Karlsfeld:Ein Sack voller Probleme

In Karlsfeld streiten drei Bewerber von CSU, SPD und Bündnis um das Bürgermeisteramt - der Wahlsieger ist aber nicht zu beneiden, da die Gemeinde in ihrem urbanen Wandel vor fast unlösbaren Aufgaben steht.

Von Gregor Schiegl

Karlsfeld: Karlsfeld erfährt derzeit einen tiefgreifenden städtebaulichen Wandel. Viele Probleme, etwa der zunehmende Durchgangsverkehr, ändern sich nicht. Sie verschärfen sich nur.

Karlsfeld erfährt derzeit einen tiefgreifenden städtebaulichen Wandel. Viele Probleme, etwa der zunehmende Durchgangsverkehr, ändern sich nicht. Sie verschärfen sich nur.

(Foto: DAH)

Die Gemeinde Karlsfeld befindet sich mitten in einem Transformationsprozess. Sie wandelt sich von einer ländlich geprägten Großgemeinde zu einer städtischen Kommune. Augenfällig wird dies vor allem durch die immer noch laufende Neugestaltung der vierspurigen Münchner Straße, die den Ort teilt. Während ein Großteil der Bürger die urbane Entwicklung als Modernisierung und längst überfällige Anpassung an die Erfordernisse der Zeit begrüßt, gibt es aber auch Kritik am Ergebnis. Viele Bürger tun sich schwer mit den wuchtigen neuen Gebäuden, denen im Zuge der Bebauung der Neuen Mitte weitere folgen sollen, darunter ein achtstöckiges Wohnhaus. Alles wird immer höher, immer enger. Vielen gefällt das nicht.

Doch die Gemeinde steckt in einem Korsett drängender Probleme. Karlsfeld ist die flächenmäßig kleinste Gemeinde im Landkreis, nach Einwohnern aber die größte. Will sie also nicht weiter die letzten Grünreserven opfern, muss sie verdichten und in die Höhe wachsen. Der Wohnungsmarkt steht unter Druck. Nirgendwo im teuren Landkreis Dachau sind Immobilienpreise und Mieten so hoch wie in Karlsfeld. Viele Familien können sich die Kosten nicht mehr leisten und müssen wegziehen. Die Junge Union fordert deshalb bereits eine Neuauflage des Einheimischenmodells. Das riesige Neubaugebiet westlich der Bahn konnte die Situation auch nicht entschärfen. Vor allem Münchner kauften sich dort ein. Es spricht wenig dafür, dass es bei der Neuen Mitte anders sein wird, deren 220 Wohneinheiten 2016 fertiggestellt sein sollen.

Der starke Zuzug hat zur Folge, dass die Gemeinde die Infrastruktur erheblich ausweiten muss: Die Grundschule muss erweitert werden, nur mit Ach und Krach konnte die Gemeinde noch Schritt halten und die gesetzlich garantierten Plätze für Kinderbetreuung schaffen. Bürgermeister Stefan Kolbe (CSU) hat deshalb auch die Losung ausgegeben, nun erst einmal "auf die Bremse treten" zu wollen. Karlsfeld stößt mit seinen Leistungen für Kinderbetreuung an seine Grenzen - auch finanziell. 2014 wird die Gemeinde voraussichtlich drei Millionen Euro allein in den Betrieb seiner Kindertagesstätten stecken.

Dabei lebt die Gemeinde auf Pump. Wichtige Gewerbesteuerzahler wie "Eon" haben Karlsfeld den Rücken gekehrt, die Einnahmen sind dramatisch eingebrochen. Wegen der guten Konjunktur hat sich die Bilanz wieder etwas verbessert, dennoch reichen die Mittel hinten und vorne nicht. Die öffentlichen Gebäude sind in die Jahre gekommen und müssen aufwendig saniert werden. Das wird noch Millionenbeträge verschlingen. Schon wird über die Ausweisung eines neuen Gewerbegebiets diskutiert. Es ist eines der schwierigsten und brisantesten Themen in Karlsfelds Kommunalpolitik. 2010 scheiterte die Gemeinderatsmehrheit von CSU und SPD nach harten Auseinandersetzungen mit wütenden Bürgern mit ihrem Ratsbegehren für ein Gewerbegebiet im Grünzug.

Politische Dauerbrenner ist der Verkehr: Karlsfeld ist der Flaschenhals für die Pendler aus dem Landkreis, die nach München fahren. Wegen der erwarteten Ausweisung zahlreicher neuer Wohngebiete im Zuge des Ausbaus der Linie A ist damit zu rechnen, das künftig noch mehr als die bisher 40 000 Fahrzeuge am Tag sich durch den Ort wälzen werden. Auf lokaler Ebene ist das Problem nicht zu lösen. Darüber macht sich niemand Illusionen.

Zur Wahl treten in Karlsfeld diesmal vier Gruppierungen an: CSU und SPD, Bündnis für Karlsfeld und erstmals auch wieder die Freien Wähler (FW), die früher schon einmal im Gemeinderat vertreten waren. Die Piraten bekamen die erforderliche Zahl von Unterschriften nicht zusammen, um sich zur Wahl anzumelden. Nun kommt es zu einer Neuauflage im Wettbewerb zwischen Stefan Kolbe (CSU und nun Amtsinhaber), Reinhard Pobel (SPD) und Mechthild Hofner (Bündnis für Karlsfeld). Die Freien Wähler haben auf einen eigenen Bewerber verzichtet. Dafür, so hieß es, sei es noch zu früh. 2020 sei es dann so weit.

Kolbe und seine CSU sind eindeutig in der Favoritenrolle. Ob sie die knappe absolute Mehrheit ihres Wahltriumphs von 2008 verteidigen können, ist zweifelhaft. Zuwächse sind vor allem beim Bündnis zu erwarten, das sich als kritische Alternative zu den schwarz-roten Konsenspositionen profiliert hat. Inwieweit die Freien Wähler punkten können, wird sich zeigen. Für die SPD, die angetreten ist, das Rathaus zurückzuerobern, dürfte es schon ein Erfolg sein, wenn sie nicht hinter das schlechte Wahlergebnis von 2008 zurückfällt.

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