Karlsfeld:Seniorenvilla am Scheideweg

Karlsfeld: "In drei Jahren werde ich selbst 80", sagt Karin Boger.

"In drei Jahren werde ich selbst 80", sagt Karin Boger.

(Foto: Niels P.Jørgensen)

Warum ein Karlsfelder Verein neue Ideen und Mitstreiter sucht

Von Gregor Schiegl, Karlsfeld

Der Name war immer etwas irreführend: Seniorenvilla. 14 Jahre lang hat der Verein unter Führung der ehemaligen Karlsfelder SPD-Sozialreferentin Karin Boger für den Bau ganz unluxuriöser und schlicht bezahlbarer Wohnmöglichkeiten für Senioren mit kleinem Einkommen in Karlsfeld gekämpft. Angestrebt war ein Haus mit 30 Wohnungen, die sich finanziell selbst tragen. Daraus wurde nun nichts, dafür baut die Gemeinde 80 Sozialwohnungen für Alt und Jung. Außerdem ist am Ortsrand ein Mehrgenerationenhaus im genossenschaftlichen Wohnbau geplant mit 19 Wohnungen - miteingefädelt vom Verein Seniorenvilla. "Was die Gemeinde da macht, ist super", lobt Vereinsvorsitzende Karin Boger. Aber so sehr die neue Entwicklung zu begrüßen sei: "Es ist nicht mehr unser Modell Seniorenvilla." Erfolg oder Scheitern, das ist im Fall des Vereins Seniorenvilla vor allem eine Frage der Perspektive. "Ich selbst sehe es ambivalent", sagt die Vorsitzende.

Einige Vorstandsmitglieder wollten den Verein bereits auflösen. In den vergangenen Monaten musste auf Veranlassung des Finanzamtes die Satzung geändert werden, um die Gemeinnützigkeit zu behalten. Das hat der Verein getan, aber ob er über die kommenden zwei Jahre hinaus weiter bestehen wird, ist die große Frage. Dem Verein Seniorenvilla ist mit den Entscheidungen der Gemeinde zu den Sozialbauvorhaben in Karlsfeld das zentrale Thema abhanden gekommen, die Mitgliederzahlen sinken. Vor einigen Jahren zählte der Verein noch 84 Unterstützer, heute sind es nur noch 73. Auch zur Vereinsversammlung ließen sich nur noch wenige Mitglieder blicken. Aus Sicht der Gemeinde aber gäbe es für den Verein immer noch genügend Betätigungsfelder rund um das Thema Seniorenbetreuung.

Ob die zum Teil selbst schon recht betagten Aktiven im Verein sich diese Bürde noch einmal aufladen wollen, ist allerdings fraglich. "In drei Jahren werden ich selbst 80", sagt Karin Boger. "Irgendwann muss Schluss sein." Für die Vereinsgründerin und langjährige Vorsitzende ist relativ klar, dass dies wohl ihre letzte Amtszeit sein wird. "Ich bin müde und schlapp." Und der Rückhalt im Vorstand sei auch nicht mehr so stark wie ehedem. Boger hofft, mit einem Generationenwechsel einen Fortbestand des Vereins sichern zu können. "Wir haben sieben Mitglieder, die um die 50 sind, sie kämen dafür in Frage. Sollten wir niemanden finden, sieht es derzeit so aus, dass sich der Verein wohl auflösen wird." Die Seniorenvilla steht nun am Scheideweg: Neuerfindung oder Auflösung.

In ihrer Rede verhehlte Boger nicht, mit welchen politischen Widerständen ihr Verein immer wieder zu kämpfen hatte. "Es gab Hoffnungen und Enttäuschungen, Versprechen und manchmal nicht mal Dementis, sondern offizielles Stillschweigen und wir kamen nicht weiter", sagte sie. "Mehrmals standen wir vor dem Aufhören, wir waren recht unbeliebt, weil wir immer wieder den Finger in Wunden legten, denn im Prinzip wusste jeder im Gemeinderat, dass wir nicht so falsch lagen, aber man konnte - oder wollte - uns nicht ernst nehmen." Ein immer wieder geäußerter verzweifelter Ausspruch von Boger lautete damals: "Wir fordern doch nicht die Errichtung eines Vulkans am See." Doch nun ist nach langer Zeit Bewegung in die Tektonik der Karlsfelder Baupolitik gekommen.

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