Kommentar:Option auf eine neue Kulturpolitik

Baselitz und Lüpertz: Die hochkarätigen Ausstellungen könnten zu einem Durchbrach für die Kunststadt Dachau werden.

Von Wolfgang Eitler

Um der unterschwelligen Kritik an der geplanten Ausstellung von Georg Baselitz im nächsten Jahr zu begegnen, sollte die Künstlervereinigung Dachau (KVD) sich als Forum für eine öffentliche Auseinandersetzung zur Verfügung stellen. Die Organisation ist vermutlich die einzige Plattform, die sich dafür anbietet. Denn zurzeit braut sich eine Stimmung zusammen, die der bildenden Kunst Mitte der Neunzigerjahre schon einmal sehr schadete. Damals fingen die Künstler mit Diskussionen an, die auch von gegenseitigem Neid geprägt waren und die letztlich zu einer Krise der Künstlervereinigung geführt hatten. Kunstinteressierte waren es bald leid, in solch griesgrämige Gespräche involviert zu werden, wie sie sich jetzt wieder andeuten. Der damals einmalige Kontakt auch zur heimischen Wirtschaft und Mäzenen ist deswegen abgebrochen.

Dieser Verlust an Identifikation, des Gefühls, eine neue Art der Künstlerkolonie miterleben oder mitgestalten zu können, wirkt bis heute nach. Monika Siebmanns und ihrem Nachfolger Johannes Karl ist es gelungen, den Imageschaden der vergangenen zwei Jahrzehnte zu beheben. Genau deswegen ist die bisher nur insgeheim vorgetragene Skepsis gegenüber der Baselitz-Ausstellung und vermutlich auch gegen die Initiative von Josef Lochner für Markus Lüpertz so gefährlich. Denn sie ist dazu geeignet, den Initiatoren die Freude an den Ereignissen zu nehmen. Und sie ist schädlich für Dachau, weil sie Georg Baselitz von vornherein unter den Verdacht stellt, jetzt "tingeln" zu müssen.

Außerdem könnte es einer offen geführten Diskussion gelingen, einen positiven Ansatz für eine künftige Kulturpolitik von Stadt und Landkreis herauszuschälen. Er liegt in der Skepsis begründet: "Ist Baselitz in Dachau nur ein Strohfeuer?" Die anderen Vorbehalte drehen sich um die Höhe der kommunalen Zuschüsse im sechsstelligen Bereich. Auch um die Furcht davor, dass Dachau und einigen Sponsoren der Etat für Ankäufe ausgehen könnte, schwingt mit.

Was also folgt nach Baselitz? Wird die Ausstellung ein einmaliges Event? Oder entwickelt sich endlich eine Diskussion darüber, wie die vorgebliche Kunststadt es schaffen könnte, ihrem Slogan gerecht zu werden. Gelingt es, ihn mit Inhalt zu füllen? Könnte die Baselitz-Ausstellung womöglich den Durchbruch zu einer neuen Kulturpolitik bedeuten? Auch deswegen wird es spannend sein zu sehen, was der Künstler in Dachau zeigen wird.

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