TSV Eintracht Karlsfeld:"Bei den Fußballern ist die Not groß"

Seit Herbst ist Rüdiger Meyer Vorsitzender des größten Sportvereins im Landkreis, des TSV Eintracht Karlsfeld. Dieser braucht mehr Platz, hat aber wie die Gemeinde kein Geld übrig. Der Präsident sucht einen Weg zwischen Mangelverwaltung, Improvisation und Entwicklung

interview Von Gregor Schiegl, Karlsfeld

Schon seit Dekaden muss das gemeindliche Sportgelände in Karlsfeld erweitert werden. Doch umfangreiche Investitionen in Infrastruktur und Bildung sowie die Sanierung öffentlicher Gebäude machen das bereits begonnene Millionenprojekt auf Jahre hinaus unfinanzierbar. Für den TSV Eintracht Karlsfeld, der mit 4200 Mitgliedern der größte Sportverein im Landkreis ist, ist dies eine schwierige Situation. Und ganz besonders für Rüdiger Meyer, der als Präsident des TSV seit Oktober 2014, einen Kurs finden muss zwischen Mangelverwaltung, Improvisation und echter Fortentwicklung.

SZ: Herr Meyer, halten Sie die Sportpark-Pläne, wie sie vor 20 Jahren diskutiert wurden, überhaupt noch für realistisch?

Rüdiger Meyer: Ich halte sie für sinnvoll und richtig - mit allem, was damals erarbeitet und geplant wurde. Und wenn es der Gemeinde gelingen sollte, wieder mehr Geld zu verdienen, beispielsweise indem sie mehr Gewerbe ansiedelt, dann halte ich diese Pläne schon für realistisch. Wir vergrößern uns in Karlsfeld vergrößert sich ja auch sonst an allen Ecken und Enden.

Rennen Ihnen die Neubürger von westlich der Bahn schon die Bude ein?

Davon merken wir noch nichts. Wir haben eine nahezu konstante Mitgliederzahl. Aber viele Häuser am Prinzenpark werden ja jetzt erst bezogen. Die Welle rollt mit Sicherheit noch auf uns zu.

Der TSV hat 14 Abteilungen unter seinem Dach. Wie viele davon können überhaupt noch Mitglieder aufnehmen?

Wir sind dabei, eine neue Bestandsaufnahme zu machen. Aber im letzten Jahr haben wir ja gesehen, wie schwierig es ist. Wenn ich in den Hauptausschusssitzungen die Sportberichte höre, höre ich immer, wie gut die Leistungen sind, die erbracht werden. Aber es kommt immer die Einschränkung: Wir könnten noch besser sein, wenn wir zweimal die Woche trainieren könnten. Das ist das eigentlich Traurige.

Wo Ressourcen knapp sind, gibt es auch Verteilungskämpfe. Streiten die Abteilungen um Räume und Zeiten?

Hie und da gibt es mal Missverständnisse, so würde ich das nennen. Die sind aber klärbar. Bei uns in den Abteilungsleitungen sitzen ja vernünftige Leute. Wir haben einen Status quo, der von allen akzeptiert wird. Wie es aussehen würde, wenn wir zusätzliche Plätze bekämen, kann ich nicht sagen. Ich wäre gerne in dieser Situation.

Aus der Außenperspektive hat man immer den Eindruck, bei den Fußballern sei die Not am größten. Stimmt das?

Bei den Fußballern ist die Not groß, aber sie ist genauso groß in der Volleyball-Abteilung; die haben sich sogar schon beim ASV in Dachau eingemietet. Wir suchen nach Lösungen, aber das bedeutet immer auch einen finanziellen Aufwand. Wir haben Zeiten an der Verbandsgrundschule, wir sind in der Grundschule an der Krenmoosstraße, wir haben unsere eigene Halle, aber mehr gibt es nicht. Da ist natürlich immer die Frage an den Bürgermeister: Kann er im Landkreis noch was für uns finden?

