Kommentar:Elefant im Porzellanladen

Die Kreis-CSU wirft die Pläne für ein Landschaftsschutzgebiet komplett um. Das bringt die CSU-Gemeinderäte in Karlsfeld und Hebertshausen zu Recht auf

Von Gregor Schiegl

Außenstehende können sich das oft schwer vorstellen, aber in der CSU wird tatsächlich diskutiert und auch gestritten, nur wird das nicht nach außen getragen. In der Union sind die Wände dicker als bei anderen Parteien. Nun ist allerdings ein Konflikt aufgebrochen, der auf der politischen Skala schon das Zeug zu einem mittleren Erdbeben hat. Die Kreistagsfraktion hat es geschafft, jahrelange kommunale Planungen in Karlsfeld und Dachau mit einer Hau-Ruck-Aktion über den Haufen zu kegeln und gleichzeitig als Ersatzregierung für Hebertshausen auf den Plan zu treten. Erfahren haben die Betroffenen das erst kurz vor knapp. Die Kreis-CSU führt sich auf wie der Elefant im Porzellanladen und sie zerbricht das eigene Geschirr. Aufkehren und kitten dürfen es die Vertreter der Gemeinden.

Die Schärfe des Konflikts rührt vor allem daher, dass die innerparteiliche Kommunikation nicht funktioniert hat. Sowohl die Karlsfelder als auch die Hebertshausener wurden vom Antrag der Kreis-CSU eiskalt erwischt. Das war ein unerwarteter Magenschwinger, dem nun der Aufschrei folgt. Kreis-Fraktionschef Wolfgang Offenbeck erklärt die Intervention mit der Sorge vor einem Präzedenzfall, der die kommunale Eigenständigkeit beschneiden könnte. Dabei ist die Intervention ohne Vorwarnung und Rücksprache selbst ein massiver Eingriff. Und als Präzedenzfall taugt Karlsfeld schon gar nicht: Die Gemeinde hat mehr als 20 000 Einwohner, aber die geringste Fläche. Erst nach jahrelangem Streit schien ein Interessenausgleichmöglich: ein Deal nach der Formel "do ut des", ein umfassendes Landschaftsschutzgebiet im Tausch gegen eine letzte Fläche für Gewerbe.

Die Wurzeln des Konflikts reichen aber noch tiefer. Der Landkreis Dachau ist gespalten in einen städtischen Süden und einen noch relativ ländlichen Norden. In beiden gibt es nicht nur unterschiedliche Interessen, sondern grundverschiedene Auffassungen von Politik. Während der städtische Raum wegen seiner Vielzahl unmittelbarer Abhängigkeiten sein Heil in Vernetzung und Kooperation sucht, versuchen die kleinen Landgemeinden sich mit Eigenständigkeit und politischem Selbstbewusstsein möglichst große Handlungsspielräume zu erhalten oder neu zu erschließen, man denke nur an die Auflösung der Verwaltungsgemeinschaft Odelzhausen. Von den 26 CSU-Kreisräten kommen nur drei aus Dachau und Karlsfeld. Das prägt auch die Linie der Kreis-CSU. Den Schaden haben aber nun alle.

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