Kloster Altomünster:Zögerliche Zuversicht

Mehrere Aufsätze der vergangenen Monate befassen sich mit der Zukunft sakraler Gebäude und geben die Lage in Altomünster präzise wieder. Über den Wunsch, Klöster und Kirchen in Bayern zu erhalten und über die Hoffnung, sinnvolle Ideen für sie zu finden

Von Wolfgang Eitler, Altomünster

Der Generalvikar der Erzdiözese von München und Freising hat in einem Aufsatz über die Zukunft der Klöster ein Bild beschrieben, das auf das Kloster Altomünster und dessen beschlossene Auflösung wie die Faust aufs Auge passt. In Peter Beers Gedankenskizze "Was geht uns das an?", heißt es: "Die bloße Mitteilung von gefällten Entscheidungen nach dem Motto ,Friss Vogel oder stirb!', mit denen dann das Gegenüber umgehen muss, kann nicht der Königsweg sein."

Diese Passage gibt die Stimmung in Altomünster vor ungefähr eineinhalb Monaten zutreffend wieder. Dabei ist der Aufsatz schon im Sommer 2015 erschienen. Das Dekret des Vatikans über die unumstößliche Auflösung hatte viele Bürger in Altomünster erzürnt. Generalvikar Beer fährt mit einem Appell an die zuständigen Gremien der Kirche fort, der eine Handlungsanweisung enthält: "Gerade wenn es um die Aufgabe von Klostergebäuden geht, wäre es schön, wenn die Ordensgemeinschaften schon im Vorfeld von gewissen Entscheidungen auf deren Ausstehen hinweisen."

Im Altomünsterer Fall hat die Erzdiözese München und Freising nach Informationen der SZ den Vatikan gedrängt, eine schnelle Entscheidung zu treffen. In den vergangenen Monaten werkelte Priorin Apollonia gemeinsam mit einem Klosterdirektor und einer Gruppe Altomünsterer Bürger daran, das Kloster als Ort des Ordens der Heiligen Birgitta zu erhalten. Allerdings erwiesen sich die Ideen als Illusionen. Deshalb griff die Diözese mit einem Hilferuf an den Vatikan ein, dem Kloster und Orden direkt unterstellt sind. Beide wurden von dem Dekret überrascht, weil aus Sicht der Diözese und auch des Denkmalschutzes Gefahr im Verzug war. Der Klosterdirektor hatte begonnen das Kloster umzubauen, ohne eine behördliche Genehmigung zu haben.

Wichtig an der Passage von Generalvikar Beer ist der Zusatz, in dem er empfiehlt, dass "im Bistum bereits eine verlässlich ausformulierte Grundlinie in Hinblick auf die eventuelle Übernahme von Klostergebäuden vorhanden ist." Auch wegen der Proteste hat Reinhard Kardinal Marx zugesagt, dass das Klostergebäude teilweise "im Sinn eines Orts einer geistigen Heimat" erhalten bleiben soll. Aber die von Beer gewünschte Grundlinie fehlt noch.

In den vergangenen Monaten sind mehrere Publikationen erschienen, die sich mit der Zukunft von Klöstern beschäftigen. Seinen Artikel hat Generalvikar Beer ist in der Zeitschrift OK Ordenskorrespondenz im Heft 3 2015 veröffentlicht. Sie befasst sich mit "Fragen des Ordenslebens". Der oberbayerische Bezirksheimatpfleger Norbert Göttler, der im Landkreis Dachau wohnt, hat drei Aufsätze zu einem kleinen Buch unter dem Titel "Heimat und Kirche" zusammengefasst. Er selbst übernimmt darin die Position des Denkmalschützers. Ludwig Mödl war Professor für Pastoraltheologie an der Ludwig-Maximilians-Universität in München. Claudia Pfrang ist Geschäftsführerin des Katholischen Kreisbildungswerks Ebersberg. Allen Aufsätzen gemeinsam ist eine einprägsam formulierte Ratlosigkeit über die Zukunft vieler Klöster und Kirchen in Deutschland. Alle Essays treffen sich in der Analyse, dass die katholische Kirche - und nicht nur sie - an Zuspruch verloren hat. Bezirksheimatpfleger Norbert Göttler hält diesen Prozess für unumkehrbar. Die Überlegungen der anderen Autoren sind von dem Wunsch oder der Idee beseelt, dass es eine neue, enge Verbindung zwischen sakralem Raum, heiligem Ort und profaner Nutzung entstehen könnte.

Kloster Altomünster

Das Besondere am Kloster Altomünster ist nicht nur seine Tradition, sondern auch die zentrale und prägende Lage mitten im Ort.

