Karlsfeld:Der Unverbesserliche

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Kommt er, oder kommt er nicht? Andreas Turner soll sich den Fragen des Gemeinderats stellen. (Foto: Jørgensen)

Karlsfelds Politneuling und Bündnis-Gemeinderat Andreas Turner eckt immer wieder an - auch in der eigenen Fraktion

Von Gregor Schiegl, Karlsfeld

Bei der vergangenen Kommunalwahl gewann das Bündnis für Karlsfeld einen fünften Sitz hinzu. Bis auf Fraktionschefin Mechthild Hofner kamen für die kleine Öko-Fraktion lauter Neulinge in den Gemeinderat, darunter mit Bernd Rath und Birgit Piroué zwei Aktivisten der Bürgerinitiative Ortsentwicklung. Das anfängliche Misstrauen der Kollegen von CSU und SPD konnten sie durch konstruktive und seriöse Arbeit schnell ausräumen. Dafür macht Politnovize Andreas Turner, der über Listenplatz fünf eingezogen ist, umso mehr Ärger - und das auch der eigenen Fraktion.

Im Gemeinderat provozierte er jüngst sogar einen handfesten Eklat. Turner hatte im ergänzenden Verfahren zum Bebauungsplan des Ortszentrums Neue Mitte eine schriftliche Stellungnahme eingereicht, in der er sowohl die Verwaltung wie auch seine Gemeinderatskollegen kräftig abwatschte. Die Räte hätten sich einer "massiven Veruntreuung öffentlicher Gelder schuldig" gemacht, behauptete er. Begründung: Die Gemeinde habe bei der Planung der Ortsmitte viel zu wenig Stellplätze vorgeschrieben. Die werde sie früher oder später auf eigene Kosten bauen müssen. Turner brandete eine Welle der Empörung entgegen. Mehrfach forderten ihn Gemeinderäte von CSU und SPD auf, diesen ungeheuerlichen Vorwurf zurückzunehmen. Der dachte aber gar nicht daran. Solange ihm keiner nachvollziehbar darlege, warum die Parkplätze doch reichen sollten, bleibe er bei seiner Meinung. Wörtlich hatte er geschrieben "was für mich an sich schon eine massive Veruntreuung öffentlicher Gelder ist". Ob man die Aussage nun als Tatsachenbehauptung oder als Meinungsäußerung interpretiert, wäre allenfalls bei einer Verleumdungsklage gegen Turner von Belang. Was die Gemeinderäte so auf die Palme brachte, war der schlechte Stil im persönlichen Umgang. "Das geht voll unter die Gürtellinie", beschwerte sich Johann Willibald von der CSU.

Die unterstellte Veruntreuung war nicht die einzige Entgleisung. Turner behauptete, die Starkstromleitungen der Bahn würden über die Wohnungen der Neuen Mitte führen "direkt über die Ecke des 4. OG'S". Um die Gesundheit der Bewohner schere sich keiner. Tatsächlich führen die Stromleitungen in gehörigem Abstand über die großflächigen Märkte. Eine andere Planung gab es nie. Die Gebäude der Neuen Mitte bezeichnete er als Kisten, die für ihn "wirklich nur noch hässlich" seien. Das Bauamt habe "mal wieder ganze Arbeit geleistet". Der Satz endet mit einem sarkastischen "Vielen Dank, Herr Endres." Solche persönlichen Angriffe - Endres leitet das Bauamt - fand wiederum SPD-Chef Franz Trinkl völlig inakzeptabel. Aber auch hier dachte der Bündnis-Gemeinderat nicht daran, sich zu entschuldigen. Turner hat eine sehr weit gefasste Vorstellung von Meinungsfreiheit, die man überspitzt so zusammenfassen könnte: Sagen kann man alles, und wenn es dann doch nicht stimmen sollte, kann man es ja immer noch zurücknehmen.

Mit seiner nassforschen Art eckt er nicht zum ersten Mal an. Einmal fragte er den von der Gemeinde beauftragten Anwalt, ob er bereit sei, auf sein Honorar zu verzichten, sollte sich seine rechtliche Bewertung als falsch herausstellen. Ein andermal bot er an, einen Bauauftrag der Gemeinde selbst zu übernehmen - und zwar günstiger, als es die Teilnehmer der Ausschreibung angeboten hatten. Usancen und Regeln interessieren den hemdsärmligen Neuling wenig. Viele seiner Beiträge beginnen mit "Könnte man nicht . . . ?"

Im Bündnis herrscht über Turners überschießende Art auch nicht eitel Freude. Parteichef Adrian Heim klingt am Telefon ziemlich gequält. Eigentlich sei es ja nicht üblich, dass ein Gemeinderat zu einem Bauvorhaben schriftlich Stellung abgebe, sagt er. Die Fraktion habe davon auch nichts gewusst. "Über Verlauf und Inhalt der Sitzung waren wir nicht glücklich", gibt Heim zu. Offene Kritik an seinem Parteifreund versagt er sich. Nur so viel ringt er sich ab: "Ich persönlich bin ein eher altmodischer Mensch. Ich lege Wert auf Höflichkeit und gute Umgangsformen."

© SZ vom 06.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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