Kommentar:Hoffnung auf Rettung

Die Politik des kalten Abrisses darf nicht fortgeführt werden

Von Wolfgang Eitler

So wichtig es ist, die Ausstellung in der KZ-Gedenkstätte um eine Topografie der Geschichte zu ergänzen. So ehrenwert auch der Versuch des Bezirks Oberbayern gemeinsam mit Stadt und Landkreis einzuschätzen ist, die Geschichte der Industrie- und Arbeiterkultur auf dem ehemaligen MD-Gelände zu vergegenwärtigen. So absurd mutet die Tatsache an, dass die historischen Baudenkmäler in Dachau verfallen, die eben diese gesamte Geschichte real und in voller Dimension vergegenwärtigen. Es darf nicht sein, dass künftig zwei museale Standorte den direkten Zugang zu den markanten Punkten in der Stadt ersetzen, an denen sich die Entwicklung einer Pulver- und Munitionsfabrik zum Standort für das erste Konzentrationslager der Nationalsozialisten darlegen ließe.

Mittlerweile ist es fraglich, ob Holländerhalle oder Wasserturm, die sich auf dem jetzigen Gelände der Bereitschaftspolizei befinden, noch zu retten sind. Im Jahr 1984 hatte erstmals eine Gruppe von Dachauern gefordert, die damals noch weitgehend intakten Gebäude der ehemaligen Industrieanlage zu erhalten. Außerdem handelt es sich nicht nur um zeitgeschichtliche Denkmäler, sondern um kulturhistorische. Die gesamte Anlage orientierte sich an der Jugendstilarchitektur für Industrieanlagen, was insbesondere für die Holländerhalle gilt. Sie ist nach den Maschinen für die Pulverproduktion benannt. 15 Jahre danach, nach vielen Anregungen, Vorschlägen von Architekten und Hochschulen, befanden Freistaat und Stadt Dachau, dass eine denkmalschützerische Nutzung des Areals wegen des jetzt maroden Zustands viel zu teuer kommen würde und wohl nicht mehr möglich sei. Dabei hätte es sich hervorragend als Kulturzentrum geeignet.

Die Politik des kalten Abrisses durch Unterlassung darf nicht fortgeführt werden. Sollten es Stadt und Landkreis Dachau gemeinsam mit dem Bezirk Oberbayern wirklich ernst meinen mit ihrer Idee eines Museums der Industrie- und Arbeiterkultur, dann sollten sie mit der Stiftung Bayerischer Gedenkstätten schleunigst beginnen, die Restbestände der Topografie der Zeitgeschichte Dachaus einzubeziehen und zu erhalten. Vor zwei Jahren hatte die stellvertretende Landrätin Marianne Klaffki (SPD) gemeinsam mit dem CSU-Landtagsabgeordnete Bernhard Seidenath eine Rettungsaktion gestartet. Sie sind zuversichtlich. Hoffentlich haben sie recht.

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