Kritik auch aus dem Gemeinderat:Ärger um Asbeststaub

Kritik auch aus dem Gemeinderat: Halb abgerissen stehen die Schuppen noch immer auf dem Gemeindegrundstück in Kollbach. Ob je Obdachlosenunterkünfte dorthin gesetzt werden könnten, ist fraglich.

Halb abgerissen stehen die Schuppen noch immer auf dem Gemeindegrundstück in Kollbach. Ob je Obdachlosenunterkünfte dorthin gesetzt werden könnten, ist fraglich.

(Foto: Toni Heigl)

Die Kollbacher machen Bürgermeister Marcel Fath für den gesetzeswidrigen und gefährlichen Abbruch der Schuppen in ihrer Nachbarschaft verantwortlich.

Von Petra Schafflik, Petershausen

Die Staubwolken der Abbrucharbeiten haben sich gelegt, der Ärger der Bürger noch lange nicht. Ganz im Gegenteil. Die Anwohner einer idyllisch-ruhigen Sackstraße in Kollbach sind stocksauer auf Bürgermeister Marcel Fath (FW). Der Rathauschef ist aus ihrer Sicht verantwortlich dafür, dass sie und ihre Kinder womöglich krebserregende Asbestfasern eingeatmet haben, ihre Wohnungen und Häuser nun mit dem gefährlichen Staub belastet sein könnten. Grund dafür sei der Abbruch von alten Schuppen, die Bauhofmitarbeiter am Donnerstag ohne jede Ankündigung auf einem Gemeindegrundstück in der Siedlung vorgenommen haben.

Dabei wurden Eternitplatten grob herausgerissen, so dass Asbestfasern in die Umwelt gelangt sein könnten. Ob der gesundheitsgefährdende Stoff tatsächlich freigesetzt worden ist, steht aber nicht fest. Ein Gutachter nimmt seit Anfang der Woche Proben und erstellt ein Sanierungskonzept. "Was der Fachmann sagt, wird gemacht", verspricht der Rathauschef. Doch die Anwohner sind skeptisch, die bisherige Informationspolitik des Rathauses überzeugt sie nicht. Auch mit dem Schaden fühlten sich die Bürger allein gelassen, beklagt ein Anwohner, der namentlich nicht genannt werden will. "Das war kein ordentliches Krisenmanagement." Am Abend meldet sich der Nachbar erneut. "Der beauftragte Gutachter hat bei uns im Haus gar keine Proben genommen."

Noch immer rätseln Bürger und Gemeinderäte, wie es überhaupt zu den unsachgemäßen Abbrucharbeiten kommen konnte. Die Kommunalpolitiker in Petershausen wussten nichts von dem geplanten Abbruch, der Platz schaffen sollte für zwei Notunterkünfte für Obdachlose. Schon das ein Unding, findet CSU-Fraktionssprecher Josef Gerer. "Der Bürgermeister macht, was er will, das läuft völlig aus dem Ruder." In der Nachbarschaft schaute Bürgermeister Fath vorige Woche vorbei und kündigte den Abbruch an. "Aber erst für einen Zeitpunkt in vier bis sechs Wochen", sagt der Anwohner, der der SZ Rede und Antwort stand. Schon am nächsten Tag aber rückten die Arbeiter an. Und zwar nicht eine Fachfirma, wie es für die Entsorgung von Eternitplatten wegen der möglichen Asbestbelastung Vorschrift ist, sondern das Team vom Bauhof "ohne Schutzkleidung oder Masken", wie der Nachbar berichtet. Für diese Spontanaktion des Bauhofs sei ein Rathausmitarbeiter verantwortlich, erklärte der Bürgermeister. Der habe nicht wie vereinbart Angebote eingeholt, sondern gleich die Arbeiter losgeschickt.

