Kirchlicher Feiertag:Die Jakobusbüste ist schon poliert

An Fronleichnam ist heuer eine besonders große Prozession durch die Dachauer Altstadt geplant, an der sich fünf Pfarreien beteiligen. Die Familie Romig pflegt dabei seit hundert Jahren eine alte Tradition: Sie errichtet mit viel Liebe einen eigenen Altar

Von Christiane Bracht, Dachau

Andreas Rudert hat alle Hände voll zu tun: Kerzenständer säubern, die silberne Jakobusbüste aufstellen, Altäre putzen und Fahnen aus dem Keller holen. Die 200 Gladiolen für den Blumenschmuck hat der Mesner von St. Jakob in Dachau auch schon bestellt. Große Feste werfen eben ihre Schatten voraus: Am Donnerstag ist Fronleichnam, und heuer ist eine besonders große Prozession durch die Altstadt geplant. Alle fünf Pfarreien des Verbands (Heiligkreuz, St. Peter, Mariä Himmelfahrt, Mitterndorf und St. Jakob) feiern dieses Jahr gemeinsam das Fest des heiligsten Leibes und Blutes Christi gemeinsam.

"Seit dem Stadtjubiläum machen wir das alle drei Jahre", erklärt Pfarrer Wolfgang Borm von St. Jakob. Beginn ist um 9 Uhr mit einer Eucharistiefeier am Pfarrplatz vor der Altstadtkirche. Wenn es nicht regnet, führt dann die Prozession durch die Pfarr- und Augsburger Straße, weiter durch die Mittermayer- und Konrad-Adenauer-Straße zurück zum Rathausplatz. Vier Altäre werden auf dem Weg aufgebaut. Um die meisten kümmert sich der Mesner, doch er hat Hilfe: Traditionell dekoriert die Familie Romig liebevoll die erste Station auf dem Fronleichnamsweg.

Seit etwa 100 Jahren steht vor dem Haus des früheren Eisenwarenhändlers ein Altar. Donnerstagfrüh noch vor Beginn des Gottesdienstes wird er aufgebaut. "Das dauert mindestens drei Stunden", sagt Elfriede Romig. Die ganze Familie steht dafür bereits vor fünf Uhr auf und packt mit an. Gerüste müssen aufgestellt werden,damit der rote Vorhang aufgehängt werden kann. Einer zimmert die Stufe, auf der ein roter Teppich ausgerollt und der Altartisch errichtet wird. Bis alles schön gestaltet ist mit Blumen, den alten Leuchtern, einem Kreuz, das übrigens auf den Kapitellen der alten Orgel von St. Jakob steht, und dem strahlend weißen Altartuch mit Spitze - das ist viel Arbeit. "Eine Menge Kraxelei", stöhnt Romig. "Wir machen es, so lange wir können."

Natürlich hofft sie, dass ihr Sohn eines Tages die Tradition fortführt. Seit vier Generationen gibt es diesen Altar schon, immer von der Familie hergerichtet. Elfriede Romig ist stolz darauf. Besonders, wenn die Leute sie bei der Prozession später darauf ansprechen. "Einen schönen Altar habt's, sagen sie, und das ist eine Freude", schwärmt sie strahlend. Wenn der Zug der Gläubigen dann weiterzieht, steht Romig mit der Gartenschere an den Birken, die traditionell das Haus schmücken. Vor allem ältere Damen wünschen sich meist ein Sträußlein, weil die Monstranz dort vorbeigezogen ist.

Die Birkenzweige werden dann später in den Herrgottswinkel ihrer Wohnung gehängt. Auch das habe Tradition, aber das wüssten die meisten Jungen nicht mehr, sagt sie. Überhaupt würden es jedes Jahr weniger Leute, die um den Altar stünden. Dieses Jahr allerdings erwartet der Pfarrer großen Andrang, schließlich sind es ja Gläubige aus fünf Pfarreien, die an der Prozession teilnehmen. Fahnenabordnungen der verschiedensten Vereine und Innungen werden mitgehen, wenn der Pfarrer die Monstranz durch die Straßen trägt.

Neben Bäckern, Metzgern und Schmieden haben sich auch Schützen- und Trachtenvereine angemeldet, wie die Ampertaler und Schloßbergler. Jeder, der in Dachau etwas auf sich hält, wird dabei sein. Fronleichnam hat eben Tradition. Die Stadt bittet die Anwohner, ihre Häuser festlich zu schmücken. Autofahrer müssen am Donnerstag einen weiten Bogen um die Altstadt machen, die Straßen sind gesperrt.

Aber was genau ist die Bedeutung von Fronleichnam? Was wird gefeiert? Früher wusste es jeder Katholik, heute können viele nichts mehr mit dem Fest anfangen. "Wir bringen so unseren Glauben zum Ausdruck, tragen ihn nach draußen", erklärt Borm. So wird nicht nur die Monstranz, sondern auch die silberne Jakobusbüste und die Heilige Mutter Gottes aus Etzenhausen von den Gläubigen durch die Straßen getragen. "Wir wollen damit zeigen, dass Gott nicht auf einen Raum, die Kirche, beschränkt ist, sondern dass die Welt aus der Verbundenheit mit Gott lebt. Sie ist uns anvertraut, wir sind für sie verantwortlich. Und wir vertrauen auf Gott, dass er unsere Bereitschaft öffnet, das Wichtige und Notwendige zu tun", so Borm. "Egal, wie groß die Belastungen und Gefährdungen auch sein mögen, denen wir ausgesetzt sind, er hilft uns im Alltag zurecht zu kommen. Und so zeigen wir Dank und Freude darüber im Rahmen der Prozession."

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