Karlsfeld:An der Leistungsgrenze

Auch das 7. Bürgerforum in Karlsfeld fordert ein "maßvolles Wachstum". Die Frage ist nur: Was ist noch moderat?

Wolfgang Eitler

Aller Voraussicht nach werden die Mandatsträger im ganzen Landkreis Dachau die Geister nicht mehr los, die sie selbst gerufen haben. Weil der Kreistag, weil sich die 17 Gemeinden in den Verhandlungen mit München eine starkes Mandat vom Bürgern wünschen, also einen klaren Auftrag, mit welcher Position sie dem Siedlungsdruck aus der Landeshauptstadt begegnen sollen, haben sie eine landkreisweite Bürgerbeteiligung angestoßen. Sie befindet sich in der zweiten, vorentscheidenden Phase. Als klare Botschaft forderten die 80 Teilnehmer am Bürgerforum für Dachau und Karlsfeld am Dienstagabend eine ständige interkommunale Zusammenarbeit aller 17 Gemeinden; und zwar stets mit dem Bürger.

Karlsfeld: Die Kommunen im Landkreis müssen an einem Strang ziehen. Diese Erkenntnis kristallisiert sich immer deutlicher aus den Konferenzen des Bürgerforums ab. Im Bild: die Mandatsträgerkoferenz im Dachauer Ludwig-Thoma-Haus im März.

Die Kommunen im Landkreis müssen an einem Strang ziehen. Diese Erkenntnis kristallisiert sich immer deutlicher aus den Konferenzen des Bürgerforums ab. Im Bild: die Mandatsträgerkoferenz im Dachauer Ludwig-Thoma-Haus im März.

(Foto: © joergensen.com)

Bei diesem Modell wäre nicht die einzelne Kommune die kleinste und im Kern wichtigstes planerische Einheit, sondern der Landkreis Dachau selbst. Etwaige Bedenken, wie den Eingriff in kommunale Selbstverwaltung, interessieren anscheinend nicht. Denn die Bürgerforen sehen die Politik vor Problemen gestellt, die nur noch miteinander gelöst werden können. "Wir in Karlsfeld haben die Lasten und der übrige Landkreis bekommt die Gewerbesteuer", hieß es am Dienstagabend.

Ins Positive gewendet: "Wir müssen uns ergänzen und übereinstimmen." Über den ganzen Landkreis hinweg sollten neue Gewerbegebiete gemeinsam geplant werden. Dann aber gehörten alle anderen Gemeinden, die Verzicht leisten, über einer interkommunalen Ausgleich entschädigt werden. Wenn die Karlsfelder keine Unternehmen mehr ansiedelt, dafür aber Dachau oder Vierkirchen oder Bergkirchen, müssen sie an der Gewerbesteuer beteiligt werden und nicht bloß - zynisch formuliert- an den Abgasen des Verkehrs durch das Nadelöhr der B 304 Richtung München. Wie Moderator Holger Magel, Siedlungsexperte von der Technischen Universität, ausführte, gibt es solche Modelle bayernweit schon seit 15 Jahren: "Aber sie stecken immer noch in den Anfängen."

Das Bürgerforum von Karlsfeld und Dachau hat dem Planungsbüro Grontmij diese gemeinsame Forderung als Auftrag für die nächste, abschließende Phase der Bürgerbeteiligung im Herbst mitgegeben, in der die Debatte um ein Leitbild für den ganzen Landkreis beginnen soll. Bis dahin werden Kommunalpolitiker und Bürger sich darüber einigen müssen, wie viel Wachstum sie überhaupt zulassen wollen. Nach aktuellen Berechnungen muss Dachau mit einem Zuzug von 20 000 Menschen in den nächsten 20 Jahren rechnen. Wie in Altomünster oder in Weichs waren sich die Teilnehmer des Karlsfelder Forums darin einig, dass der Landkreis moderat wachsen soll. Einige forderten maximal zwei Prozent jährlich. Vor 30 Jahren lebten im Landkreis 100 000 Menschen. Seit Januar 2012 sind es knapp über 140 000 Einwohner. Das entspricht einem Wachstum von etwa einem Prozent pro Jahr. Schon diese Zunahme den Landkreis an seine Leistungsgrenze gebracht.

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