Karlsfeld:Rückkehr mit Paukenschlägen

Alfred Mertl hat nach seiner langen Pause wieder so viel Lust auf die Starkbierrede, dass er gleich die nächste für 2013 ankündigt.

Gregor Schiegl

Biermarken von der Gemeinde gibt es diesmal zwar nicht. Aber so voll wie am Seniorennachmittag des Siedlerfests ist es beim TSV-Starkbierfest im Karlsfelder Bürgerhaus schon, wie Alfred Mertl, am Freitagabend zufrieden feststellen kann. Man darf vermuten, dass der Andrang auch mit Mertls Comeback zu tun hat. Der Festredner und intimer Kenner Karlsfelder Verhältnisse war jahrelang von der Bühne verschwunden. Und nun will es den Anschein haben, als habe er die Zeit nur genutzt, um Anlauf zu nehmen für eine furiose, wenngleich etwas lang geratene Predigt.

Karlsfeld: Mit Ovationen war Alfred Mertl gefeiert worden, als er nach sechs Jahren 2004 zum ersten Mal wieder als Redner auf dem Starkbierfest des TSV Eintracht Karlsfeld auftrat. 2005 war er noch einmal in der Rolle des Derbleckers zu sehen - und blieb dann sieben lange Jahre der Bühne fern. Doch nun ist der Starkbierkönig zurückgekehrt und nicht mehr zu bremsen. Seine satirischen Leviten im vollbesetzten Karlsfelder Bürgerhaus am Freitagabend hatten Spielfilmlänge. Und für 2013 wünscht sich Mertl schon wieder ein TSV-Starkbierfest. Damit dürfte er nicht der Einzige sein.

Mit Ovationen war Alfred Mertl gefeiert worden, als er nach sechs Jahren 2004 zum ersten Mal wieder als Redner auf dem Starkbierfest des TSV Eintracht Karlsfeld auftrat. 2005 war er noch einmal in der Rolle des Derbleckers zu sehen - und blieb dann sieben lange Jahre der Bühne fern. Doch nun ist der Starkbierkönig zurückgekehrt und nicht mehr zu bremsen. Seine satirischen Leviten im vollbesetzten Karlsfelder Bürgerhaus am Freitagabend hatten Spielfilmlänge. Und für 2013 wünscht sich Mertl schon wieder ein TSV-Starkbierfest. Damit dürfte er nicht der Einzige sein.

(Foto: DAH)

Eine gute Spielfilmlänge verwendet er für seinen satirischen Streifzug, der weit über Karlsfeld hinausreicht. So analysiert Mertl scharfsichtig das bayerische Demokratiemodell ("Solange die CSU gewinnt, brauchen wir keine Wahlen.") oder kommentiert die Ekel erregenden Zustände bei Müller-Brot: "Diese Bäckerei gehört ins Dschungel-Camp", Motto: "Ich bin eine Maus - holt mich hier raus."

Und Karlsfeld? "Es tut sich ja nichts bei uns, was man derblecken könnte", mosert Mertls. Aber natürlich ist es nur eine rhetorische Finte. Später kommt er dann auf Bürgermeister Stefan Kolbe zu sprechen, der als Lieblingsessen "Schmorbraten" angibt. "Der muss langsam vor sich hinköcheln", frotzelt Mertl, "wie fast alles bei ihm." Auch modisch geht wenig voran: Seit seinem Amtsantritt 2008 ist er im Gemeindeblatt mit dem immer gleichen grellgelben Hemd abgebildet. "Hat das die FDP finanziert?" Freilich spielt die FDP keine nennenswerte Rolle in der Gemeinde. Es gibt ja nur zwei Parteien: Das Bündnis für Karlsfeld, "die Wadlbeißer", und die anderen, die Einheitspartei CSDPUK, die Christlich-Sozialdemokratische Parteien Union Karlsfeld, weil CSU und SPD sowieso immer gleich votierten. Wobei man in dem "schwarzroten Einerlei" die roten Vertreter wohl vor allem an ihrem gehobenen Alter erkennt. Mertl mutmaßt, dass dies der Hintergrund des erratischen Wahlspruchs sein könnte: "Alter hat Zukunft." Aber welche?

