Landkreis Dachau:Udes Landpartie

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Der Münchner Oberbürgermeister und SPD-Ministerpräsidentenkandidat macht sich in Oberrother Kuhstall schlau, denn spezifische Kenntnisse in der Viehzucht fehlen ihm bisher.

Gregor Schiegl

Den letzten pressewirksamen Besuch auf dem Bauernhof hatte Münchens Oberbürgermeister Christian Ude 2011 in Rahstorf. Da war er zu Besuch bei Hubert Aiwanger. Ude durfte ein Schweinchen in die Kameras halten, und alle schauten ganz glücklich. Nun ist er in Oberroth bei Hans-Georg Kellerer. Aber diesmal ist nur die lokale Presse da. Der 40-jährige Kellerer ist schließlich nur ein einfacher Bauer, kein potentieller Koalitionspartner.

Nicht nur Hubert Aiwangers Schweinchen, auch eine Kuh des Oberrother Landwirts Hans-Georg Kellerer hat nun eine Streicheleinheit von Münchens Oberbürgermeister Christian Ude bekommen. (Foto: DAH)

Aber die Bauern, das weiß auch Ude, sind ein Machtfaktor im Agrarland Bayern. Einst galten sie als Gewährsmänner für die unumschränkte Herrschaft der CSU. Einst, ja. "Wir sind für alle Parteien offen", erklärt Anton Kreitmair, Bezirkspräsident des Bayerischen Bauernverbands. Ude nimmt das dankbar auf. Er braucht die Bauern, wenn er 2013 eine Chance haben will, Seehofer zu beerben. Es lief zuletzt nicht rund bei ihm. Die Anti-CSU-Stimmung: abgeebbt. Seine Forderung nach dem Bau einer dritten Startbahn: durchgefallen beim Bürgerentscheid in München. Und als sei das nicht alles schon schlimm genug, hatte er sich beim Landfrauentag in Fürstenfeldbruck auch noch "einen Patzer" geleistet. Ude hatte sich kritisch über "die Vermaisung der Landschaft" geäußert. "Da sind sie sofort über mich hergefallen." Das mit der Vermaisung habe er von einem Kollegen des Gemeindetags aufgeschnappt. Ein CSU-Mann. Natürlich.

Daraufhin hat ihn der Bauernverband auch eingeladen, um sich das Landleben mal anzusehen. Ude hat sicherheitshalber Maria Noichl mitgebracht. Sie sitzt für die SPD im Landwirtschaftsausschuss des Landtags. Soll keiner denken, Sozis hätten keine Ahnung von Landwirtschaft. Wobei Ude, wie er bekennt, wirklich "keine so spezifischen Kenntnisse im Ackerbau und in der Viehzucht" hat.

Deswegen steht er jetzt im Milchviehstall. Früher hat man Kuhstall gesagt, aber Kellerers helle holzverkleidete Halle ist nicht das, was man landläufig als Kuhstall bezeichnen würde: In der Halle gibt es ein flaches fensterloses Gebäude, durch das die Kühe laufen. Hier leistet ein Melkroboter seine Dienste. Am Ohrchip erkennt er, ob er gerade Resi, Zenzi oder Decima melkt. Im Stall gibt es auch eine Dusche, die Wassertröpfchen versprüht wie in einem Gewächshaus. Aktiviert wird sie von einer Lichtschranke. Das begeistert Ude so, dass er gleich einen kleinen Fotoapparat zückt und das Wunderwerk ablichtet. "Das ist ein High-Tech-Stall, dass der Städter nur so schaut!", sagt Ude.

Freilich nützt der Schulterschluss beiden Seiten - auch dem Bauernverband. Er nimmt den prominenten Besuch zum Anlass, ein paar Botschaften in die Öffentlichkeit zu streuen. Etwa, dass Massentierhaltung per se nichts Schlechtes sei. Für eine moderne Viehhaltung mit vielen Maschinen brauche es eben eine Mindestzahl an Tieren, die Zahl allein sage nun wirklich nichts über "das Tierwohl" aus. Ach ja, und dann war ja noch die Affäre mit dem Mais. "Wir wollen darstellen, wie wichtig er als Futtermittel und als Energieträger ist", sagt Kreitmair. In den Medien werde das oft so negativ dargestellt. Dabei liege der Anteil von Mais im Landkreis immer noch unter 30 Prozent. Und Ude? Der widerruft schließlich sein Unwort von der "Vermaisung". Er habe sich davon überzeugen können, dass der Maisanbau hier "in einem vernünftigen Verhältnis" stattfinde. Außerdem: "Dass der Mais so hoch wird, kann man ihm ja schlecht vorwerfen."

© SZ vom 22.06.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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