Karlsfeld:Der Lärm der 30.000

Zum Wohl der Anwohner: Karlsfeld will ein Tempolimit für Münchner Straße durchsetzen - mit Folgen für die umstrittene Dachauer Ostumfahrung.

Gregor Schiegl

Jeden Tag rollen mehr als 30.000 Autos, Busse und Lastwagen über die Münchner Straße in Karlsfeld. Wenn Anwohner tagsüber das Fenster öffnen, müssen sie durchschnittliche Lärmpegel von 70 Dezibel und mehr ertragen, in der Nacht können es immer noch 60 sein. Damit erfüllt die vierspurige Durchgangsstraße klar die Bedingungen eines "Lärmschwerpunkts" im Sinne der EG-Umgebungsrichtlinie.Deren erste Stufe wird derzeit bundesweit umgesetzt.

Auspuff eines Autos

ARCHIV - Abgas kommt aus dem Auspuff eines Autos (Archivfoto vom 21.01.2005). Der vom Menschen verursachte Klimawandel verändert die Natur massiv und weltweit: Er sorgt für eine frühere Schneeschmelze, erwärmt Flüsse, Seen und Meere, lässt Pflanzen früher blühen oder verändert das Verhalten von Tieren. Das berichtet ein internationales Forscherteam nach der Auswertung von fast 30 000 Datensätzen im Fachblatt ´Nature" (Bd. 453, S. 353) vom Donnerstag (15.05.2008). Foto: Alexander Rüsche (zu dpa 0264 vom 14.05.2008) ACHTUNG SPERRFRIST 14. Mai, 19.00 Uhr +++(c) dpa - Bildfunk+++

(Foto: dpa)

Für die Gemeinde Karlsfeld, aber auch Tausende Pendler aus dem Landkreis Dachau könnte dies weitreichende Folgen haben.

Die Einstufung als Lärmschwerpunkt könnte nach Einschätzung von Umweltreferentin Mechthild Hofner (Bündnis für Karlsfeld) zu einem schlagenden Argument Karlsfelds werden, die umstrittene Dachauer Ostumfahrung zu blockieren: In Karlsfeld rechnen alle politischen Vertreter mit einer Zunahme des Verkehrs in Folge der Umfahrung; strittig ist nur, wie stark diese dann ausfiele.

Für die Entschärfung des Lärmschwerpunkts sieht die EG-Richtlinie einen Aktionsplan vor, zu dem Schallschutzmaßnahmen wie Flüsterasphalt, Lärmschutzwände, Wälle, gedämmte Fenster oder eben auch Tempolimits gehören. Der zuständige Baulastträger, das Staatliche Bauamt Freising, hat laut Gemeinde aber bereits ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es die Kosten für die Sanierung nur "im Rahmen vorhandener Mittel" übernehme - und die sind knapp.

Ein lärmmindernder Fahrbahnbelag auf der Münchner Straße stehe jedenfalls "kurz und mittelfristig nicht in Aussicht", Lärmschutzwände kämen schon aufgrund fehlender Flächen und städtebaulicher Erwägungen nicht in Betracht. Pläne für einen Karlsfelder Tunnel wurden schon vor Jahren politisch begraben.

"Viel Lärm um nichts", kommentierte Hiltraud Schmidt-Kroll (SPD) enttäuscht. Wolfgang Offenbeck (CSU) sah nur einen Ansatzpunkt, für den sich der Gemeinderat auch einstimmig aussprach: eine Temporeduzierung. "Eigentlich kann's nur so laufen." Danach würde die zulässige Höchstgeschwindigkeit auf der Münchner Straße von 60 auf 50 Kilometer pro Stunde gesenkt werden, auf der B304 bis zur Kreisstadt Dachau von 100 auf 80. Für die Karlsfelder würde es damit nicht nur leiser. Auch die Lebensqualität in der Münchner Straße, die die Gemeinde städtebaulich aufwerten möchte, würde sich stark verbessern.

Forderungen nach einem Tempolimit hat die Gemeinde Karlsfeld in den vergangenen Jahren zwar immer wieder erfolglos erhoben. DochVerkehrsreferent Bernd Wanka (CSU) glaubt: "Die Chancen waren in den letzten 20 Jahren nie so gut wie heute." In der Stellungnahme des Bauamts sei "zwischen den Zeilen zu lesen", dass die Behörde nur "auf Zuruf wartet".

Die Verkehrsbehörde im Landratsamt müsse ihr nur einen entsprechenden Prüfauftrag erteilen. Bürgermeister Stefan Kolbe (CSU) zeigte sich aber skeptisch, ob der Vorstoß der Gemeinde im Landratsamt am Ende nicht doch wieder "lapidar scheitert".

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