Konzert:Unter Freunden

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"Die Atmosphäre ist toll und die Musik ist der Beweis, wie bunt unsere Welt ist": Das griechische Ensemble begeistert in der Kulturschranne. (Foto: Toni Heigl)

Griechische Musik ohne Sirtaki? Ja, das geht. "Si BeMól" zeigt wie. Und die Kulturschranne bebt

Von Bärbel Schäfer, Dachau

Griechische Musik ohne Bouzouki und Sirtaki - geht das überhaupt? Das Ensemble "Si BeMól" zeigte in der Kulturschranne, dass griechische Musik mehr zu bieten hat, als folkloristische Klischees mit touristischem Tavernenkitsch und erfundenen Traditionen, die von Hollywood in die Welt getragen wurden. Jannis Kallias (Klavier, Gitarre, Gesang), Lefteris Armyras (Gitarre, Geige, Gesang), Kleopatra Koulianou (Geige, Klavier), Joannis Theofilou (Percussion) und Sarandia Midelia (Gesang) gaben ein bejubeltes Konzert mit griechisch beeinflusster Weltmusik. Kein schmachtendes Vibrato, kein kehliges Lamento, keine anstrengenden Tonfolgen, die europäische Hörgewohnheiten auf den Prüfstand stellen.

Geboten wurde eine eigene Stilkennung, die kulturell klar verortet ist, weil sie moderne, weltläufige Musik mit traditionellen Elementen verbindet. Eine weitere Bereicherung war die menschliche Komponente. Ein Treffen unter Freunden. Der ausverkaufte Saal mit vielen Griechen aus Dachau und der Umgebung sprühte vor Lebensfreude. Darunter auch viele Deutsche, die sich anstecken ließen von der Begeisterung ihrer griechischen Nachbarn. Bis aus Esslingen war das Publikum gekommen. Eine deutsch-griechische Begegnung, ohne endlose Diskussion um das wirtschaftliche Überleben Griechenlands. Zudem zeigte der Abend wie feinsinnig Integration sein kann. Nicht ein beliebiges Überstreifen der Kultur eines fremden Landes, sondern das Bewahren der eigenen Identität über die Pflege der kulturellen Wurzeln.

Worin liegt nun die Stilkennung griechischer Weltmusik? "Si BeMól" brachte sie mit bekannten Balladen und Chansons sehr schön zum Ausdruck. Die Griechen sangen fast jede Zeile mit, für das deutsche Publikum hielt der Programmzettel eine kurze Inhaltsangabe bereit. Es sind die Texte, die jedes noch so kleine Gefühl reich bebildern und deren Lyrik bis in die Antike zurückreicht. Es ist die allgegenwärtige Melancholie und klar erkennbare, auf Folklore fußende Tonfolge, die dezent immer wiederkehrt. Dazwischen gezielte Ausflüge in den Swing, Flamenco, Jazz und Pop. Nicht zuletzt hat die Singstimme in der griechischen Musik große Bedeutung. Schon der griechische Philosoph Platon war der Meinung, dass der Mensch singt, um seine Gefühle zum Ausdruck zu bringen. Das Ensemble spielte beseelt und temperamentvoll. Jannis Kallias tauschte das Klavier immer wieder mit der Gitarre und zeigte sich auch als sehr guter Sänger. Geigerin Kleopatra Koulianou begleitete verlässlich mit warmem Geigenton. Mit ihrer eleganten und sicher geführten Stimme erweckte die in Dachau geborene Griechin Sarandia Midelia die Texte zum Leben. Immer geht es um zwischenmenschlich Existenzielles, wie die Liebe, das Sehnen, die Glücksverheißung, das Verlassen werden und Scheitern: "Jemand sagte, dass die Liebe auf einem Stern wohnt. Morgen Abend bin ich dort." Weltmusikalisches Flair hatte auch "Mèlisses" ("Bienen"), eine Komposition von Yorgos Kazantzis, der im Oktober in Dachau gastierte, "Eine Fackel" ("alles gleicht einander, wenn Du es nicht liebst") und das treibende "Fani", ein Song über ein Mädchen, das es zu vergessen gilt. Drummer Joannis Theofilou setzte auf der Cajon ausdrucksvolle Akzente. Da lebten die Musik und das Ensemble auf, das Publikum klatschte und sang begeistert mit.

Besonders schön war das Duett "Róz" ("Rosa") von Sarandia Midelia mit dem Gitarristen Lefteris Armyras, in dem die Lebensweisheit steckt: "Meine Farbe ist Rot und Deine Weiß. Vermischt ergeben wir Rosa." Beide Stimmen vereinten sich kraftvoll und ließen sich von der wiegenden Musik tragen. Eine wahre Bereicherung aber waren die Stücke, in denen Lefteris Armyras zur Geige griff. In zupackenden, feurigen, vom Jazz inspirierten Improvisationen entfaltete Lefteris sein Talent als versierter Geiger und Sänger. Das war hinreißend. In der Zugabe ging es dann doch noch um griechische Philosophie und die verlorene Heimat. Der Schauspieler Panos Papageorgiou aus der Münchner Schauburg erzählte vom Prinzen aus Anatolien, der auszog, um die Welt zu verändern. Begeisterung unter den Griechen und den Deutschen. Der Deutschtürke Fuat Kul aus München sagte: "Die Atmosphäre ist toll und die Musik ist der Beweis, wie bunt unsere Welt ist."

© SZ vom 12.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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