Karlsfeld:Geduldsprobe für Flüchtlingshelfer

  • Am 21. September treffen die ersten von zunächst 300 Flüchtlingen in Karlsfeld ein.
  • Nur 30 Freiwillige haben sich bislang für den Helferkreis eingetragen.
  • Landrat Löwl: Bau der pemanenten Unterkunft in Bergkirchen wird zurückgestellt.

Von Anna-Sophia Lang, Karlsfeld

Der Andrang im Karlsfelder Bürgerhaus überraschte auch Landrat Stefan Löwl (CSU): 500 Bürger besuchten am Dienstagabend die Informationsveranstaltung zur Unterbringung von Flüchtlingen. Löwl hat schon viele solcher Veranstaltungen absolviert, aber selbst in der Stadt Dachau waren es Ende Juli nur 150 Bürger.

Das erklärte Ziel: Die Kommunalpolitiker wollten Ehrenamtliche für einen Helferkreis gewinnen, den es in Karlsfeld noch nicht gibt. Die Zeit drängt: Am 21. September treffen die ersten von zunächst 300 Flüchtlingen ein. Aber der Abend verlief nicht wie erwartet. Nur 30 Karlsfelder meldeten sich für den Helferkreis.

Die überwiegende Mehrheit will helfen

Am Interesse der Bürger lag es offenbar nicht. Das zeigte schon der große Andrang. Auch nicht an der Aufgeschlossenheit. Zwar wurden vereinzelt Sorgen laut, doch die überwiegende Mehrheit will helfen und sorgt sich um das Wohlergehen der Flüchtlinge. Stellvertretend für viele der Besucher appellierte Michael Lentke an die Politik, in der Diskussion über Gesetze und Regeln nicht zu vergessen, dass "hier Leute aus der ganzen Welt ankommen, die sich einfach heimisch fühlen wollen." Aber im Laufe der dreistündigen Veranstaltung zeigten sich mehr Bürger durch die Redner verunsichert als motiviert. Etliche Besucher verließen die Veranstaltung bereits vor dem Ende.

Erst nach mehr als einer Stunde konnten Fragen gestellt werden. Davor hatten Löwl, Karlsfelds Bürgermeister Stefan Kolbe (CSU), die Asylkoordinatorin des Landratsamts, Isabell Sittner, und zwei Caritas-Vertreterinnen gesprochen. Christine Torghele-Rüf sagte, der Helferkreis müsse koordiniert und strukturiert werden. Sie sprach von der Aufteilung in verschiedene "Fachbereiche" und erwähnte, dass auch juristische Fragen eine Rolle spielten. Wer sich engagieren wolle, solle sich vorher überlegen, in welchem Bereich und mit welchem Zeitaufwand. Das löste bei einigen Bürgern Zweifel aus. "Werde ich jetzt gecastet?", fragte eine Frau.

"Lassen Sie sich nicht abschrecken", sagte Kolbe. Dann aber reagierte er verstimmt auf die Kritik eines Bürgers, der meinte, der Helferkreis solle nicht erst eine Woche vor Ankunft der Flüchtlinge gegründet werden. Die Gemeinde hofft auf weitere Rückmeldungen derjenigen, die den Anmeldebogen mit nach Hause genommen haben.

Nach den Sommerferien soll es losgehen

Der Helferkreis soll nach den Sommerferien gegründet werden. Sie enden am 14. September. Eine Woche später ziehen die ersten Asylbewerber in die Traglufthalle an der Einsteinstraße östlich des Kreisverkehrs auf dem freien Feld im Gewerbegebiet ein. Löwl gab den Standort am Dienstagabend bekannt. Dort gab es bereits vor 20 Jahren eine Unterkunft für Asylbewerber. Die Traglufthalle für 300 Menschen soll sukzessive belegt werden. Da 42 Flüchtlinge pro Woche im Landkreis ankommen, werde sie aber wahrscheinlich schnell voll sein, sagte Löwl. Voraussichtlich am Sonntag, 20. September, können die Karlsfelder die Notunterkunft zwischen 17 und 19 Uhr besichtigen.

Auch in Bergkirchen wird zwischen dem Gewerbegebiet Gada und dem Eisolzrieder See eine Traglufthalle errichtet. Sie soll laut Löwl Mitte Oktober bezugsfertig sein. Bisher leben im Bergkirchener Ortsteil Gröbenried 54 Flüchtlinge. Zusätzlich war eine zweite ständige Unterkunft für 75 Personen geplant. Sie wurde nun wegen der Traglufthalle zurückgestellt, wie Löwl mitteilte. "Die Bergkirchener müssen erst einmal mit dieser Situation umgehen", sagte er.

Die geplante feste Asylbewerberunterkunft in Karlsfeld soll Anfang 2016 fertig sein. Zwischen Heizkraftwerk und Lidl werden vier Holzhäuser errichtet, die in je acht Wohneinheiten für sechs Personen insgesamt Platz für 186 Menschen bieten. "Das sind einfache aber doch ansehnliche Gebäude", sagte Löwl. Sie werden nicht vom Freistaat gebaut, sondern von einem privaten Träger, das Landratsamt mietet die Unterkunft dann an. "Das ist bürokratisch schneller und einfacher", sagte Löwl der SZ. Die Unterkunft ist seit zwei Jahren Thema im Karlsfelder Gemeinderat. Die Gemeinde hatte dem Landratsamt das Grundstück bereits 2013 angeboten.

Die Bürger haben viele Fragen

Die Bürger interessierten konkrete Dinge: Dieter Zabel fragte nach der psychosozialen und medizinischen Betreuung der Flüchtlinge, die häufig "für uns unbeschreibliche Erfahrungen" gemacht hätten. Christine Leuchten wollte wissen, ob es möglich sei, als Privatperson unbegleitete minderjährige Flüchtlinge aufzunehmen. Löwl hatte zuvor erklärt, dass der Landkreis von September an zehn bis 15 dieser Kinder pro Woche aufnehmen müsse. Die Kapazitäten bei Betreuung und Unterbringung kämen an ihre Grenzen.

Bernd Fiegenschuh regte an, auf die Erfahrungen bereits bestehender Helferkreise zurückzugreifen. Die potenziellen Helfer wären gerne früher in die Vorbereitung zur Aufnahme der Flüchtlinge eingestiegen: "Wenn solche Projekte bereits existieren, brauchen wir hier nicht das Rad neu erfinden", sagte er.

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