Karlsfeld:Heißer Auftakt

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Das 60. Karlsfelder Siedlerfest startet am Samstagnachmittag unter praller Sonne. Auch Bürgermeister Stefan Kolbe kommt ins Schwitzen

Von Petra Neumaier, Karlsfeld

Fast hätte man's überhört, fast übersehen: Zwei sanfte Schläge aus dem Handgelenk, schon sitzt der Zapfhahn im Fass. Kein Ausholen, kein Spritzen. Nichts. Routiniert und souverän absolviert Bürgermeister Stefan Kolbe den offiziellen Anstich zum 60. Karlsfelder Siedler- und Seefest. So wie das Bier aus dem Fass, so rinnt an diesem heißen Samstagnachmittag aber auch der Schweiß. Vor allem beim vorausgegangenen Festzug der Jubiläumsveranstaltung. Sie wird im Laufe der Woche mit einer Autogrammstunde von Darstellern aus der Serie "Dahoam is Dahoam" (Mittwoch, 19.30 Uhr), einem noch brillanterem Brillant-Feuerwerk (Freitagabend) und einer Verlosung am Sonntagabend gebührend gefeiert.

Die Schattenplätze sind allesamt besetzt. Auf mitgebrachten Stühlen, Picknickdecken und Rollatoren sitzen manche Zuschauer entlang der Strecke - lange, bevor der Zug losgehen soll. Auch in der Jahnstraße selbst, wo sich der Festzug von den Mittagsstunden an formiert, wird die Sonne gemieden. "Letztes Jahr hat es getröpfelt", stöhnt eine Frau in langer Tracht, und bei 29 Grad im Schatten kann ihr niemand den sehnsüchtigen Ton in ihrer Stimme verdenken. Wasserflaschen zischen, rasch gießen besorgte Mütter den kleinen TSV-Fußballern Apfelschorle nach, einsam fliegt ein Sektkorken durch die Luft.

Schweißtropfen stehen auch Bürgermeister Stefan Kolbe, dem Vorsitzenden der Siedlergemeinschaft Karlsfeld-Nord, Gerhard Proske, und der Festreferentin Christa Berger-Stögbauer auf der Stirn. In der schwarzen Festkutsche warten sie in praller Sonne sehnsüchtig auf die Böllerschüsse, die pünktlich um 14 Uhr den Start verkünden. Sofort ziehen die Pferde an, folgen der Blaskapelle Karlsfeld und dem blumengeschmückten Wagen des Veranstalters. Kinder halten ihre großen Tüten auf, eben noch gebrechliche Senioren bücken sich überraschend flink unter dem Regen aus bunten Bonbons und Gummibärchen, der jetzt auf sie niederprasselt.

Beifall klatschen die, die beide Hände frei haben angesichts der liebevoll geschmückten Wagen und Fußgänger und Kapellen. So präsentiert das Heimatmuseum eine kleine Trachtenausstellung auf seinem Wagen, haben die Fischer einen riesigen Fisch im Schlepptau. Als Star-Wars-Darsteller springen zudem die Kangoo Jumpers über das heiße Pflaster. Natürlich fehlen weder die italienischen Freunde noch die Siebenbürger Sachsen in ihren warmen Trachten. Die meisten der insgesamt 60 Gruppen stellt erneut der TSV Eintracht mit seinen 13 Sportabteilungen.

Gemächlich zieht der Zug an den Zuschauern in den Straßen vorbei, während sich auf dem Festplatz die Schausteller ein wenig langweilen. Nur vereinzelt bedienen sie die ersten Gäste. Pizza, Cocktails, Fruchtspieße liegen längst bereit für den großen Ansturm, der kommen wird, mit dem Zug. Hin und wieder drehen sich die ersten Karussells, ein paar Mädchen schreien - Angst und Vergnügen liegen in den wilden Fahrgeschäften ja nah beieinander.

Immer mehr Besucher füllen die Wege, in Tracht, vereinzelt auch im Bikini, die meisten in leichter Sommerkleidung. 37 Minuten nach dem Start erreicht die erste Zug-Kapelle ihr Ziel, das riesige Festzelt. Langsam folgt der Rest - wer nicht rein muss, setzt sich raus in den luftigeren Biergarten. Um die Wartezeiten bis zum Eintreffen der Nachhut zu verkürzen, tanzen D'Knödldrahra noch ein wenig, spielt die Kapelle ein Ständchen, bis sie von der nächsten abgelöst wird.

Erst zum Schluss treten die Honoratioren ins Zelt, darunter die Landtagsabgeordneten Bernhard Seidenath (CSU) und Martin Güll (SPD) - Landrat Stefan Löwl ist auf einer Hochzeit und die Bundestagsabgeordnte Gerda Hasselfeldt in Berlin. Sie verpassen die wunderschön von Festwirt Burkhard Greiner und seinem Team eingedeckte Ehrenbox. Noch etwas skeptisch schaut jener auf die Wetterprognosen. Hitze und Regen sind die Erzfeinde eines Festwirtes, umso mehr hofft Greiner auf gemäßigte Temperaturen, damit sein fast 1700 Plätze fassendes Zelt und die 2350 Sitze im Biergarten auch gut gefüllt sind.

Dafür wird sicherlich auch das Programm das seine tun. Zwar werden nur auf einem großen Fernseher die EM-Spiele der deutschen Mannschaft übertragen, dafür locken täglich bekannte Party- und Stimmungsbands sowie am Mittwoch die Autogrammstunde ins Zelt. "Es haben sich sogar mehr als fünf Schauspieler angekündigt", sagt Christa Berger-Stögbauer stolz. Weitere Höhepunkte sind für sie die Versteigerung von Fundsachen aus dem Flughafen am Freitag und das Fischerstechen am Samstag. Bürgermeister Stefan Kolbe wird hier gegen Landrat Stefan Löwl antreten. Und natürlich die Verlosung am Sonntag: Zu jeder, ab 17 Uhr verkauften Mass (Bier und Softgetränke) gibt es ein GratisLos. Reisegutscheine im Wert von 1000 Euro sind nur einer von vielen Hauptpreisen.

Die Reden zum Anstich sind schließlich kurz. Zu "tropisch" (Kolbe) sind die Temperaturen auf der Bühne. Drum füllt er rasch die Krüge zum Anstoßen, lässt es sich aber nicht nehmen, gleich noch einen Marsch zu dirigieren. Schweißgebadet steigt Kolbe zum neunten Mal hinab zu seinen Gästen. "Es ist immer eine Herausforderung", schnauft er und meint damit den Anstich. "Aber wenn wir keine anderen Sorgen haben als die Anzahl der Schläge", lacht er, "dann geht es uns doch sehr gut."

© SZ vom 27.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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