Neue Richtlinien:Bauern rebellieren gegen Edeka

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Mit einem lodernden Feuer bei Tiefenlachen protestieren Viehhalter aus dem Landkreis im Juni vergangenen Jahres gegen die niedrigen Milchpreise. (Foto: Toni Heigl)

Die Supermarktkette stellt an Milchviehhalter hohe Anforderungen. Landwirte sehen dadurch die Existenz kleiner Betriebe bedroht.

Von Robert Stocker, Dachau

Der Bauernverband geht mit dem Lebensmittel-Discounter Edeka scharf ins Gericht. Stein des Anstoßes ist ein Katalog von Forderungen, die der Konzern an Milchviehhalter stellt. Edeka will künftig keine Milch mehr von Bauern anbieten, die diese Kriterien nicht erfüllen. Dabei geht es vor allem um die Haltung der Kühe und ihre regelmäßige Betreuung durch Tierärzte. Der Bauernverband sieht durch die Forderungen die Existenz kleiner Betriebe bedroht. Für den Präsidenten des oberbayerischen Bauernverbandes steht dabei die Absicht dahinter, einen Teil der Landwirte aus dem Milchmarkt zu drängen. "Wir überlegen ernsthaft, die Verbraucher zu einem Boykott von Edeka aufzurufen", geht Anton Kreitmair in die Offensive.

Mindestfläche von neun Quadratmetern netto pro Milchkuh

Der Discounter hat in einem Papier 21 Mindestanforderungen an die Milchviehhalter aufgelistet. Zu den Forderungen gehören die Haltung der Tiere in einem Liegeboxenlaufstall mit offener Front, eine Mindestfläche von neun Quadratmetern netto pro Milchkuh im Stall, der Verzicht auf die Enthornung von Kälbern oder eine Trächtigkeitsuntersuchung vor der Schlachtung von Kühen. Unter anderem fordert Edeka auch Protokolle über tägliche Tierkontrollen und einen Betreuungsvertrag mit einem Tierarzt. Kontrollen, die das Wohl der Tiere betreffen, sind für Anton Kreitmair selbstverständlich. Um die Forderungen zur Haltung erfüllen zu können, müsste jeder Landwirt aber einen modernen Laufstall bauen. Und der ist teuer. "Das würde das Aus für Nebenerwerbslandwirte bedeuten, wie wir sie wollen", schimpft Kreitmair. Ein Teil der Landwirte werde vom Markt ausgeschlossen. Die Folge seien noch mehr Billigimporte.

Dass der Vorstoß von Edeka kommt, ärgert den Bauernpräsidenten besonders. Der Discounter habe erst vor einigen Wochen ein Abkommen zwischen Einzelhandel und Erzeugern blockiert. Landwirte sollten für ihre Produkte mehr Geld erhalten, wenn sie die Auflagen für das Tierwohl erfüllen. Edeka habe die Verhandlungen über diese freiwillige Leistung des Einzelhandels lange verzögert. "Da standen sie an letzter Stelle", sagt Kreitmair. Und jetzt präsentiert der Discounter einen Forderungskatalog, der aus seiner Sicht völlig überzogen ist und viele Landwirte in ihrer Existenz bedroht. "Gerade die kleinen Betriebe zeichnen unsere Landwirtschaft aus." Auch im Landkreis Dachau und besonders im Voralpenland gebe es viele davon. Wenn sie nicht mehr existieren, sei die Pflege der Kulturlandschaft in Frage gestellt. Großbetriebe in Norddeutschland könnten die Auflagen leichter erfüllen. Das sei auch die Absicht von Edeka: Der Einzelhändler wolle nur noch Großbetriebe als Partner. "Diese Rechnung wird nicht aufgehen", sagt Kreitmair. "Wir werden uns massiv dagegen wehren." Der Bauernpräsident erwägt auch einen Boykott-Aufruf. Er glaubt, dass er bei den Kunden auf Verständnis stößt. "Die Verbraucher erwarten einen fairen Umgang mit den Landwirten."

"Wir Landwirte machen keinen Pfusch"

Martin Kiening sieht die Forderungen an die Milchviehhalter als Strategie von Edeka. Der Einzelhandel wolle damit die Verbraucher an sich ziehen. "Edeka will zeigen, dass er das Tierwohl und den Tierschutz beherzigt", sagt der Kreissprecher des Bundes Deutscher Milchviehhalter. Viele Forderungen seien allerdings überflüssig, weil sie die Landwirte ohnehin erfüllen. "Wenn es den Kühen gut geht, leisten sie viel." Schon aus eigenem Interesse sei jeder Betrieb auf Sauberkeit und Hygiene bedacht. Regelmäßige Produkt- und Qualitätskontrollen seien eine Selbstverständlichkeit. Jede Milchabfüllung werde kontrolliert. Kiening sagt: "Die Situation in den Erzeugerbetrieben ist nicht so schlecht, wie sie in der Öffentlichkeit oft dargestellt wird. Wir Landwirte machen keinen Pfusch, sonst würde es uns nicht mehr geben."

Von der Forderung, die Kälber nicht zu enthornen, ist Kiening überhaupt nicht begeistert. Um die Enthornung komme man nicht herum. Denn Hörner seien die Waffen der Tiere und bedeuten eine hohe Verletzungsgefahr. Kiening: "Da möchte ich die Leute von Edeka sehen, wenn sie mit gehörnten Tieren arbeiten dürfen."

© SZ vom 23.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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