TSV Eintracht Karlsfeld: Rüdiger Meyer ist Präsident des TSV Eintracht Karlsfeld. Er muss die Interessen von 14 Abteilungen unter einen Hut bringen - auf begrenztem Raum.

Rüdiger Meyer ist Präsident des TSV Eintracht Karlsfeld. Er muss die Interessen von 14 Abteilungen unter einen Hut bringen - auf begrenztem Raum.

(Foto: Niels P. Jørgensen)

Haben Sie einen guten Draht ins Rathaus?

Der Kontakt zum Bürgermeister ist gut, sehr gut sogar. Man merkt, dass Stefan Kolbe eine Beziehung zum Verein hat, er war ja selbst lange Zeit aktives Mitglied im Handball. Wir sind in sehr engen Zyklen im Gespräch, tauschen die Probleme aus und versuchen, Lösungen zu finden.

Lösungen, die kein Geld kosten?

Wir sind im Gespräch, was unter den gegenwärtigen Rahmenbedingungen möglich ist: Wo kann man Erweiterungen realisieren? Wo kann man mit kleineren Maßnahmen weiterkommen in der Entwicklung des Vereins? Aber ich rechne nicht damit, dass wir das, was wir mal genehmigt bekommen hatten - nämlich den Anbau der Halle - in der nächsten Zeit umsetzen können. Deswegen müssen wir andere Möglichkeiten suchen.

Zum Beispiel?

Eine davon ist die Fachoberschule, die in Karlsfeld eine Halle bauen wird. Im September 2016 soll sie fertiggestellt werden. Der Bürgermeister ist in intensiven Gesprächen mit der Schule, um Zeiten für uns zu reservieren, am Nachmittag und am Abend. Wir müssen unsere Sportplanung so durchdenken, dass ein Profit für uns rauskommt. Wir verlagern Sportarten, die eine kleine Halle brauchen, und schaffen so Raum in einer großen Halle. Das sind viele Kleinigkeiten, die uns in Summe aber schon weiterhelfen.

Im Sportpark wird aber nichts gebaut?

Was wir machen können und wollen, ist auszuloten, was die Baugrenzen des bestehenden Geländes zulassen, auch da sind wir im Gespräch. Wenn wir wissen, was sie zulassen, können wir im nächsten Schritt überlegen, was sich noch umsetzen lässt: Kann man noch ein Übungsfeld für Fußball bauen oder für Beach-Sport? Wir könnten in den Garagen mit Umbaumaßnahmen auch einen Kraftraum einrichten. Es wird sich schon was finden, aber es wird nicht der große Wurf werden.

Viele Vereine lassen sich ihre Hallen von Unternehmen sponsern. Wäre das nicht auch ein Modell für Sie?

So aus dem Bauch heraus: Wunderbar, wir sollten mal mit der Allianz reden! Es ist nur die Frage, wie attraktiv wir sind, wir bräuchten schon einen großen Namen. Die Allianz stellt so eine Arena ja nicht hin, weil sie den Sport so lieben würde.

Wie sieht es bei Ihnen aus mit Trikot- und Bandenwerbung?

Die gibt es, aber das sind keine großen Einnahmen, und die sind seit Jahren rückläufig. Schauen Sie raus: An den Banden sind viele leere Felder. Das Interesse am Verein ist ein bisschen verloren gegangen. Wir haben auch mal Kontakt aufgenommen zum Gewerbe in Karlsfeld und Umgebung in der Hoffnung, dass wir Unterstützung in Form von Leistungen bekommen. So richtig funktioniert hat es nicht.

Warum ist es nicht möglich, dass der Verein selbst die Erweiterung anpackt? Die Zinsen sind niedrig wie nie.

Als größter Verein im Landkreis organisieren wir 14 Abteilungen, das geht nicht einfach so locker von der Hand. Deswegen beschäftigen wir ja Personal; das muss aber auch bezahlt werden. Hinzu kommt, dass wir vor 25 Jahren die Halle selber gebaut haben. Damals wurden Darlehen aufgenommen, die heute noch bedient werden. Wir haben für die Dachsanierung ein Darlehen aufgenommen, das wir abtragen müssen. Wir haben in den letzten Jahren festgestellt, dass es rein regnet und mussten dafür noch mal ein Darlehen aufnehmen. Das heißt, unsere Belastung durch Darlehen ist schon erheblich. Der Spielraum für weitere größere Darlehen ist sehr eng.

