Kommentar:Mandatsträger in Erklärungsnot

Von den Kreisräten interessierte sich so gut wie niemand für Lage des Personals am Klinikum Dachau. Dabei geht der Pflegenotstand alle an

Von Wolfgang Eitler

Die Bürger des Landkreises, die alle potenzielle Patienten des Klinikums in Dachau sind, werden von der Kreispolitik im Stich gelassen. Die Vertreter des Landkreises genügen ihrer Informationspflicht nicht, obwohl sie für die medizinische Versorgung rechtlich zuständig sind. Und zwar unabhängig davon, ob eine Klinik nun kommunal oder privatwirtschaftlich geführt wird.

Landrat Stefan Löwl (CSU) verweist darauf, dass er als stellvertretender Vorsitzender des Aufsichtsrats der Schweigepflicht unterliege. Von den Kreisräten interessierte sich so gut wie niemand für Lage des Personals. Der Betriebsrat ist schon froh, dass Grünen-Sprecherin Marese Hoffmann oder Dachaus Oberbürgermeister Florian Hartmann (SPD) wenigstens die Petition von Verdi für mehr Personal unterzeichnet haben. Außerdem wird stets darauf verwiesen, dass sich die Kommunalpolitik nicht in das "operative Geschäft" einmischen kann.

Aber handelt es sich noch um ein solches Problem, wenn die Zahlen der Helios-Geschäftsführung zur Personalsituation denen des Betriebsrats eklatant wiedersprechen? Ist es Alltagsgeschäft, wenn Helios seiner Unternehmenspolitik die Datensätze der Deutschen Krankenhausgesellschaft unterlegt, die viele Experten als veraltet und unbrauchbar kritisieren? Handelt es sich bei der Forderung aus der Belegschaft, wegen der chronischen Unterbesetzung Stationen zu schließen, um eine richtige Maßnahme? Wie erklärt sich der Kreistag die Strategie von Helios, die einerseits Millionen Euro in den Ausbau des Klinikums investieren will, andererseits aber zugibt, dass auf dem leer gefegten Stellenmarkt keine examinierten Pflegekräfte mehr zu finden sind? Auch weil sie übrigens unterbezahlt sind. Was nützt das schönste medizinische Angebot, wenn die Pflege nicht mehr mithalten kann?

Im Herbst vergangenen Jahres, als die Proteste aus der Bevölkerung wegen der fehlenden Sauberkeit Helios in die Defensive zwangen, beschlossen die Kreisräte, dass die Geschäftsführung 2017 Rechenschaft über die Unternehmenspolitik ablegen muss. Die Politiker des Landkreises befinden sich in Erklärungsnot. Denn die einfache und gleichzeitig wichtigste Frage der Bürger vermögen sie aufgrund ihres Wissenstands nicht beantworten: Können sie den Bürgern empfehlen, sich in Dachau behandeln zu lassen? Nicht wegen der unbestrittenen medizinischen Qualität, sondern wegen der Qualität der Pflege.

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