Landkreis Dachau:Reich, aber in Sorge

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Der Landkreis verzeichnet Rekordeinnahmen. Doch auch die Aufgaben und mit ihnen die Ausgaben, etwa für Jugendhilfe, Personal und Baumaßnahmen wachsen. Bund und Freistaat delegieren zu viel, kritisiert Landrat Löwl

Von Robert Stocker, Dachau

Ein Spitzenwert bei den Steuereinnahmen, höhere Zuschüsse von Bund und Freistaat, die jetzt auch noch schneller fließen: Die Einnahmen des Landkreises waren noch nie so hoch. Das Statistische Landesamt hat für den Landkreis Dachau im nächsten Jahr eine Umlagekraft von 158 Millionen Euro errechnet. Das bedeutet eine Zunahme von 3,7 Prozent. Der Anteil der Steuereinnahmen, den die Gemeinden an den Kreis abführen, soll deshalb von 47,5 auf 46,5 Prozentpunkte sinken. Doch auch die Ausgaben und Kosten steigen stark. Für die soziale Sicherung sind im Haushalt für das nächste Jahr 51 Millionen Euro vorgesehen. Eine Entwicklung, die Landrat Stefan Löwl (CSU) und Kreiskämmerer Gerd Müller Sorgen macht - vor allem, wenn die Einnahmen einmal nicht mehr so sprudeln. "Der Landkreis kann viele Ausgaben nicht mehr steuern", stellt Löwl fest. Denn Bund und Freistaat bürden ihm immer mehr Aufgaben auf.

Brandschutz verursacht hohe Kosten

Dachau ist einer der reichsten Landkreise Deutschlands. Was die Kaufkraft seiner Bürger betrifft, liegt er in einem bundesweiten Vergleich an neunter Stelle. Aber die Kosten für die sozialen Aufgaben gehen steil nach oben. Im Jahr 2008 betrugen sie zehn Millionen Euro, 2017 werden sie auf 24,6 Millionen Euro steigen. Gründe sind der gesellschaftliche Wandel und steigende Standards. Viele Eltern haben Erziehungsprobleme, familiäre Strukturen ändern sich. Die Zahl Alleinerziehender nimmt zu. Das gilt nicht nur für sozial schwache Familien. "Es gibt auch Jugendliche aus reichem Hause, die eine Unterstützung brauchen", sagt Löwl. In materieller Hinsicht fehlt ihnen nichts, doch sie sind sich selbst überlassen, weil sich die Eltern keine Zeit für sie nehmen. Auch die Anforderungen an die Betreuung durch das Jugendamt nehmen zu. Kritik üben der Landrat und Kreiskämmerer Gerd Müller auch an den gestiegenen Standards beim Bau und Umweltschutz. Allein der Brandschutz verursacht hohe Kosten, doch wer die Vorschriften nicht einhält, kann im Unglücksfall zur Rechenschaft gezogen werden. Löwl spricht von Überreglementierung: "Da müssen wir ansetzen, das macht mir Sorgen." Der Grundsatz der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit, dem die öffentliche Hand unterliegt, werde durch die hohe Erwartungshaltung konterkariert, betont auch Kreiskämmerer Gerd Müller.

Auch die Personalkosten treiben die Kosten im Verwaltungshaushalt hoch, der im nächsten Jahr ein Volumen von 148,2 Millionen Euro hat. 2017 werden sie 21,5 Millionen Euro betragen. Allein im Asylbereich gibt es jetzt mehr als 40 Stellen, 2013 war es nur eine. Die Aufnahme Asylsuchender ist eine Aufgabe des Staates, der die Unterbringung an die Landkreise delegiert. Die Kosten für einen Asylbewerber betragen 45 Euro pro Monat. Sie werden nur teilweise durch staatliche Zuschüsse aufgefangen. Den Löwenanteil der Personalkosten muss der Landkreis tragen. Die Kosten für die Unterkünfte werden direkt mit dem Freistaat abgerechnet und nicht mehr im Haushalt verbucht. "Dadurch haben wir keine Risiken mehr bei der Erstattung der Kosten", sagt Löwl.

Investitionen in Bildung

73,4 Millionen Euro Steuern führen die Gemeinden 2017 an den Landkreis ab, wenn der Hebesatz auf 46,5 Prozentpunkte sinkt. Damit bestreiten die Kommunen über die Kreisumlage die Hälfte des Landkreishaushalts. 30,8 Millionen Euro muss der Landkreis an den Bezirk abführen, wenn dieser seinen Hebesatz wie angekündigt weiterhin mit 19,5 Prozentpunkten ansetzt. Weil das Wachstum im bayernweiten Vergleich unterdurchschnittlich im Landkreis ist, erhöhen sich die Einnahmen durch den kommunalen Finanzausgleich. Die sogenannten Schlüsselzuweisungen werden deshalb um 700 000 Euro steigen. In den vergangenen Jahren hat der Landkreis seine Schulden massiv abgebaut. 1999 betrugen sie noch 69,1 Millionen Euro, nächstes Jahr werden sie bei 17, 2 Millionen Euro liegen. "Unsere Handlungsfähigkeit ist gegeben", betont Müller, zumal 6,4 Millionen Euro für freiwillige Leistungen zur Verfügung stehen. Die Neuverschuldung wird bei 7,2 Millionen Euro liegen. Für Investitionen sind im Vermögenshaushalt 27,6 Millionen Euro vorgesehen. Den Löwenanteil verschlingt mit 74 Prozent der Bildungsbereich. Der Landkreis finanziert den Neubau der Realschule in Odelzhausen und den Ringschluss zwischen der Realschule und der Berufsschule in Dachau Augustenfeld. Investitionen in Millionenhöhe sind auch für die Generalinstandsetzung der beiden kirchlichen Realschulen in Markt Indersdorf und Weichs eingeplant.

© SZ vom 14.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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