Künstler und Prinzessinnen:Eine Reise in das Galgenmoos

Künstler und Prinzessinnen: Die Obere Moosschwaige in Augustenfeld. Die Aufnahme des Gebäudes stammt aus dem Jahr 1920.

Die Obere Moosschwaige in Augustenfeld. Die Aufnahme des Gebäudes stammt aus dem Jahr 1920.

(Foto: Toni Heigl)

Gästeführerin Anni Härtl erzählt aus der Geschichte des Stadtteils Augustenfeld

Von Linda Pröm, Dachau

Der Dachauer Stadtteil Augustenfeld ist das Ziel einer Stadtteilbegehung der Frauen-Union Dachau. Gästeführerin Anni Härtl, eine der besten Kennerinnen der Geschichte Dachaus, begleitet die Gruppe auf ihre Zeitreise. Augustenfeld, bis 1939 ein Stadtteil mit eigenem Bürgermeister, bekam, wie Anni Härtl erzählt, seinen Namen von der bildschönen Prinzessin Auguste Amalie Ludovika von Bayern, Tochter von König Maximilian I. Joseph.

Kaiser Napoleon gefiel die brünette Dame übrigens so gut, dass er eine Tasse aus Nymphenburger Porzellan mit ihrem Bildnis an seinen Stiefsohn Eugène de Beauharnais schickte - mit der unmissverständlichen Aufforderung, die Königstochter unverzüglich zu heiraten.

Doch so schön wie seine Namensgeberin war Augustenfeld noch nicht. Es gab die Siedlung damals noch gar nicht. Kurfürst Max der I. Joseph, damals noch kein König, beschloss 1801 das Galgenmoos, eine riesige Moorlandschaft, die später Augustenfeld heißen sollte, zu kultivieren. Einheimische zeigten für die viel zu schwere Arbeit jedoch kaum Interesse; deshalb kam es, dass Siedler aus dem Bayrischen Wald um Viechtach, Zwiesel und Cham sich im Dachauer Land niederließen.

Es entstand eine Mustersiedlung, deren, wie man heute sagen würde, städtebauliches Konzept geschickt die Gegebenheiten der verfügbaren Landfläche ausnutzte. Ende des 19. Jahrhunderts entdeckten Künstler Dachau und gründeten, angelockt von dem einzigartigen Licht der Mooslandschaften, eine Kolonie, die von den Einheimischen eher beargwöhnt wurde, aber europaweite Geltung erhalten sollte. Damals entdeckten die Maler die Obere Moosschwaige. Sie wurde zum Zentrum von Kunst und Kultur bis in das 20. Jahrhundert hinein - und ein beliebtes Motiv der Maler. Während des Ersten Weltkrieges bewohnte ein Künstlerpaar, Elli Hirschfeld und Olav Petersen, das Haus. Hirschfeld schrieb unter anderem zahlreiche Koch- und Gartenbücher und hatte ein Talent für die Orchideenzucht. Heute beherbergt das originaltreu renovierte Gebäude die Räume für die Kunsterziehung am Ignaz-Taschner-Gymnasium.

1927 wurde die Künstlervereinigung Dachau gegründet. Entlang des Schleißheimer Kanals stehen viele Reihenhäuser, die vom Bauverein der damaligen Pulver- und Munitionsfabrik errichtet wurden. Ganz in der Nähe wurde 1900 die Kleine Moosschwaige gebaut, um sie als Bauernhof zu nutzen. Auch daran hatten Künstler großes Interesse. Die Stadt renovierte 1978 das heruntergekommene Gebäude und schuf helle, hohe Ateliers für vier Künstler. Augustenfeld bekam auch eine Kirche, nachdem 1937 die Stadtpfarrei Sankt Jakob mehr als zehntausend Gläubige verzeichnete. Die Pfarrei Sankt Peter wurde gegründet und die Kirche Sankt Peter erbaut. Da die Nationalsozialisten kirchenfeindlich waren und den Großteil der Bürger für sich eingenommen hatten, stand nur wenig Geld für das Bauwerk zur Verfügung. Der Architekt Franz Xaver Huf hielt deshalb, wie er sagte, "die Form und Ausstattung der Kirche so einfach wie möglich".

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: