Kommentar:Eine Frage der Glaubwürdigkeit

Mit seiner Zustimmung zu mehr Gewerbe in Odelzhausen bringt der Kreisvorsitzende des Bundes Naturschutz seine Organisation in arge Bedrängnis

Von Wolfgang Eitler

Zuerst die Fakten: Ein Gewerbegebiet für Karlsfeld an der Stadtgrenze zu Dachau entlang der Schleißheimer Straße lehnt der Bund Naturschutz im Landkreis kategorisch ab. Das Areal wäre ungefähr vier Hektar groß. Kreisvorsitzender Roderich Zauscher, der auch Kreisrat der Grünen ist, teilt nicht nur die Bedenken der Bürgerinitiativen von Dachau und Karlsfeld, die davor warnen, einen wichtigen Naturraum weiter zu zerstören. Auf einer Veranstaltung zum Thema Grünzug mit 160 Zuhörern formulierte er die rigorose Anti-Wachstums-Haltung seiner Organisation deutlich: "Wir brauchen nicht mehr Gewerbe in einer Region ohne Arbeitslosigkeit."

Diese Woche nun hat sich Roderich Zauscher als Mitglied des Gemeinderats von Odelzhausen dem einhelligen Votum seiner Kollegen angeschlossen und befürwortet ein zusätzliches Gewerbegebiet mit 9,5 Hektar, auch mit der Hoffnung auf arbeitsmarktpolitische Effekte. Daraus ergeben sich Fragen, die sich selbstredend beantworten: Warum gilt Zauschers Argument wohnortnaher Arbeitsplätze für Odelzhausen, nicht aber für Karlsfeld? Für die Befürworter von CSU und SPD ist es ein entscheidendes. Worin liegt der Unterschied im Flächenverbrauch, wenn der Bund Naturschutz eine weitere Versiegelung von Grund und Boden kategorisch ablehnt? Da hilft der mögliche Hinweis nicht weiter, dass das Areal in Dachau im Sinne des Natur- und Umweltschutzes unter Umständen bedeutsamer ist als eine mehr als doppelt so große Fläche an der Autobahn 8.

Fakt ist, dass Zauscher den Bund Naturschutz in arge Bedrängnis gebracht hat. Dessen fundamentale Position gegen neue Gewerbeansiedlungen hat der Kreisvorsitzende höchstpersönlich komplett unterlaufen. Er hat sich dem Druck und der Euphorie der Gemeinden Bergkirchen, Sulzemoos und Odelzhausen an der A 8 unterworfen. Deswegen steckt der Bund Naturschutz in der Glaubwürdigkeitsfalle, zumal Zauscher als unumstrittene Führungsfigur gilt.

Der Falle kann die Organisation nur noch entkommen, wenn sie endlich eine Debatte über eine Gewerbe- und Wirtschaftspolitik als ein landkreisweites und interkommunales Anliegen eröffnet und in die Kommunalpolitik hineinträgt. Wie kann also Gewerbe geschaffen und gleichzeitig der Flächenverbrauch beschränkt werden? Der Kreistag hat zwar diese Frage vor drei Jahren zum wesentlichen Aspekt seines Leitbilds "Dorf und Metropole" erkoren. Aber geschehen ist seitdem nichts.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: