Klage des Vorstands:Unter dem Diktat der Niedrigzinspolitik

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Bankvorstand Karl-Heinz-Hempel: Risiko-Anlagen sind keine Option. (Foto: Toni Heigl)

Trotz der schwierigen Situation bietet die Raiffeisen Volksbank zumindest vorerst weiter kostenlose Dienstleistungen

Von WALTER GIERLICH, Dachau

Wahrscheinlich wünschen sich die Vorstände und Aufsichtsräte der Volksbank Raiffeisenbank (VR) Dachau jetzt insgeheim, sie könnten zaubern wie "Magic Maxl". Der zehnjährige Maximilian Schmalhofer aus Dachau, der bei der diesjährigen Vertreterversammlung des Geldinstituts eine höchst vergnügliche Einlage geboten hat, konnte auf der Bühne des ASV-Theatersaals nämlich Brezenstücke einfach verschwinden lassen. So einen Trick würden die Bankleute sicher gerne auch beherrschen, um mit der nach ihren Aussagen "verfehlten Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank" Schluss zu machen. Denn die bereitet der Volksbank erhebliche Probleme, wie Aufsichtsratschef Nikolaus Widmann gleich zu Beginn in seiner Begrüßungsrede sagte: "Die Zinsspanne, unsere wichtigste Ertragssäule, wird leider gefährlich niedrig bleiben."

Für bisher kostenlose Dienstleistungen könnten wohl irgendwann Gebühren erhoben werden, denn regionale Flächendeckung sei "nicht zum Nulltarif zu haben", sagte Widmann. Konkrete Pläne dafür gebe es jedoch bisher nicht, erklärte Marketingleiter Martin Richter auf Nachfrage. Noch scheint das auch nicht notwendig zu sein, denn Vorstandssprecher Thomas Höbel betonte in seinem Bericht über das Geschäftsjahr 2016: "Trotz der anhaltenden Niedrigzinsphase konnten wir ein Ergebnis im Rahmen der Erwartungen erzielen." Zu verdanken sei dieses Resultat, das die VR Dachau bayernweit unter die zehn erfolgreichsten Genossenschaftsbanken brachte, vor allem der soliden Entwicklung der heimischen Wirtschaft und der wachsenden Einwohnerzahl in Stadt und Landkreis, sagte er. "Deshalb können und wollen wir uns gegen den allgemeinen Trend des Rückzuges aus der Fläche stemmen", kündigte Höbel an. Weil sich die VR als regionales Geldinstitut weiter auf ihre Rolle als Kunden- und Servicebank konzentriere, werden weiter in die Standorte mit 22 Geschäftsstellen investiert. Der Vorstandssprecher berichtete auch über das Engagement der Bank für soziale und gemeinnützige Projekte in der Region, für das im Vorjahr 350 000 Euro ausgeschüttet worden seien. Auch Kulturförderung war der Bank ein Anliegen: Große überregionale Aufmerksamkeit etwa habe die Ausstellung mit Werken von Georg Baselitz auf sich gezogen, die die Bank in ihrer Reihe "Kunst und Bank" im Dachauer Schloss präsentierte.

Die Vorstellung der trockenen Zahlen des Jahresabschlusses überließ Höbel seinem Vorstandskollegen Karl-Heinz Hempel, der über einen Anstieg der Bilanzsumme um 8,4 Prozent auf 1,833 Milliarden Euro berichten konnte. Noch kräftiger war der Zuwachs im Kreditgeschäft, das um 9,8 Prozent auf 1,329 Milliarden Euro kletterte. Der Bilanzgewinn betrug im vergangenen Jahr knapp 2,5 Millionen Euro. Das Kreditwachstum habe sich in den ersten Monaten 2017 ebenso fortgesetzt wie der Anstieg der Bilanzsumme, die laut Hempel in diesem Jahr auf 1,9 Milliarden Euro anwachsen könnte, obwohl die Niedrigzinspolitik die Banken weiter unter Druck setze. Hempel betonte aber, dass Risiko-Anlagen dennoch "keine Option" seien.

Neben regulatorischen Rahmenbedingungen und der Niedrigzinsphase sei es vor allem die Digitalisierung, die alle Banken in den nächsten Jahren herausfordern werde, prognostizierte er und kündigte an: "In diesem Zusammenhang sollen die Vertriebskanäle miteinander verbunden werden und in aufeinander aufbauenden Geschäftsprozessen zusammengeführt werden." Eine Gruppe von Mitarbeitern der Abteilung "Medialer Vertrieb" widme sich dem Ziel, die Bank mit Blick auf die neuen technischen Möglichkeiten wettbewerbsfähig zu halten und so einen Beitrag zu Zukunftssicherung des genossenschaftlichen Geldinstituts zu leisten.

Schließlich wurde für den im Vorjahr verstorbenen Aufsichtsrat Herbert Reischl junior der Münchner Zimmerermeister Stefan Frank in das Gremium gewählt. Ganz am Ende gab es noch eine erfreuliche Überraschung für die Schüler der Johannes-Neuhäusler-Schüler in Schönbrunn. Die von ihnen aus Pappmaché gefertigte, beeindruckende "Nana"-Statue nach dem Original von Nikki des Saint-Phalle konnte Bankchef Thomas Höbel für 1400 Euro versteigern. Ein wohl-verdienter Batzen Geld für die Kinder.

© SZ vom 03.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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