Tritt gegen Kolbe 2014 dann wieder Altbürgermeister Fritz Nustede an, "dieser steife Taschenträger aus dem hohen Norden"? Oder gar dessen Vorgänger Bruno Danzer, dessen klappriges altes Auto immer wie ein Unfall klang? Doch die Aussichten für die Sozis stehen schlecht. Denn Kolbe und sein Werkleiter Kinast drehen ja schon "am Rad der Weltgeschichte". Gemeint ist das Ventil, das sie bei der Eröffnung des Biomasseheizkraftwerks an der Münchner Straße unter großem Bohei aufdrehten. Und selbst wenn das vielleicht doch nicht so toll sein sollte, wie man tut: "In Karlsfeld werden Bürgermeister erst durch Erreichen der Altersgrenze abgelöst." Oder sie werden davor Landrat. Allerdings seien dann "sehr gute Kenntnisse der Rebsorten notwendig", schränkt Mertl ein.

Ein zentrales Thema - schon allein der Lage mitten im Ort wegen - ist freilich "Deutschlands berühmteste Baustelle, hochtrabend Neue Mitte genannt". Eigentlich ist es ja eher ein Trauerspiel, was sich um das 80-Millionen-Euro-Projekt abspielt, aber Mertl begegnet der Misere mit tierischem Humor. Die Investoren der HIH, "die Hamburger Immobilien Haie", ziehen aus Karlsfeld ab und hinterlassen eine unansehnliche Baugrube. "Die Wögerwiese war doch so schön mit den Schafen drauf", sagt Mertl wehmütig, "und dann wurde sie von nordischen Rindviechern aufgewühlt - und jetzt haben wir diesen Saustall."

Auch die Geistlichkeit bekommt ihr Fett ab, namentlich Robert Krieger von der Pfarrei Sankt Anna. Manche Karlsfelder Schäfchen ziehen es vor, die Pfarrei Sankt Josef zu besuchen, weil sie mit der Neokatechumenalen Bewegung, die Krieger propagiert, nicht klarkommen. "Das Wort Gottes ist nicht überall gleich gut zu verstehen", sagt Mertl. Und schiebt vorsichtshalber noch ein entschärfendes Adjektiv nach: "akustisch".

CSU-Gemeinderätin Anni Kolbinger - "dieser schwarzen Madonna der Kultur" - widmet das TSV-Brettl in der ersten Hälfte einen ganzen Sketch. Ein "Herr Auswärtiger" versucht einer Gruppe nordisch stöckelnder Karlsfelderinnen die Orte zu zeigen, an denen Karlsfelds Kultur blüht. "Herr Auswärtiger", das ist der Running Gag in dem Nordic Walking Sketch, dringt aber letztlich nie ganz vor zu diesen geheimnisvollen verborgenen Kulturblüten. "Das schreib ich mir auf", sagt er jedes Mal, wenn er nicht mehr weiterweiß, "und frag die Frau Kolbinger". Leider läuft sich dieser Gag irgendwann tot. Zudem bleiben einige Sprüche der sportlichen Damen akustisch auf der Strecke; die Technik des Bürgerhauses ist dieser Sieben-Personen-Szene einfach nicht gewachsen. So bleibt am Ende der Eindruck eines kurzweiligen Abends, der sich dennoch bisweilen etwas in die Länge zieht.

Zu guter Letzt zaubert Alfred Mertl noch eine Überraschung aus dem Hut: Im kommenden Jahr wird das Starkbierfest 25 Jahre alt, und das, so meint er unter Applaus, sollte man doch gebührend feiern. Mit dem TSV-Präsidium ist das offenbar nicht abgesprochen. Gerd Brenneisen, der das aufwendige Fest organisiert hat, lächelt gequält: Man werde über den Vorschlag mal nachdenken.

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