Lebensmittelüberwachung:Kontrolleure klagen über Personalmangel

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Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser. Nur: wie soll man die Unbedenklichkeit der Lebensmittel überprüfen mit 3,5 Stellen bei 2250 Betrieben?

Walter Gierlich

Der Skandal um Müller-Brot ist für den SPD-Abgeordneten Martin Güll der Anlass gewesen, das Thema Lebensmittelüberwachung und -sicherheit zum Thema seiner Diskussionsreihe "Treffpunkt Landtag" zu machen. Und wirklich beruhigend war es für die Besucher der Veranstaltung nicht, was sie dabei erfuhren. So teilte Helmut Thaler von der Lebensmittelüberwachung des Landratsamts mit, dass es in diesem Bereich gerade dreieinhalb Stellen für den gesamten Landkreis mit etwa 2250 einschlägigen Betrieben und Einrichtungen gibt, sodass auf jeden Kontrolleur mehr als 600 entfallen. "Jeder unserer Kollegen im gesamten Bundesgebiet würde sich mehr Stellen wünschen", sagte Thaler der SZ auf Nachfrage.

Der Lebensmittel-Kontrolleur am Dachauer Landratsamt Helmut Thaler ist mit Probenbeutel, Kühlbox, Laptop und Temperaturlogger unterwegs. (Foto: Joergensen)

Bayernweit habe das Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) im Jahr 2010 rund 73 500 Proben von Lebensmitteln, aber auch Kosmetika, Spielzeug oder Tabakwaren untersucht, teilte Thaler mit. Davon seien 0,4 Prozent gesundheitsgefährdend gewesen, etwa weniger als im Jahr 2009, als der Wert noch bei 0,5 Prozent gelegen hatte. Es handelt sich großteils um sogenannte Planuntersuchungen, die routinemäßig, nach Plan und verdachtsunabhängig erfolgen. Anders ist es bei den Proben, die die Dachauer Kontrolleure ans LGL in Oberschleißheim schicken. Thaler zufolge waren es im vergangenen Jahr 495 Proben. Unter diesen habe der Anteil derjenigen mit gesundheitsschädlicher Wirkung bei 1,6 Prozent gelegen. Doch Thaler betont - "damit keine Missverständnisse aufkommen" - dass der Anteil gesundheitsgefährdender Proben vor allem deshalb deutlich höher liege, "weil hier schon ein gewisser Verdacht bestehe".

Kontrolliert werden von Thaler und seinen Kollegen Gaststätten, Lebensmittelgeschäfte, Kaufhäuser, Bäckereien, Metzgereien, Brauereien und anderen Betriebe, die Nahrungsmittel erzeugen oder verkaufen. Und zwar unangemeldet, wie Thaler am Freitagabend auf Martin Gülls Veranstaltung erklärte.

Der Dachauer Lebensmittelkontrolleur beklagte allerdings den Personalmangel: "Wir sind einfach zu wenig Leute, schauen aber, dass wir wenigstens das Nötigste abdecken." Man nehme eine Risikobeurteilung vor: Je höher das Risiko, desto öfter werde kontrolliert. Als Beispiel führte Thaler einen Getränkemarkt an, der nicht so strenge Kontrollen brauche wie etwa ein Speiseeishersteller. Der Kontrolleur würde sich wünschen, dass es eine Kennzeichnung - etwa mit Smileys wie in Dänemark - gäbe, die dem Kunden anzeigt, wie es um die Hygiene in den Betrieben bestellt sei: "So ein Hygiene-Barometer wäre eine gute Sache." Unverständlich sei es ihm, dass sich die Betriebe dem verweigerten. "Sie schützen damit die schwarzen Schafe in ihrer Branche." Ein guter Betrieb habe nichts zu verbergen.

Das sah auch Michaela Steiner so, die Vorsitzende der Solidargemeinschaft Dachauer Land, die regionale Erzeugnisse vermarktet. Wer bei der Solidargemeinschaft Mitglied werden wolle, müsse sich strengen Richtlinien und regelmäßigen Kontrollen unterwerfen. Öffentlichkeit gehöre zum Prinzip, sagte sie und betonte, die Solidargemeinschaft könne hundertprozentige Sicherheit garantieren. Ein Smiley-System lehnte sie jedoch ebenso ab wie Metzger-Innungsmeister Werner Braun und Indersdorfs zweiter Bürgermeister Hans Lachner (CSU), der selbst einen Hofladen auf seinem Betrieb unterhält: Bis ein Betrieb ein einmal erhaltenes schlechtes Label wieder korrigieren könne, sei er tot, so Lachners Befürchtung.

Am Ende erhielt der SPD-Abgeordnete Güll zwei Aufträge. Er solle sich für mehr Kontrolleure einsetzen, forderte Thaler. Und die Kreisbäuerin und CSU-Kreisrätin Emmi Westermeier appellierte an den Bildungspolitiker Güll, sich für die Einführung des Fachs Lebensmittelkunde an Schulen einzusetzen.

© SZ vom 26.03.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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