Kitastreik Bergkirchen:Wachsender Unmut

Bei einer Kundgebung vor dem Rathaus werben die Erzieherinnen der drei Kindertagesstätten um Verständnis für ihren Streik. Doch viele Eltern sind inzwischen mit ihrer Geduld am Ende

Von Johannes Korsche, Bergkirchen

Alexandra Webers Sohn ist fünf Jahre alt. Normalerweise geht er in Bergkirchen in den Kindergarten, während seine Mutter arbeitet. Doch der Kindergarten ist seit dem 11. Mai geschlossen. Die Erzieherinnen des Kinderhauses Regenbogen, des Integrationskindergartens Wichtelburg und des Eulenhorts streiken - im Gegensatz zu anderen kommunalen Einrichtungen im Landkreis durchgehend. Deswegen müssen sie sich zunehmend vor Eltern wie Alexandra Weber rechtfertigen.

Erklären, begründen und weiterhin um Unterstützung bitten. Das waren die Ziele einer Kundgebung am vergangenen Dienstag vor dem Bergkirchener Rathaus, bei der Erzieherinnen, Elternbeiräte und Anton Salzbrunn, Stellvertretender Vorsitzender der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft in Bayern, zu Wort kamen. Etwa 150 Teilnehmer waren gekommen, darunter erwartungsgemäß viele Eltern, die sich seit Streikbeginn selbständig um die Betreuung ihrer Kinder kümmern müssen.

Kitastreik Bergkirchen: So still wie die Figur vor dem Bergkirchener Rathaus beschäftigen sich Kinder selten. Das wissen auch die Erzieher und streiken für mehr Anerkennung.

So still wie die Figur vor dem Bergkirchener Rathaus beschäftigen sich Kinder selten. Das wissen auch die Erzieher und streiken für mehr Anerkennung.

(Foto: Niels P. Joergensen)

Die 42-jährige Alexandra Weber ist eine davon. Weil sie nicht so kurzfristig Urlaub nehmen kann, begleitet ihr Sohn sie seit der vergangenen Woche in die Arbeit. Aber sie sieht große Probleme dabei: "Der ist ja vollkommen rausgerissen aus seinem Umfeld. Das ist für uns beide einfach stressig." Trotz des grundsätzlichen Verständnisses vermisse sie in Bergkirchen die Verhältnismäßigkeit des Streiks. Dass Alexandra Weber gekommen ist, wird die Organisatoren gefreut haben. Denn genau Eltern in ihrer Situation wollten sie erreichen.

Petra Keil, die Leiterin des Integrationskinderhauses Wichtelburg, betont in ihrer Rede, dass ihnen die Entscheidung für den Streik "nicht leicht gefallen ist". Auch Salzbrunn betont, dass die Erzieher nicht gerne streiken würden. Aber letztlich führe kein Weg daran vorbei. "Wir haben in den letzten Jahren die Öffnungszeiten verlängert, die Schließtage verkürzt, das Bildungsangebot erweitert und Inklusionskonzepte umgesetzt. Die Arbeitsbelastung hat zugenommen, doch unser Beruf wurde nicht aufgewertet", kritisiert Keil. Barbara Zerrer, Leiterin des Eulenhorts, ergänzt, dass sie sich von der Vereinigung kommunaler Arbeitgeberverbände (VKA) im Stich gelassen fühle. Sie erwarte bei der nächsten Verhandlungsrunde an diesem Donnerstag ein "echtes Angebot". Erst dann könne der Streik beendet werden.

Wie unterschiedlich die Eltern die Situation in Bergkirchen inzwischen sehen, ist an den zwei Reden der Elternbeiräte zu erkennen. Dana Michailidis, Elternbeiratsvorsitzende im Kinderhaus Regenbogen, forderte die Eltern auf, auch weiterhin solidarisch zu sein, da man bei einem abgebrochenen Streik in "ein, zwei Jahren wieder in einer solchen Situation" ist. Die Eltern und die Erzieherinnen sollten sich nicht vom Arbeitgeberverband gegeneinander ausspielen lassen. "Der VKA hat genau diese Situation so gewollt. Sie wollen, dass die Erzieher an diesem Druck kaputt gehen". Die Eltern sollten ihrem Ärger lautstark Luft machen, diesen aber zu den "richtigen Stellen" tragen.

Bei Martin Ladstätter vom Elternbeirat des Integrationskindergartens Wichtelburg hat sich offensichtlich Ärger angestaut. "Die Eltern sind die einzigen Leidtragenden. Die Situation für uns ist untragbar." Er könne daher die Erzieherinnen und Michailidis nicht verstehen. Sollte der Streik nicht bald beendet sein, werde er seine Kita-Gebühren zurückfordern. Er kritisierte auch die Gemeinde, die zu spät auf den Streik reagiert habe. Seit Dienstag bietet sie eine Notfallbetreuung an, in der bis Mittwoch, 3. Juni, maximal 25 Kinder beaufsichtigt werden können. Wer aufgenommen wird, entscheidet das Los. Bürgermeister Simon Landmann (CSU) hob hervor, dass eine Notfallbetreuung nur mit pädagogischem Personal möglich ist. Weil dies aber gefehlt habe, habe die Gemeinde nicht helfen können. Allerdings können sich die Eltern nun täglich zwischen 10 und 12 Uhr an die Notfallhotline der Gemeinde (08131/56 97 72) wenden.

Zumindest Alexandra Weber scheint noch ein wenig Geduld für die nächsten Tage aufzubringen. Das könnte aber auch daran liegen, dass ihre 22-jährige Tochter kurz vor der Abschlussprüfung zur Erzieherin steht.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: