Landwirtschaft:Biogas statt Viehzucht

Im Landkreis Dachau fällt die Ernte gut aus. Der alleinige Anbau von Lebensmitteln lohnt sich für die Bauern aber nicht.

Von Elena Adam

Globalisierung, Klimawandel und Bodenerhaltung - Michael Reischl befasst sich beinahe täglich mit diesen großen Themen. Der Landwirt betreibt einen Hof in Großinzemoos, baut Kartoffeln an, Zuckerrüben, Getreide, Pastinaken und Sellerie. Und dann gibt es da noch den Mais. Das Getreide liefert regelmäßig Zündstoff in den Diskussionen um Nachhaltigkeit und Monokulturen, aber Reischl hat mittlerweile die passenden Antworten parat, ebenso wie der CSU-Landtagsabgeordnete und Kreisobmann des Bayerischen Bauernverbandes, Anton Kreitmair, der die örtliche Presse am Montagvormittag zur Erntefahrt über Reischls Felder eingeladen hatte.

"Ich möchte noch einmal betonen, dass der Maisanbau im Landkreis bei unter 30 Prozent liegt", sagt Kreitmair. Mais ist die effizienteste Pflanze für die Gewinnung von Biogas. Immer mehr auf immer größeren Flächen wird davon angebaut. Für viele Landwirte ist es heute rentabler, Mais für die Biogasanlage anzubauen statt Vieh zu halten. Kritiker befürchten deshalb, dass Maismonokulturen überhandnehmen, die Landschaft verödet und der Boden ausgelaugt wird. Auch Reischl muss sich häufig für seinen Mais rechtfertigen. Immerhin könne er noch vor der Ernte entscheiden, ob das Getreide in der Biogasanlage oder in Rindermägen landet, je nach Bedarf. Die verschiedenen Maissorten sind, was ihre spätere Verwendung angeht, relativ flexibel. Nicht jedes Maisfeld also ist die so oft vermutete Kapitalanlage eines Landwirtes in Energieerzeugung. Dennoch beherrscht das Thema Mais die Gespräche zwischen Bauern und Naturschützern. Dabei hat Reischl auf seinen Ackerflächen noch einiges mehr zu bieten.

Die Zuckerrübensorte "Annemarie" zum Beispiel. Sie ist mit einer Mulchsaat eingebracht worden, ebenso wie die Bio-Pastinaken ein Feld weiter. Durch das Verfahren der Mulchsaat kann Reischl auf einen Pflug verzichten und so einen Beitrag zur Bodenerhaltung leisten. Die Methode ist nicht neu. Wie notwendig das Umdenken im Ackerbau aber tatsächlich ist, zeigen Erosionsschäden in noch nie gekanntem Ausmaß.

"Den Ackerbau gibt es nicht mehr", sagt Reischl. Obwohl er und die anderen Erzeuger aus dem Landkreis in diesem Jahr mal wieder gut dastehen. Im Vergleich zu Nordbayern seien die Erträge weiter südlich immer ein wenig besser, sagte Kreitmair. Aber dennoch: Vom Ackerbau können die wenigsten Bauern leben. Biogasanlagen und Maisfelder sind die Reaktion auf den stetig sinkenden Anteil der Bauern am Verkauf von Grundnahrungsmitteln. Während die Getreidepreise aktuell weiter sinken, ist der prozentuale Anteil des Verkaufswertes von Grundnahrungsmitteln für die Bauern seit mehr als zehn Jahren gesunken. Wird ein Mischbrot für drei Euro verkauft, erhält der Landwirt 17 Cent. Vom Verkaufswert einer Semmel, durchschnittlich 35 Cent, erhält der Bauer weniger als einen Cent. Bei tierischen Produkten sieht der Ertrag nicht besser aus: An einem Kotelett verdient der Landwirt durchschnittlich 29 Cent, an einem Glas Milch 10 Cent.

Lohnen sich unter diesen Umständen Ackerbau und Viehzucht noch? Reischl ist zuversichtlich, zumindest für seinen Betrieb. Der Hofladen läuft gut, die Käufer legen großen Wert auf Regionalität. "Die Nachfrage geht nicht mehr ausschließlich in Richtung Bio", sagt Reischl. "Regionale Produkte sind gefragter denn je. Diese Entwicklung muss unterstützt werden, denn preislich können wir nicht mithalten, wenn Bio-Produkte aus anderen Ländern importiert werden und wesentlich günstiger sind." Und Reischl sieht noch eine Herausforderung: den Klimawandel. "Die Trockenheit wird zu einem immer größeren Problem werden", sagt er. Besonders das Getreide leidet unter Trockenperioden und großer Hitze.

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