Grünzug:Karlsfelder Strategiedebatten

Warum Gewerbegebietsbefürworter eine Bürgerinitiative in Stellung bringen und die Gegner die Öffentlichkeit verwirren.

Von Gregor Schiegl, Karlsfeld

Langsam wird es unübersichtlich in der Auseinandersetzung um Karlsfelds geplantes Gewerbegebiet im Grünzug. Wer mischt mit? Wer will was? Und wer spricht in welcher Rolle in diesem Politdrama, das zunehmend Züge einer Farce annimmt? Jetzt ist eine neue Bürgerinitiative namens "Pro Gewerbe" auf das Feld getreten. Was die Sache noch verwirrender macht: Die Bürgerinitiative ist gar nicht neu. Es handelt sich um dieselbe, die 2013 unter dem Namen "Pro Neue Mitte" der Gemeinde half, die umstrittenen Planungen zur Ortsmitte in einem Bürgerbegehren durchzuboxen, das eine andere Bürgerinitiative erzwungen hatte.

"Wir haben uns nie aufgelöst", sagt der Sprecher Johann Willibald. Und im Grunde genommen geht es der 25 Mitglieder starken Gruppe um das gleiche wie 2013. "Wir wollen, dass es in der Gemeinde vorwärtsgeht." Man könne sagen, diese BI ist ein Blockadebrecher, der sich schon einmal im Sinne von CSU und SPD bewährt hat. Die wollten die neuen Planungen zur Neuen Mitte ja damals genauso wie jetzt das Gewerbegebiet an der Schleißheimer Straße. Eine gewisse parteiliche Nähe ist der BI nicht abzusprechen. Johann Willibald ist CSU-Gemeinderat, auch wenn er Wert darauf legt, dass er sich bei der Bürgerinitiative als ganz normaler Bürger beteiligt. Dasselbe gilt für Hiltraud Schmidt-Kroll, Karlsfelds SPD-Fraktionssprecherin. Dann gibt es noch zwei ehemalige SPD-Gemeinderäte in den Reihen der Aktivisten und viele Bürger, die im Arbeitskreis Gewerbe mitgearbeitet haben.

"Pro Gewerbe" steht die Bürgerinitiative "Grünzug Dachau und Karlsfeld" gegenüber, die das von der Gemeinde geplante Gewerbegebiet am liebsten verhindern würde. 2010 war sie damit schon einmal erfolgreich, sie gewann das Bürgerbegehren gegen die Gemeinde und zwar deutlich. Wiederholt sich die Geschichte? Das geplante Gewerbegebiet ist nun deutlich kleiner als 2010, die Finanzlage der Gemeinde sehr viel prekärer. Außerdem gibt es Pläne für ein Landschaftsschutzgebiet in Karlsfeld, das wenigstens die Reste des Dachauer Mooses vor einer weiteren Bebauung schützen würden, dauerhaft. Die Idee geht maßgeblich auf das Bündnis für Karlsfeld zurück, das in der BI "Grünzug" selber kräftig mitmischt.

An einer harten Auseinandersetzung hat niemand Seite ein Interesse

Als Bürgermeister Stefan Kolbe (CSU) jüngst die Idee aus dem Hut zauberte, zu dem Gewerbegebiet auch noch ein großes Landschaftsschutzgebiet auszuweisen, war das Bündnis begeistert. Der Showdown schien abgewendet. Umso fassungsloser war Johann Willibald, als er den Berichten der Presse entnehmen musste, dass die BI "Grünzug" weiterhin ein Bürgerbegehren anstrebt. "Wir hoffen immer noch inständig, dass die Vernunft siegt", sagt Willibald. Große Streitlust verspürt er nämlich nicht. Aber das scheint der Gegenseite nicht viel anders zu gehen.

Bündnis-Fraktionssprecherin Mechthild Hofner dementiert Berichte, wonach die BI "Grünzug" sich bereits auf ein Bürgerbegehren festgelegt habe. "Ich würde es so formulieren: Das Bürgerbegehren ist noch nicht vom Tisch." Die Willensbildung innerhalb der einzelnen Gruppierungen seien noch nicht abgeschlossen. "Ich rechne mit einem knappen Ergebnis." Auch innerhalb des Bündnisses gibt es offenbar unterschiedliche Auffassungen über das weitere Vorgehen.

Indessen hat sich die CSU-Fraktion bereits auf das vorgeschlagene Landschaftsschutzgebiet festgelegt. "Dazu stehen wir", sagt CSU-Fraktionschef Bernd Wanka. Schon am 29. Oktober soll der entsprechende Beschluss im Gemeinderat gefasst werden - auch als Signal an die Skeptiker im Bündnis.

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