Viele Fragen

An dieser Version zweifeln nicht nur die betroffenen Bürger. Auch CSU-Fraktionssprecher Josef Gerer schüttelt den Kopf. Es sei "schon mysteriös", dass ein Gemeindemitarbeiter eigenständig und ohne Auftrag eine so weitreichende Entscheidung getroffen haben soll. Auch FW-Gemeinderat Josef Mittl sieht Klärungsbedarf, "wie dieser Auftrag wirklich erteilt wurde." Von den Bürgern kommt zudem Kritik, dass die Gemeinde direkt nach dem Vorfall zu wenig Unterstützung angeboten habe. "Bei uns sah es furchtbar aus, überall weißer Staub, wir haben das ganze Wochenende geputzt", schimpft ein Anwohner. Die vom Rathauschef angebotene Unterbringung in einer Pension oder einem Hotel sei nie schriftlich zugesagt worden. Die ganze Nacht habe die Familie das Haus gereinigt, um überhaupt ein Zimmer zum Schlafen sauber zu bekommen. Auf den für Freitag von der Gemeinde bestellten Putzdienst habe man nicht warten wollen.

Parallel mit der Aufarbeitung der Geschehnisse blicken alle nach vorne: Noch immer lagerten Eternitstücke auf dem Grundstück, das halb abgerissene Dach sei nicht abgedeckt, berichtet der Nachbar. Bürgermeister Fath erklärte noch am Freitag, alle zuständigen Behörden seien informiert, er habe auch Selbstanzeige erstattet. Die Kollbacher aber gehen auf Nummer sicher und haben, so der Anlieger, ebenfalls Anzeige erstattet. Bei den Kommunalpolitikern herrscht Einigkeit: "Die zuständigen Behörden einzuschalten, war richtig", findet Gemeinderat Mittl, der die Stellungnahme der Experten abwarten will. Auch Josef Gerer (CSU) verlässt sich "auf die Fachbehörden". Das Gutachten erst einmal einsehen möchte auch Rolf Trzcinski (SPD).

Doch die unkoordinierte und dilettantische Abbruch-Aktion hat Folgen: Das Areal, das der Gemeinde gehört, erscheint nun ungeeignet für Menschen ohne Obdach. Ob die beiden Wohncontainer jemals dort installiert werden, erscheint fraglich.

Grundsätzliche Kritik am Standort Kollbach

Denn unabhängig von möglichen Giftstoffen gibt es grundsätzlich Kritik an Kollbach als möglichem Standort für Obdachlosenunterkünfte. Die kleine Familie, die dort schon im vorhandenen Wohnhaus untergebracht ist, sei das beste Beispiel, sagt der Anwohner. "Das funktioniert nur, weil die Nachbarschaft zusammenhält und unterstützt." Fahrten zum Einkaufen oder Arzt werden übernommen, "denn ohne eigenes Auto bist du hier aufgeschmissen". Deswegen gehörten Menschen ohne Obdach nicht in die Dörfer, sondern "zentral nach Petershausen, wo es eine Verkehrsanbindung und Einkaufsmöglichkeiten gibt", betont auch Josef Gerer (CSU).

Aber wohin in Petershausen? Am Ortsrand beim Bauhof, wie einmal angedacht, dürfen die Wohncontainer aus baurechtlichen Gründen nicht stehen. Gerer hätte schon eine Idee: Im Gewerbegebiet gehört der Gemeinde ein großes Grundstück, "da ließen sich leicht 200 Quadratmeter für die beiden Container abzwacken."

Wohnen im Gewerbegebiet? "Wenn man will, bekommt man es auch hin." Differenzierter sieht es Josef Mittl (FW). Obdachlose Eltern und ihre Kinder könnten vielleicht gerade in einer überschaubaren Familienwohnstraße gut integriert werden, Singles eher nicht. Auch Rolf Trzcinski (SPD) weiß, dass eine Obdachlosenunterkunft in Petershausen vorzuziehen wäre. "Aber als Notlösung für kurze Zeit würde ich den Standort Kollbach unterstützen." Fest steht, dass die Gemeinde eine Lösung finden muss. Die Wohnplätze im Gemeindehaus an der Petershausener Münchner Straße sind belegt. Viele Möglichkeiten gibt es offenbar nicht, eine Vielzahl von Standorten sei schon geprüft. Mit negativem Ergebnis, sagt Bürgermeister Fath. Doch dem Rathauschef ist daran gelegen, nach dem Debakel um den missglückten Abbruch nun zusammen mit den Bürgern eine Lösung zu entwickeln. Eine Infoveranstaltung zum Thema ist in Vorbereitung.

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