Komödiantisches Geisel-Drama:Sturmhaube und Lockenwickler

Komödiantisches Geisel-Drama: Große Verwirrung auf kleinstem Raum erleben die Zuschauer der Volksbühne Dachau bei der Kriminalkomödie "Bauch auf den Boden - Hände nach oben" im Ludwig-Thoma-Haus.

Große Verwirrung auf kleinstem Raum erleben die Zuschauer der Volksbühne Dachau bei der Kriminalkomödie "Bauch auf den Boden - Hände nach oben" im Ludwig-Thoma-Haus.

(Foto: Toni Heigl)

Wer ist Gangster, wer ist Geisel, wer ist bloß Schauspieler? In der schrillen Kriminalkomödie "Bauch auf den Boden - Hände nach oben" der Volksbühne Dachau geht es drunter und drüber

Von Laura Winter, Dachau

So ein Leben auf eigenen Beinen ist anstrengend. Raimunde und Sepp denken daher auch gar nicht ans Ausziehen aus dem Hotel Mama, in das sie gerade erst wieder eingezogen sind. Während Grete und August Bahler sich dauernd in den Haaren liegen, gehen die erwachsenen Kinder ihrer Leidenschaft nach: dem Theaterspiel. Für das nächste Stück der Volksbühne, einem Gaunerstück, müssen sie proben. Kurzerhand werden die Eltern dazu verdonnert, für die Proben Geiseln zu spielen. Dabei ist das gemütliche Wohnzimmer der Bahlers in Wirklichkeit selbst nur Kulisse - die Kulisse der Volksbühne Dachau, die in der Kriminalkomödie "Bauch auf den Boden - Hände nach oben" für ein amüsantes Durcheinander sorgt.

Bereits nach der ersten Szene applaudieren die Zuschauer, immer wieder hört man lautes Gelächter. Für das Tohuwabohu in drei Akten brauchen die Laiendarsteller nicht viel: Lockenwickler, etwas Klebeband und schwarze Sturmhauben. Und natürlich den Text von Bernhard Eibel, den die Darsteller im Thoma-Haus in einwandfreiem Bairisch vortragen - im Zuzugslandkreis Dachau inzwischen keine Selbstverständlichkeit mehr.

In das Wohnzimmer der Familie Bahler - Grete hat sich gerade Lockenwickler in die Haare gedreht - stolpern zwei "echte" Gangster: Locken-Tony und Krallen-Vivi. Beide haben kurz zuvor eine Bank überfallen. Hinzu kommt der Hausmeister Schlüssel-Many (Gerald Krauss), der sich als pensionierter Polizist natürlich ebenfalls einmischen muss. Zu jedem häuslichen Drama gehören auch neugierige Nachbarn, und hier ist es Frau Kaaser, die allen gehörig auf die Nerven geht, ganz besonders dem jungen Sepp (Alexander Grimme), in den sie sich unsterblich verliebt hat. Nur dass die junge Polizeiinspektorin Frau Greiner, gespielt von Sophia Lindlbauer, mit ihren kurzen Auftritten in dem Chaos fast ein wenig untergeht, ist schade.

Die Figuren sind allesamt komisch überzeichnet: Eva Grimme stakst als Raimunde in knallpinken High Heels über die Bühne, wirft immer wieder den rosa Schal über die Schulter wie Cäsar seine Toga und faselt davon, ein Star zu werden. Am liebsten würde man sie schütteln, damit sie endlich mal der Realität ins Auge blickt. Ihr Vater August denkt vermutlich dasselbe und schlägt der Tochter vor, sich endlich mal einen Job zu suchen, denn "Arbeit hat noch niemanden umgebracht." Worauf Raimunde spitz entgegnet: "Und jetzt soll ich das erste Opfer werden?" Mit ausdrucksstarker Mimik und Gestik spielt Eva Grimme die versponnene Raimunde und erntet dafür mehrfach Applaus.

Auch als Team agieren die Schauspieler hervorragend. Es macht Spaß, Sandra Lackner und Jürgen Strobl als altes Ehepaar bei Debatten über Alltagskatastrophen wie einen steinharten Kuchen zuzusehen. Victoria Neumeyer spielt die Rolle der Frau Kaaser, die immer zu viel und zu laut redet, und eigentlich von allem ein bisschen "zu viel" ist, voller Hingabe. Schnell avanciert die Nervensäge zum Publikumsliebling. Jedes Mal, wenn sie theatralisch "Ach, mein Sepp!" ruft und den armen Kerl anschmachtet, erreicht die Erheiterung einen neuen Höhepunkt. Die beiden "Profi-Gangster" (charmant gespielt von Albert Tenk und Jessica Schwaiger) haben starke Ähnlichkeit mit den Dalton-Brüdern aus "Lucky Luke"; Locken Tony erinnert an den leicht idiotischen Averell. Sein Gangster-Jargon dreht sich meist um denselben Spruch, und Krallen-Vivi hat Mühe, ihn dazu zu bringen, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren.

Leider versanden die Witze und Wortspiele im weiteren Verlauf des Stücks, und der Gag mit dem Mutterkomplex des harten Gangsters wird dann doch arg oft strapaziert. Hier hätte man den Text etwas straffen können und manches streichen. Unterm Strich ist es der Volksbühne Dachau unter der Regie von Daniela Renner dennoch gelungen, die knifflige Geschichte mit ihren unterschiedlichen Charakteren amüsant und überzeugend umzusetzen.

An den kommenden beiden Wochenenden wird das Stück nochmals aufgeführt. Samstags beginnt die Vorstellung um 20 Uhr, sonntags um 18 Uhr. Karten gibt es im Vorverkauf bei Frau Renner unter der Telefonnummer 08136 / 16 84 oder bei der Lotto-Taba-Presse Robert Farnhamer in Dachau.

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