Kunst in Dachau:Geist und Geruch

Kunst in Dachau: Die Künstlerin schnuppert. Der Geruchssinn ist in der Ausstellung von Camilla Nicklas-Mauerer gefragt.

Die Künstlerin schnuppert. Der Geruchssinn ist in der Ausstellung von Camilla Nicklas-Mauerer gefragt.

(Foto: Toni Heigl)

Die neue Ausstellung in der KVD-Galerie

Von Bärbel Schäfer, Dachau

Sauerkraut gilt weltweit immer noch als eines der bekanntesten deutschen Nationalgerichte. Das Klischee des deutschen Sauerkrautfressers existierte zwar schon lange vor dem Zweiten Weltkrieg, aber durch die englischen und amerikanischen Soldaten, die ihre deutschen Kriegsgegner "Krauts" nannten, wurde die Bezeichnung zum Stereotyp des Deutschen als eine kulturlose Figur mit primitiver Kochkunst. Die Künstlerin Camilla Nicklaus-Maurer verwendet dieses Stereotyp und seine olfaktorische Wahrnehmung in ihrem Kunstprojekt "Es ist angerichtet! Der Geruch und die Kunst" in der renovierten KVD-Galerie.

Sie will in der Rückschau auf die Geschichte auch einen Blick auf die Zukunft werfen. Mit 13 speziellen und subjektiv ausgewählten Gerüchen, die man wahrnimmt, wenn man die Glashauben hebt und in sie hineinschnuppert, bezieht sich die aus Grainau stammende Künstlerin auf bestimmte Assoziationen, beschwört im Betrachter Erinnerungen herauf und weckt Gefühle. Seit Jahren arbeitet sie mit dem Parfümeur Geza Schön zusammen.

Bei den 13 Gerüchen handelt es sich um die Essenz von Arbeiten aus den vergangenen zehn Jahren sowie um drei neue, welche die Künstlerin für die Ausstellung in Dachau entwickelte. Camilla Nicklaus-Maurer: "Der Raum, in welchem die Künstlervereinigung untergebracht ist, wirkt mit seinen hohen gusseisernen Pfeilern wie eine alte Markthalle in Paris. Das Thema Markt aufzugreifen war eine erste Idee, aber mich reizte das Thema Restaurant mehr. Wie würde eine Geruchsausstellung in einer Halle zurechtkommen, an die ein Restaurant angrenzt?" Camilla Nicklaus-Maurer berührt einen wesentlichen Aspekt der in der Kunst immer zu kurz kommt, weil der Geruchssinn eigentlich dieselbe Berechtigung haben müsste wie das Berühren, Hören und Schmecken.

Die lange, u-förmig aufgestellte Tafel mit den 13 Glashauben darauf erweckt jedoch keineswegs den Eindruck eines Restaurants mit allen seinen sinnlichen Genüssen. Eher erinnert sie an eine sterile Versuchsanordnung im Labor. Dazu tragen auch die einheitlich gestalteten, dunkelgrauen Plakate an den Wänden bei. Sie sollen eigentlich wie Speisekarten wirken, haben aber eher die Funktion von illustrierten Gebrauchsanweisungen, weil sie den inhaltlichen Hintergrund der Geruchsanordnungen erklären. Das rein sinnliche Erlebnis des Riechens wird somit auf eine rationale Ebene gebracht, denn die ausführliche Beschreibung der Bedeutung des jeweiligen Geruchs legt den Besucher in seiner Assoziation fest. Was hat es nun mit dem Sauerkraut auf sich? Die Station "Padiglione Bavarese" bezieht sich auf den deutschen Pavillon der Biennale in Venedig. Er gehört der Bundesrepublik Deutschland und steht in Italien unter Denkmalschutz. 1909 wurde der Pavillon von einem italienischen Architekten als Tempel für die Kunst errichtet und hieß bis 1910 "Bayerischer Pavillon". 1938 wurde das Gebäude im Sinne nationalsozialistischer Architekturideale umgestaltet. Pläne eines Umbaus oder Neubaus nach dem Zweiten Weltkrieg wurden aus finanziellen Gründen nie realisiert. In Camilla Nicklaus-Maurers Vision von einem Rückbau des Pavillons zu seinem ursprünglichen Aussehen würde in seinem Inneren Leere herrschen.

Nur der Geruch von Sauerkraut wäre wahrzunehmen und eine Melodie des ironischen Kinderliedes "Sauerkraut" aus der gleichnamigen Fernsehserie, die in den Neunzigerjahren im ZDF lief. Der Refrain lautet: "Oh du mein schönes Heimatland, wo man das Sauerkraut erfand. Wir preisen Dich und singen laut, Frieden, Freiheit, Sauerkraut."

Die Finissage findet am Sonntag, 24. April, 17 Uhr, statt; Katalogpräsentation und Kuratorengespräch mit Florian Matzner. Die Künstlerin ist immer sonntags in der Ausstellung anwesend.

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