KZ-Gedenkstätte Dachau:"Nie wieder!"

Am 66. Jahrestag der Befreiuung des Konzentrationslagers Dachau warnen die Redner vor der Gefahr des Rechtsextremismus. Der KZ-Überlebende Max Mannheimer spricht sich für eine lebendige Erinnerung aus.

Helmut Zeller

"Nie wieder!" - das Vermächtnis der KZ-Überlebenden stand im Mittelpunkt aller Reden zum 66. Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Dachau am Sonntag. Pieter Dietz de Loos, Präsident des Comité International de Dachau (CID), sprach von einer "Verpflichtung" für die ganze Welt. Josef Schuster, Präsident der Israelitischen Kultusgemeinden (IKG) in Bayern, betonte, dieser Schwur müsse sich im täglichen Tun erfüllen. Charlotte Knobloch, Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München (IKG), forderte ein Verbot der NPD und "null Toleranz" für Neonazis oder für rassistische und antisemitische Propaganda in anderen Parteien.

KZ-Gedenkstätte Dachau: Bei der Befreiungsfeier in der KZ-Gedenkstätte Dachau werden zum Gedenken an die mehr als 41 500 Opfer der Nationalsozialisten vor dem internationalen Mahnmal Kränze niedergelegt.

Bei der Befreiungsfeier in der KZ-Gedenkstätte Dachau werden zum Gedenken an die mehr als 41 500 Opfer der Nationalsozialisten vor dem internationalen Mahnmal Kränze niedergelegt. 

(Foto: www.joergensen.com)

Mehrere hundert Besucher waren zur Gedenkfeier an der KZ-Gedenkstätte Dachau gekommen. Der Auschwitz-Überlebende und CID-Vizepräsident Max Mannheimer wandte sich direkt an die vielen Jugendlichen unter ihnen: "In kurzer Zeit wird es keine Überlebenden mehr geben", sagte er. Im Gedächtnis der Generationen dürfe nicht ein unbestimmtes Etwas hängen bleiben. In Wort oder Schweigen, in Aktionen oder Protesten müsse das Gedenken gestaltet werden. "Denn die Erinnerung an die Opfer ist nicht mit einem Denkmal oder Monument abgetan. Ich bin dankbar, wenn dies ein Tag der Erinnerung bleiben wird", sagte der 91-Jährige. "Dachau, dieser Ort des Grauens, ist eine Aufforderung zur Wachsamkeit", erklärte Charlotte Knobloch. Alle Redner warnten vor den Gefahren des Rechtsextremismus und riefen die Jugend zur Verteidigung von Demokratie und Freiheit auf. Josef Schuster appellierte: Syrien, Nordkorea, Iran - an vielen Orten von Gewalt und Menschenrechtsverletzungen dürfe man nicht wegsehen, sondern müsse hinschauen. Schuster betonte auch: "Die Todesmaschinerie der Nazis war und ist bis heute einmalig."

"Wir müssen unsere Kultur der Erinnerung an die Jungen weitergeben", sagte Knobloch. Aus den Verbrechen der Vergangenheit ergibt sich ihren Worten zufolge eine konkrete Aufgabe: Als die amerikanischen Befreier am 29. April 1945 die Tore des KZ Dachau geöffnet haben, wurde die Welt mit einem bisher unbekannten Grauen konfrontiert. Heute seien alle Menschen Botschafter des präzisen Vermächtnisses, das die KZ-Opfer hinterließen: "Nie wieder!" Gedenken heute müsse vor allem auch das Bewusstsein dafür schaffen, wie zerbrechlich die Welt der Freiheit sei, sagte Charlotte Knobloch. Die Redner übten in diesem Zusammenhang auch Kritik. Pieter Dietz de Loos sagte, er verstehe nicht, "dass die gegenwärtigen Gerichtsinstanzen in Deutschland den Führererlass von 1943, der allen niederländischen Freiwilligen der Waffen-SS die deutsche Staatsbürgerschaft verliehen hat, anerkennen". Deshalb könne Deutschland Klaas Carel Faber, der zu lebenslanger Haft verurteilt wurde, nicht in die Niederlande ausliefern. Schuster kritisierte die zunehmende Verbreitung von Naziliteratur im Internet und die erneute Diskussion über ein "deutsches Leitbild". Die Politik, sagte Schuster, beschwöre eine deutsch-jüdische Tradition. Warum wolle man dann einen geplanten Schweinemastbetrieb neben einem jüdischen Friedhof errichten?

Thomas Kreuzer, Staatssekretär im bayerischen Kultusministerium, sprach vom Vermächtnis der KZ-Häftlinge als einem Teil der kollektiven Gedächtnisses. Die heutigen Deutschen hätten selbstverständlich keine Schuld an den Verbrechen, aber sie seien verantwortlich dafür, dass die Verbrechen niemals wieder geschehen. (Seite 3)

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