Zur Person

Rüdiger Meyer ist gebürtiger Karlsfelder, hier hat er auch fast sein ganzes Leben verbracht. Zunächst besuchte er die Grundschule in der alten Barackensiedlung der Gerberau und wechselte dann in die neue Verbandsgrundschule München Karlsfeld, sein Abitur machte er am Josef-Effner-Gymnasium in Dachau. Nach der Bundeswehr studierte er Maschinenbau. Den überwiegenden Teil seines Berufslebens arbeitete der mittlerweile 60-Jährige für einen großen Münchner Automobilkonzern, unter anderem als Projektleiter. Nachdem er jetzt in die Freizeitphase seiner Altersteilzeit eingetreten ist, kann er sich ganz der Vereinsarbeit widmen. Meyer gehört dem Präsidium des TSV seit 2013 an, im Oktober 2014 wurde er als neuer Präsident gewählt. Zum Verein kam der Familienvater über seine zwei Kinder. Bei einem Grillfest ließ er sich spontan überreden, die Abteilungsleitung für die Leichtathletik zu übernehmen, musste diese Aufgabe aber wegen der beruflichen Belastung nach einer Periode wieder aufgeben. Meyer bekennt freimütig, er sei nie besonders sportlich gewesen, allerdings habe sich das durch den TSV geändert. Bis heute ist Rüdiger Meyer immer noch Mitglied einer aktiven Laufgruppe. gsl

Ein neues Vereinsheim ist also definitiv nicht drin?

Ich kann nicht verantworten, so etwas zu machen. Dann hätte ich ein Problem zu erklären, wie ich so etwas ohne weitere Beitragserhöhungen bezahlen sollte.

Beitragserhöhungen sind nie populär, aber sollte man sie deshalb ausschließen?

Wir haben erst im vergangenen Jahr eine Beitragserhöhung gehabt. Die mussten wir machen, auch zur Finanzierung der genannten Maßnahmen. Aber die Kosten für eine neue Halle schätze ich auf acht Millionen Euro, das ist eine Größenordnung, die nicht so ohne weiteres stemmbar ist. Und wir wollen und werden jetzt nicht ständig Mitgliedsbeiträge erhöhen.

Hat der TSV Abteilungen, die überhaupt noch Mitglieder brauchen können?

Die Tanzsportabteilung, sie ist sehr klein. Es ist nicht nur Turniertanz, der dort angeboten wird, sondern auch Breitensporttanz. Ich tanze selber in einem Kurs, es macht Spaß! Im Tischtennis würden uns ein paar jüngere Mitglieder auch nicht schaden. Leider fehlen uns hier auch die Jugendübungsleiter. Was ich mir persönlich noch wünschen würde, wäre ein Basketball-Team. Wir haben jetzt einen Übungsleiter und wir haben eine kleine Trainingszeit gefunden, sodass wir jetzt eine Gruppe mit Jungs im Mittelschulalter starten können. Wir schauen mal, wer nach Ostern zu einem Probetraining kommen will.

Wäre das dann die 15. TSV-Abteilung?

Wir sollten die Gruppe erst einmal bei einer Abteilung hospitieren lassen. Wenn sie größer wird und die Synergien mit der gastgebenden Abteilung nicht mehr vorhanden sind, kann man über eine eigene Abteilung nachdenken. Aber man braucht auch Leute, die bereit sind, das zu machen. Spieler findet man leichter als Trainer und Abteilungsleiter.

Wagen wir einen Blick ins Jahr 2020: Was wünschen Sie sich bis dahin?

Ich würde mir wünschen, dass Karlsfeld Standort eines neuen Gymnasiums wird und wir die Halle nutzen können. (Lacht.) Wie gesagt, wünschen würde ich mir das schon!

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: