Karlsfeld:Komm, tanz mit mir

Karlsfeld: Der Verein Blau-Gold-Casino München bietet vor allem für Paare viele Möglichkeiten zum Tanzen. Aber auch ohne Partner ist man in Karlsfeld willkommen.

Der Verein Blau-Gold-Casino München bietet vor allem für Paare viele Möglichkeiten zum Tanzen. Aber auch ohne Partner ist man in Karlsfeld willkommen.

(Foto: Niels P. Jørgensen)

Discofox, Formation, Jazzdance: Der Verein Blau-Gold-Casino München zieht in Karlsfeld Bewegungsfreudige aller Altersstufen an. Das jüngste Mitglied ist acht, das älteste 91.

Von Kathrin Pleva, Karlsfeld

Etwas versteckt im Karlsfelder Industriegebiet ist der Tanzverein Blau-Gold-Casino München seit 2003 zu Hause. Wenn man es die Treppen des unscheinbaren Gebäudes hoch geschafft und sich schon etwas aufgewärmt hat, betritt man den großen Tanzsaal. Liebevoll wurde er in den Vereinsfarben blau und gelb-gold dekoriert. Bilder von Turniertänzern des Vereins hängen an der Eingangstür, Pokale der Erfolge stehen im Wandschrank: Kürzlich feierte der Seniorentanzsport zwei Bayerische Meister. Ein Ort an dem getanzt, geschwitzt und gefeiert wird - und das im Industriegebiet. "Das Tolle ist, dass man hier keinen Ärger wegen zu lauter Musik bekommt", sagt der 65-jährige Turniertänzer Johann Reiter lächelnd.

"Es ist jeden Abend etwas los", sagt er. Ob Discofox-Abende, Pilates, Formationstanz, Jazz-Dance oder Trainings für Hobby- bis Turniertänzer in Latein- und Standardtänzen. Für jede Altersgruppe wird von den acht Trainern etwas geboten, sogar eine Ü60-Gruppe gibt es. Kein Wunder, dass die 260 Mitglieder acht bis stolze 91 Jahre alt sind. Die Vielfalt ist dem Verein sehr wichtig. "Wer tanzen will, ist bei uns gern gesehen", bestätigt Reiter. Darum ist der Verein auch Mitglied bei "Integration durch Sport", ein Programm des Deutschen Olympischen Sportbundes. Am meisten vertreten ist der Paartanz, denn der Verein bestehe hauptsächlich aus Paaren, erklärt Reiter. Aber auch Männer oder Frauen, die keinen Tanzpartner haben, können mitmachen. Der Verein bietet nämlich eine Tanzpartnerbörse an, bei welcher der passende Partner vermittelt werden kann. Und wenn die Chemie stimmt, kann man miteinander trainieren. Oder ohne Zwang bei dem wöchentlichen Übungsabend das Tanzbein schwingen.

Das Wichtigste ist im zweitältesten Tanzverein Münchens die Geselligkeit. "Die wird bei uns groß geschrieben", sagt Reiter. Seitdem der Verein sich neue und größere Räume in Karlsfeld gesucht hat, zieht er auch mehr Tänzer aus dem Landkreis an. Er veranstaltet Bälle und Wettbewerbe, wie den jährlichen Horst- und-Ilse-Dore-Galke-Gedächtnis-Wanderpokal, um die Gemeinschaft noch mehr zu fördern. Der Wettbewerb wurde nach dem Gründerehepaar benannt, welches in der Nachkriegszeit 1948 den Verein aus der Liebe zum Tanzen gründete. An dieser Liebe hat sich auch nach dem Tod des Ehepaares nichts geändert. Viele Zuschauer und Tänzer der verschiedenen Tanzklassen kommen aus bis zu 300 Kilometern Entfernung zu dem Turnier. Um den Wanderpokal tanzen aber nur die Teilnehmer der S-Klasse, der "Königsdisziplin". Wer drei Jahre in Folge die Trophäe in den Händen hält, darf sie sogar behalten. Zwar ist momentan kein Paar von dem Blau-Gold-Casino dabei, aber Reiter hat die Hoffnung, dass er es mit seiner Frau bald in die S-Klasse schafft. Es fehlen nur noch 24 Punkte, also etwa drei Turniere.

Für den Leistungssport Turniertanz muss man allerdings einiges an Zeit aufwenden. Drei- bis viermal pro Woche trainiert Reiter seit 2008 mit seiner Frau für die Wettbewerbe in ganz Deutschland. "Es muss aber keiner in den Turniertanz. Natürlich besitzt man den tänzerischen Ehrgeiz, aber die Freude ist das Wichtigste." Davon ist der Allacher überzeugt. Was die einzelnen Gruppen des Vereins können, zeigen sie beim "Highlight des Jahres", dem Kerzenball. Am Samstag vor dem ersten Advent tanzen hier die verschiedenen Mitglieder seit der Gründung des Vereins und zelebrieren gemeinsam die Geselligkeit und den Tanz.

Aber obwohl genug Männer im Verein seien - meistens fehlt es ja an diesen - mangele es an der Jugend - besonders bei den Buben. Reiter vermutet, dass das an der gesamtgesellschaftlichen Haltung liegt. "Das Tanzen hat bei uns einfach nicht den Stellenwert wie beispielsweise in Russland." So verlor der Verein schon einige Jungen, weil Fußball, Tennis und die Meinung der Freunde wichtiger waren. Johann Reiter versteht das, aber findet es - besonders für die Mädchen, die einen Tanzpartner suchen - schade. Er selbst ist froh, dass er durch seine Frau das Tanzen für sich entdeckt hat. Gerade im Alter fördere es Geist und Körper: "Tanzen hält fit."

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