Kommentar:Unerwartete Kehrtwende

Im Streit um die Überlastung des Pflegepersonals am Helios-Amperklinikum zeichnet sich eine Lösung ab. Das ist weniger der Politik, als vor allem den beharrlich kämpfenden Beschäftigten zu verdanken

Von Christiane Bracht

So viel Einigkeit überrascht. Die Fronten im Amper-Klinikum schienen verhärtet. Der Riese ließ die Muskeln spielen, das Vorgehen wurde immer schonungsloser. Besonders in den vergangenen Wochen. Der Druck auf die Beschäftigten wuchs und führte zu Spannungen auch zwischen Ärzten und Pflegepersonal. Und die Kreispolitik schwieg lange zu den Verhältnissen in der Klinik und dem Vorgehen der Krankenhausleitung. Landrat Stefan Löwl hielt den Pflegern sogar vor, sie würden durch ihren Protest dem Ruf der Klinik nur schaden. Schließlich zog die Heliosspitze gegen einen geplanten Streik auch noch vor Gericht und gewann - und jetzt die plötzliche Kehrtwende. Auf das unerwartete Entgegenkommen der Klinikleitung reagiert auch Verdi-Mann Christian Reischl verwundert.

Was hat den Sinneswandel verursacht? Die Bürger, die ihre Stimme erhoben und eine Initiative gründeten, um die Pfleger zu unterstützen? Oder die Patienten, die sich massiv beschwerten? Oder die Ärzte? Hans-Ulrich Braun, der Vorsitzende des ärztlichen Kreisverbands Dachau, berichtete immerhin öffentlich, dass viele Patienten nicht mehr ins Amper-Klinikum überwiesen werden wollten. Oder hat die Politik die Klinikleitung zum Einlenken bewegt? Die Fraktionen von SPD, Freien Wähler und CSU haben Anträge im Kreisausschuss gestellt. Jetzt soll ein Krankenhausbeirat eingerichtet werden und eine Ombudsstelle. Sie werden sich die Änderungen auf ihre Fahnen schreiben. Besonders massiv trat Sebastian Leiß von den Freien Wählern Dachau auf und kassierte dafür vor allem von der CSU harsche Kritik. Als Populist wurde er beschimpft, weil er die Untätigkeit des Landrats mehrfach angemahnt und zu Aktivitäten aufgerufen hatte.

Es mag sein, dass Leiß die Wähler im Sinn hatte und sich einmal mehr als Bürgeranwalt darstellen wollte. Doch eins ist auch klar: Ohne sein Engagement, vor allem aber das der SPD, hätte sich die Kreispolitik dem Problem des Pflegenotstands am Amperklinikum bis heute nicht wirklich gestellt. Dass überhaupt ein Umdenken einsetzte, liegt aber nicht an der Politik. Es ist wohl am ehesten der Beharrlichkeit und dem Mut der Pfleger zu verdanken. Die Beschäftigten haben immer wieder trotz aller Anwürfe und Diffamierungen auf ihre Situation und die der Patienten im Dachauer Krankenhaus aufmerksam gemacht. Anfangs verhallte ihr Ruf nach Arbeitsentlastung mehr oder weniger ungehört, doch sie ließen sich nicht unterkriegen.

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