Karlsfeld:Mit Sandalen und Regenschirm

Acht Blaskapellen, viele Hingucker beim Festumzug des 59. Siedler- und Seefests und ein Burschenverein, der mächtig Stimmung macht - nur das Wetter spielt beim Auftakt nicht so richtig mit. Aber die Karlsfelder lassen sich den Spaß nicht nehmen

Von Julian Erbersdobler, Karlsfeld

Wie schützt man sich vor Regen und gleichzeitig vor Kopfschmerzen am Tag danach? Eine Dame des TSV Karlsfeld aus der Abteilung Ü 55 hat das am Samstag eindrucksvoll vorgemacht. Luftige Sandalen an den Füßen, ein hellblauer Hut auf dem Kopf und darüber einen Aspirin-Regenschirm gespannt. Ein Bild, das nicht nur das Wetter beim Umzug perfekt beschreibt. Obwohl es um kurz nach zwei leicht regnet, kalt ist es an diesem Samstag nicht. Die Sandalen sind also durchaus angebracht, der Schirm sowieso. Nicht nur wegen des Regens.

Immer wieder sind es vor allem die kleinen Buben, die aus dem Hinterhalt von ihren Wasserpistolen Gebrauch machen. Bonbons fliegen natürlich auch wieder umher, genauso wie Tennis- und Volleybälle der Sportabteilungen. Der Schirm ist also auch Schutzschild. Und trotz des mittelmäßigen Wetters ist die Stimmung ausgelassen wie in den Jahren zuvor, die Wagen immer wieder ein besonderer Hingucker. Das Highlight: Der Kammerwagen des Karlsfelder Heimatmuseums zur Hochzeit aus dem Hause Ludl 1920 - eine echte Rarität. Auf dem hinteren Teil der Kutsche sitzt eine Frau vor einer antiquierten Nähmaschine, hinter ihr ein großer Schrank, weiter vorne ein altes Bett mit schneeweißem Bettbezug.

Die Liebe der Macher zum Detail ist nicht zu übersehen. In Sachen Präsentation muss sich aber auch der Fischereiverein nicht verstecken: Auf einem grünen Traktor darf ein überdimensionaler bunter Fisch am Umzug teilnehmen. Wie in den vergangenen Jahren lassen sich auch in diesem Jahr die Sport- und Tanzvereine nicht zweimal bitten, die Zuschauer am Straßenrand zu unterhalten. Cheerleader mit bunten und ausgefallen Kostümen und Pompons, eine blonde Turnerin im Handstand, kleine Mädchen, die unter aufbrandendem Applaus der Zuschauer Räder schlagen.

Die Pfadfindergruppe aus Karlsfeld ist auch in diesem Jahr wieder in voller Montur dabei: das beige Hemd mit den vielen Aufnähern, dazu die farbigen Halstücher je nach Alter. Süßigkeiten fliegen natürlich auch wieder durch die Luft, bis sie schließlich in den Tüten der Buben und Mädchen landen, die mit großen Augen auf die Bonbons warten.

Der Umzug bietet aber nicht nur etwas für die Jüngsten. Die musikalische Begleitung kommt bei allen gut an. Das übernehmen diesmal ganze acht Blaskapellen, hie und da auch die dröhnenden Bässe aus den Anlagen der Wagen. Besonders laut: der Burschenverein. Die Mitglieder gehen auf ihre ganz eigene Art mit dem Wetter um: Sie tragen Sonnenbrillen. Und wenn der eingangs beschriebenen Dame noch ein Accessoire zum ultimativen Siedler- und Seefest-Outfit fehlte, dann ist es die Sonnenbrille. Nach dem Umzug - als hätten es die Burschen gewusst - klart das Wetter doch noch auf. Das nutzen einige Besucher mit einem Besuch im Biergarten vor dem Festzelt am Karlsfelder See aus. Drinnen wird derweil pünktlich um halb vier der erste Banzen Festbier angezapft. Allerdings nicht wie vergangenes Jahr auf der Bühne, sondern versteckt in der Nähe der Schenken. Keine gute Idee. Damit verliert das Anzapfen seinen Reiz. Schließlich genießen die Volksfestbesucher diesen Moment doch ganz besonders.

Nach der Aktion versammeln sich die wichtigen Personen auf der Bühne: Karlsfelds Bürgermeister Stefan Kolbe (CSU), der Vorstand der Siedlergemeinschaft Karlsfeld-Nord Gerhard Proske und Festreferentin Christa Berger-Stögbauer. Für den Umzug bedankt sich Kolbe mit der Notiz, dass es so viele gute Ideen und dieses Engagement nicht überall gebe. "Ich freue mich auf friedliche und fröhliche Festtage, lassen Sie sich verwöhnen", sagt er noch. Dann übergibt er mit einem freundlichen "Prösterlein" an Gerhard Proske, der allen Besuchern einen "gesunden Durst" wünscht.

Den ersten Marsch darf die Festreferentin dirigieren, so wünscht es der Karlsfelder Bürgermeister. Und Christa Berger-Stögbauer macht eine gute Figur am Dirigentenstab. Nach dem ersten Prosit übernimmt die Blas- und Jugendkapelle die musikalische Begleitung, bis um 19 Uhr "Tropical Rain" einsetzt. Ihre Wiesn-Hits kommen im überschaubar gefüllten Zelt so gut an, dass es ein Pärchen nicht mehr auf der Sitzbank hält. Auch die anderen Zeltbesucher haben ihren Spaß.

Die Dame mit dem Regenschirm ist zu diesem Zeitpunkt vermutlich auch noch irgendwo auf dem Karlsfelder Siedler- und Seefest unterwegs. Genauso wie der Burschenverein, der nun wirklich mächtig Stimmung macht. Fragt sich nur, ob sie statt ihrer coolen Sonnenbrillen nicht doch besser an Kopfschmerztabletten gegen den Kater am Sonntag hätten denken sollen.

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