, er arbeite bereits seit 2011 mit dem Verein Kindersuchhilfe zusammen. Die Kooperation beschränkt sich nach Auskunft von Ahmad darauf, dass er dem Verein einmal jährlich einen "großen, bis zu fünfstelligen" Geldbetrag überweise. Er fügt hinzu: "Wie auch Anfang 2014 geschehen."

Das Prinzip der Zusammenarbeit sieht so aus: Die Firma Mahertex sammelt die Altkleider, und der Verein Kindersuchhilfe bekräftigt mit seinem Namen, dass die Sammlungen einen gemeinnützigen Zweck erfüllen. Mit den Worten von Mahertex-Chef Ahmad: "Damit haben die Leute den Beweis, dass wir mit unseren Sammlungen etwas für einen guten Zweck tun." Wofür die Kindersuchhilfe des Geld konkret verwendet, wisse er nicht.

Ob die Firma Mahertex über eine Sammlungsgenehmigung verfügt, ist indes unklar. Peter Max vom Fachbereich Umweltrecht im Dachauer Landratsamt sagt: "Ein Antrag der Firma Mahertex auf Sammeln von Schuhen, Altkleider und Geschirr wurde am 5. Februar 2013 zugelassen und läuft am 31. Dezember 2014 aus." Vom Landratsamt also hat die Firma eine Genehmigung, grundsätzlich Abfälle entgegen zu nehmen.

Doch ist die Sammlungsaktion des Unternehmens dadurch in den Kommunen legal? Die Stadt Dachau sagt ausdrücklich: "Nein." Das städtische Ordnungsamt teilt auf Nachfrage der SZ mit: "Für Sammlungen auf öffentlichen Verkehrsflächen bedarf man in Bayern einer sogenannten Sondernutzungserlaubnis der jeweiligen Gemeinde. Die Stadt Dachau erteilt grundsätzlich keine Erlaubnis für gewerbliche Sammlungen. Insofern handelt es sich hierbei um eine Ordnungswidrigkeit nach dem Bayerischen Straßen- und Wegegesetz."

Sprich: Neben der Erlaubnis des Landratsamts benötigen die Firmen eine Genehmigung der Kommunen, um öffentliche oder private Verkehrsflächen für ihre Sammlungen nutzen zu dürfen.

Stefan Januschkowetz, Leiter des städtischen Ordnungsamts, teilt auf Nachfrage mit, dass ihm von der Firma Mahertex ein entsprechender Antrag nicht vorliege. Somit wäre die Sammelaktion illegal. Er sagt: "Wir haben die Firma Mahertex jetzt aufgefordert, die Sammlungen zu unterlassen. Falls nicht, werden wir ein Bußgeldverfahren einleiten." Der Kindersuchhilfe e.V. hätte indes eine gesonderte Genehmigung des Landratsamts für die Sammlungen benötigt. Eine solche liegt dem Amt nicht vor. Wie auch? Der Kindersuchhilfe e.V. existiert nicht mehr. Das Landratsamt empfiehlt, nur den bekannten, gemeinnützigen Organisationen zu trauen.

© SZ vom 06.06.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: