Kommentar:Machtvolle Demonstration

Fast alle Tierheime wirtschaften defizitär, und das liegt nicht an den Betreibern, sondern an der Politik, die den Tierschutz missachtet

Von Helmut Zeller

Am Wochenende ist der Tierschutz aus seinem Schattendasein im Landkreis herausgetreten. So viel Unterstützung für das Dachauer Tierheim war noch nie. Allein auf Facebook haben sich bislang knapp 1300 Bürger zusammengeschlossen. Sie sagen Nein zu dem Umgang der Kommunalpolitik mit den Rechten der Tiere und den ehrenamtlichen Tierschützern, die den Gemeinden viel Geld sparen helfen. Die bei weitem nicht kostendeckende Fundtierpauschale, die von den meisten Kommunen bezahlt wird, ist weder ein Geschenk noch ein Zuschuss, denn sie sind per Gesetz zur Unterbringung und Versorgung der Fundtiere verpflichtet. Ansonsten: Der Tierschutz bekommt keinerlei laufende Zuschüsse, auch nicht vom Freistaat Bayern.

Die machtvolle Demonstration des Bürgerwillens ist Ausdruck der unaufhaltsamen Urbanisierung des Landkreises - das scheinen einige Bürgermeister jedoch noch nicht erkannt zu haben. Die Dachauer nehmen Tierschutz ernst und verlangen das auch von der Kommunalpolitik. Vorbei ist die Zeit, als ein Bürgermeister glaubte, zumindest die Kleintiere im Münchner Tierpark verfüttern zu können, auch wenn ähnliche Äußerungen gelegentlich heute noch fallen. Aber viele Rathauschefs scheinen noch nicht einmal verstanden zu haben, dass das Tierheim ein Partner und kein Gegner ist. Landrat Stefan Löwl (CSU) käme eine zentrale Rolle in der Debatte zu. Doch er verweigert eine Hilfe zum laufenden Betrieb des Tierheims und beruft sich darauf, dass der Landkreis durchaus schon geholfen hat. Es geht aber nicht um Einzelzuschüsse - zum Beispiel 18 800 Euro für den Bau des Katzenhauses, zwei- oder dreimal 500 Euro in den zurückliegenden Jahren. Das war übrigens das Verdienst seines Vorgängers Hansjörg Christmann, der das Engagement der Tierschützer aber auch schätzte. Löwls strikte Haltung ist manchen in seiner eigenen Partei ein Rätsel.

Jetzt soll die Betriebsführung geprüft werden - die Tierschutzvereinsvorsitzende Silvia Gruber übernahm vor 22 Jahren das Tierheim, führte es aus damals 800 000 Mark Schulden heraus und wendete über die Jahre hinweg drohende Insolvenzen ab. Sie legt eine lückenlose Buchhaltung vor, die früher der angesehene Bankvorstand Michael Haas prüfte und für gut befand. Warum dann dieses Misstrauen? Die Kommunalpolitiker hören auf Gerüchte, die Menschen in die Welt setzen, weil sie einmal, tierschutzrechtlich begründet, kein Tier bekamen. Man fragt sich, wie viel Vertrauen eine Politik verdient, die sich auf Tratsch und Klatsch gründet? Fast alle Tierheime wirtschaften defizitär, und das liegt nicht an den Betreibern, sondern an der Politik, die den Tierschutz missachtet. Aber die Bürger nicht - und auf die kommt es bei Wahlen an.

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