Kommentar:Kopflos in die falsche Richtung

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Die CSU-Fraktion blockiert die Bürgerbeteiligung bei der Planung des Wohnviertels Augustenfeld-Nord. Dann will sie es nicht gewesen sein und schiebt Oberbürgermeister Hartmann den Schwarzen Peter zu

Von Helmut Zeller

Was war das denn? Zuerst wischt die CSU die Bürgerbeteiligung bei dem neuen Stadtviertel Augustenfeld-Nord vom Tisch. Dann erklärt sie: War ja gar nicht so gemeint, man wollte ja, man hätte ja, wenn nicht der böse Oberbürgermeister zur Pauschalabstimmung über die Bürgerwünsche gerufen hätte. Warum dann aber die CSU eine "ernsthafte Auseinandersetzung" mit den 29 Bürgervorschlägen, wie nachträglich von ihr angemahnt, im Bauausschuss nicht erzwungen hat, bleibt rätselhaft. Aber das wäre das Gremium dafür, das würde der Bürger von diesem Ausschuss erwarten. Jetzt will die CSU ihm weismachen, sie sei vor dem OB eingeknickt. Aber die versierten CSU-Stadträte hätten nur einen Antrag zur Geschäftsordnung stellen müssen, auf eine Einzelabstimmung der Punkte bestehen können. Ein Mittel, das sie doch immer wieder mal einsetzen. Natürlich ging es der CSU um das Parkhaus, das sie kategorisch ablehnte - und siehe da, plötzlich doch in Erwägung zieht. Die CSU und die anderen Fraktionen mit Ausnahme der SPD hätten nicht mit einem pauschalen Nein das ganze Planungsverfahren samt Bürgerbeteiligung blockieren müssen, sondern vorbehaltlich der Klärung offener Fragen den Weg halten können. Obendrein hatte Hartmann zweimal zu einer Diskussion über die verschiedenen Vorschläge aufgerufen.

Beobachter der Bauausschusssitzung hatten den Eindruck einer allgemeinen Verwirrung. Das mag zutreffen, glaubt doch die CSU noch heute, dass der SPD-Stadtrat Günter Heinritz mit ihr gestimmt habe. Andererseits erinnert der Vorgang an die Haushaltsdebatte im Stadtrat: Wegen nur zwei, drei Posten lehnte die CSU den gesamten Etat ab - als wollte sie dem SPD-Oberbürgermeister ihre Macht demonstrieren. Wie auch immer, nach außen jedenfalls wirkt das Abstimmungsverhalten der CSU als eine Missachtung des Bürgerwillens. Das scheint der Fraktion dann auch gedämmert zu sein. Deshalb versuchte ihr Sprecher beim Stadtteilspaziergang den Imageschaden zu begrenzen, deshalb versucht sie jetzt, die Schuld auf den Oberbürgermeister abzuwälzen - ein durchschaubares Manöver, das nicht gut kommt. Eine gute Figur macht die Dachauer CSU ohnehin nicht mehr, sie erscheint eher kopflos, seitdem sie in der Kommunalwahl 2014 das Rathaus verloren hat. Da ist der Rückzug der profilierten Stadträte Dominik Härtl und Christian Stangl, gar der Parteiaustritt von Wolfgang Moll. Nach dem Wahldebakel 2014 beschworen Partei und Fraktion wortreich, sie wollten und müssten wieder die Nähe zum Bürger finden. Es scheint, als hätten sie bei der Suche nach ihm die Richtung verloren.

© SZ vom 29.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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