(Foto: Niels P. Joergensen)

Dabei stellt Claudia Pfrang die Grundsatzfrage überhaupt: Sind Pfarrgemeinden in der bestehenden Form noch zeitgemäß? Oder müsste die Kirche nicht ganz neue Strukturen aufbauen. "Wäre es nicht eine bezaubernde Vision von Gemeinde der Zukunft, dass jeder das findet, was er sucht (und vielleicht auch nur auf der Homepage) und Menschen an ganz unterschiedlichen Orten Kirche erfahren?" Die Folgerung daraus könnte lauten: Wenn diese Art von Gemeinschaft die Zukunft wäre, dann wäre die Frage nach der Erhaltung von sakralen Orten zweitrangig. Dann gäbe es, wie der Pastoraltheologe Mödl formuliert, "nur eine heilige Gemeinschaft der Gemeinde".

Genau davor warnt Ludwig Mödl: "Offensichtlich braucht der Mensch nicht nur ausgesparte Zeiten als Ruhe- und Festzeiten, sondern auch ausgesparte Orte und Räume, die er den gewöhnlichen Verrichtungen entzieht." Erst unter dieser Prämisse entfaltet sich das Dilemma der katholischen oder auch der evangelischen Kirche, was sie denn nun mit sakralen Orten anfangen soll, die nicht mehr gebraucht und frequentiert werden. Mödl befasst sich den Vorschlägen der Deutschen Bischofskonferenz. Er stimmt ihnen insofern zu, als für ihn nur eine kulturelle Nutzung vorstellbar ist.

In diesem Aspekt ergänzen sich Mödl und der oberbayerische Bezirksheimatpfleger Göttler. Der Bezirk ist für Zuschüsse im Denkmalschutz zuständig. Rechtlich gesehen, darf der Bezirk nur Zuschüsse gewähren, wenn das Projekt auch sinnvoll genutzt werden kann. Göttler ist skeptisch, ob die Kirche Klöster und Gotteshäuser allein erhalten kann. Deshalb befürwortet er eine grundlegende Einigung von Kirche und Staat. Als Vorbild zitiert er den National Trust in England. Er plädiert für das vom Landesamt für Denkmalpflege vorgelegte Konzept einer "Stiftung Kulturerbe", das eine Art konzertierte Aktion darstellt.

Als gelungenes Beispiel für eine solche Kooperation gilt die Studienkirche Sankt Josef in Burghausen in Oberbayern, die ein Ausstellungsraum wurde. Ein Vorbild könnte auch die geplante Umwandlung des Salesianerinnen-Klosters Beuerberg bei Bad Tölz werden. Dort entstehen gerade Wohnungen für Flüchtlinge. Außerdem ist eine Art Studienzentrum geplant und - ganz profan - ein Verwaltungstrakt. Aber es ist auch ein Ort geistiger Begegnung vorgesehen.

Apostolische Kommissarin

Gabriele Konrad wurde in Altomünster zuerst angefeindet, jetzt findet sie viel Unterstützung.

(Foto: Thomas Klinger, oh)

Dazu passen wiederum die Ausführungen von Generalvikar Beer. Er fordert eine enge Zusammenarbeit von Kirche, Staat und Kommune. Und er wünscht sich eine besondere Nähe der Menschen mit dem jeweiligen Kloster, wie sie in Altmünster tatsächlich der Fall ist: "Wegen der oftmaligen tiefen personalen Verbindung zwischen Kloster und Bevölkerung geht es für die Menschen in der Klosterumgebung rasch um Themen wie Zuverlässigkeit, Vertrauen, Beständigkeit, Treue und Wertschätzung."

Das Gegenteil musste jedoch die apostolische Beauftragte des Vatikans für das Kloster in Altomünster und für den Orden der Heiligen Birgitta erleben. Die Franziskanerin Gabriele Konrad, Generalvikarin in Schönbrunn, hatte sich heftiger Anwürfe zu erwehren. Die Wogen sind etwas geglättet, weil eine Gruppierung um Priorin Apollonia den Nimbus der Kloster-Retter eingebüßt haben. Dass das Kloster erhalten bleiben könnte, wenn der Orden seit Jahren aus gerade noch einer Nonne besteht, glauben in Altomünster nur noch wenige. Gabriele Konrad sagt: Die Lage hat sich schon beruhigt. Bei so etwas gibt es halt starke Reaktionen." Sie erzählt von "vielen ermutigenden Reaktionen".

Im Dekret des Vatikans wird ihr der Auftrag erteilt, das Kloster aufzulösen. Mittlerweile ist ihre Aufgabe viel weiter gefasst. "Ich suche Wege in die Zukunft." Dabei liegt sie anscheinend auf der Linie des Pastoraltheologen Ludwig Mödl. Er wünscht sich, dass bei einer Umwandlung von Klöstern und Kirchen "der sakrale Ort im Gedächtnis bleibt". Generalvikarin Konrad sagt: "Natürlich gibt es bei mir ein Bedauern darüber, dass eine so lange Tradition zu Ende geht." Der Orden der Heiligen Birgitta besteht seit dem 15. Jahrhundert in Altomünster. Dann folgt das wohl wichtigste Bekenntnis: "Natürlich ist es mein Anliegen, herauszufinden, was von der Tradition des Birgittenordens in Altomünster erhalten werden kann."

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