Kinderoper :Loblied auf die Freundschaft

Kinderoper : Der böse Leierkastenspieler Brundibár, hervorragend gesungen und gespielt von Florian Langguth, will auf dem Platz den Ton allein angeben.

Der böse Leierkastenspieler Brundibár, hervorragend gesungen und gespielt von Florian Langguth, will auf dem Platz den Ton allein angeben.

(Foto: Toni Heigl)

Dachauer Jugendsinfonieorchester und Theater an der Würm bringen die Kinderoper "Brundibár" eindrucksvoll auf die Bühne

Von Magdalena Hinterbrandner, Markt Indersdorf

"Die Erinnerung pflegen, die in die Zukunft wirkt" - das haben sich die Kinder und Jugendlichen des Theater an der Würm zusammen mit dem Dachauer Jugendsinfonieorchester zur Aufgabe gemacht und gemeinsam die Kinderoper "Brundibár" des tschechischen Komponisten Hans Krása auf die Beine gestellt. Die Geschichte dieser kleinen Oper ist in vierzig Minuten erzählt, trotzdem hinterlässt sie einen tiefen Eindruck. "Ihr müsst auf Freundschaft bau'n, den Weg gemeinsam geh'n." Das sind die Verszeilen des finalen Schlussliedes des Werkes, mit dem die jungen Schauspieler am Sonntagabend in der Aula der Mittelschule in Markt Indersdorf Hand in Hand auf der Bühne das Publikum verabschieden.

"Brundibár" erzählt von einem armen Geschwisterpaar, Aninka und Pepicek, dessen Vater gestorben und Mutter schwer krank ist. Zusammen versuchen sie Geld aufzutreiben, um ihrer Mutter ein Glas Milch zu kaufen. Durch Brundibár, einen Leierkastenmann, kommen sie auf die Idee, auf der Straße für die Leute zu singen und damit ein wenig Geld zu verdienen. Doch Brundibár duldet keine Konkurrenz und vertreibt die beiden Kinder. Mithilfe ihrer Freunde aber übertönen sie den Leierkastenmann und können so gemeinsam Geld für die Mutter sammeln.

Das Dachauer Jugendsinfonieorchester führt das Publikum in die Thematik mit den passenden Stücken ein: dem Titelthema aus dem Film "Schindlers Liste" und Musik aus dem Film "Pearl Harbor". Die Solo-Violine wird überragend gefühlvoll und zart von Susanna Morper gespielt. Das Orchester überzeugt mit seiner ausgesprochen guten Dynamik und sauberen Übergängen bei Taktwechseln und rhythmisch schwierigen Passagen.

Zu Beginn der Aufführung bekommen die Zuschauer die Entstehung des Stückes erklärt: Herbert Hanko als Librettist Adolf Hoffmeister und Benedikt Bayr als Komponist Hans Krása sitzen in einem Prager Caféhaus und unterhalten sich. Durch die typisch tschechischen Akkordeontöne, gespielt von Leon Pachonik, fühlt der Zuschauer sich sofort ins Prag der Dreißigerjahre versetzt. Der Anlass dafür, das Stück zu einer Oper zu machen, war 1938 ein Wettbewerb für Kinderopern. Seine Uraufführung erlebte das Stück 1942 in einem jüdischen Waisenhaus in Prag. Krása wurde in das Konzentrationslager Theresienstadt deportiert und schrieb dort eine neue Partitur nach einem Klavierauszug, den er ins Ghetto mitnehmen konnte. Dort, in Theresienstadt, wurde das Stück 1943 erneut aufgeführt und insgesamt 55 mal gespielt. Am 17. Oktober 1944 wurde Krása im Konzentrationslager Auschwitz ermordet. Die Musik der Kinderoper balanciert auf einem Grad zwischen Einfachheit, Volksmusik mit bekannten Rhythmen wie Polkas oder Märschen und unerwarteten Harmonien. Nicht zuletzt deshalb ist diese Oper nicht leicht zu singen, vor allem für Kinder und Jugendliche. Die Melodien sind zwar eingängig, trotzdem ungewöhnlich und tragen nicht den typischen "Kinderliedcharakter". Katharina Schmidtpeter als Aninka und Antonia Müller als ihr Bruder Pepicek meistern diese Herausforderung aber souverän und singen sogar zweistimmig. Auch die teilweise hohen Passagen in der Melodiestimme sind für die Schauspielerinnen kein Problem, zwar ein wenig unsicher, aber mit einem wunderschönen reinen Klang singen die Mädchen ihre Melodien. Dass das Dachauer Jugendsinfonieorchester und die Theaterleute auf der Bühne ein gutes Team sind, merkt man sofort. Der Blickkontakt von der Bühne zur Dirigentin Gudrun Huber ist gegeben und somit auch ein perfektes Zusammenspiel. In seiner schauspielerischen Leistung überragend ist an diesem Abend der junge Darsteller des Brundibár, Florian Langguth. Er singt mit starker, sicherer Stimme und überzeugt vor allem mit seiner Mimik. Mit den Kulissen von Tscho Zintl hat das Publikum auch ein wunderbares Schau-Erlebnis.

Dass die Person Brundibár eine Anspielung auf Hitler war, könnte man vermuten. Immerhin duldet der Charakter Brundibár keine Konkurrenz und versucht, die Leute durch seine schöne Leierkastenmusik um den Finger zu wickeln. Die Nationalsozialisten damals aber machten sich die Kinderoper zu ihrem Werkzeug und verwendeten Ausschnitte davon für einen Propagandafilm namens "Theresienstadt", um die wahren, menschenunwürdigen Zustände in den Konzentrationslagern zu verschleiern.

Die Botschaft der Kinderoper, die das Theater an der Würm mit dem Jugendsinfonieorchester Dachau an diesem Abend hervorragend aufführt, liegen in der Bedeutung von Freundschaft und Hoffnung. Das kommt beim Publikum an. Bei den Kindern und Jugendlichen bedankt es sich mit dem wohlverdienten starken Applaus.

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