Kommentar:Nichts als Ankündigungen

Der von Ministerpräsident Seehofer initiierte Verkehrspakt ist an sich eine gute Sache, doch leider kommt er Jahrzehnte zu spät

Von Gregor Schiegl

Ministerpräsident Horst Seehofer inszeniert sich gerne als Mann der Tat und das tut er auch jetzt in der heißen Wahlkampfphase mit dem eilig beschlossenen "Verkehrspakt": Der Gordische Knoten behördlicher Zuständigkeitsstränge soll mit einem Federstreich durchschlagen werden, um längst überfällige Operationen am Verkehrssystem im Großraum München vorzunehmen. Das ist nämlich schwer infarktgefährdet, besonders die Arterie im Münchner Norden, die B 304, die auch in Karlsfeld regelmäßig zu Staus führt, weil 40 000 Fahrzeuge selbst für eine vierspurige Straße zu viel sind. Und bei diesen 40 000 Fahrzeugen wird es ja nicht bleiben: Der Landkreis wächst und München auch.

Die Ankündigung der Staatsregierung weckt Hoffnungen in Karlsfeld, aber noch keine Euphorie. Erstens ist eine Ankündigung noch keine Tat. Zweitens hat gerade Karlsfeld schon zu viele schlechte Erfahrungen gemacht: Jahrelang versauerte das Karlsfelder Vorhaben im Bundesverkehrswegeplan, während in Gemeinden, die weitaus weniger belastet sind, gebuddelt, gebohrt und gemörtelt wurde. Und gerade als ein Wachstumsschub im Großraum den Verkehr weiter anschwellen ließ, fiel das lang ersehnte Millionenprojekt zeitweise komplett heraus. Das dritte Argument für die Zurückhaltung benennt Landrat Stefan Löwl: Die vielfältigen Zuständigkeiten sind zwar ein Hindernis für die Umsetzung großer Verkehrsprojekte, aber eben beileibe nicht das einzige.

Das Bedauerliche ist, dass der Kurswechsel zu einer kooperativen Verkehrspolitik erst durch massiven politischen Druck zustande gekommen ist, nicht aus Karlsfeld, sondern durch Großbetriebe im Münchner Norden, MAN, BMW, Krauss-Maffei. Dabei hätte es schon vor Jahrzehnten gute Argumente gegeben, im Großraum München Verkehrsplanung gemeinsam anzugehen. So laboriert man nun an den Folgen einer verfehlten Verkehrspolitik, die es über Jahrzehnte hinweg versäumt hat, München und Umland als einen Verkehrsraum zu betrachten. So hätte man vor Jahrzehnten eine leistungsfähige Ringlinie wie in Berlin bauen können. Nun hat man nur eine verstopfte Stammstrecke und parallel dazu eine verstopfte B 304.

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