Karin Schuff:"Caramba"

Warum die Dachauer Malerin den Ausruf "Donnerwetter" zutreffend für ihre Kunst findet - und ganz besonders für ihre neue Ausstellung in der Galerie der Künstlervereinigung

Von Wolfgang Eitler, Dachau

Karin Schuff lacht gerne. Auch über sich, über ihre Kunst. Sie amüsiert sich über ihr eigenen Bilder und erzählt die Geschichte der Entstehung als eine langwierige, aber letztlich wunderbare Arbeit. "80 Prozent werfe ich weg." Und: "Ich weiß nie so richtig, wann ein Bild fertig ist." Dann muss sie innehalten, wegschauen, um neu zu sehen. Klingt ziemlich anstrengend. Ist es auch. Da hilft nur Humor.

Sie lacht auch über Reaktionen auf ihre Kunst. Da war ein Patient in der Arztpraxis ihres Mannes, der die Bilder abfällig kommentierte: "Jetzt bin ich krank, und muss mir noch solche Bilder anschauen." Und ein anderer Patient fragte Dr. Schuff besorgt: "Ist ihre Frau depressiv?" Bloß weil die Künstlerin bewegte Kreise und Linien malt, die sich dem üblichen wieder erkennenden Sehen und der Möglichkeit der gegenständlichen Bezeichnung entziehen? Mit einem Lachen vertreibt sie im Gespräch in der Galerie der Künstlervereinigung Dachau (KVD) die Kritik, aber sie ist wegen der Ablehnung nicht erbost. An diesem Donnerstag eröffnet sie ihre erste große Einzelausstellung seit Langem in Dachau. In der Stadt ist sie in den vergangenen Jahren als engagiertes KVD-Mitglied aufgetreten, das sich darum kümmert, dass die Vereinigung lebendig bleibt und auch eine Zukunft hat.

Ihre größte Einzelausstellung hatte die 52-jährige Malerin im Jahr 2010 im baden-württembergischen Herrenberg bei Stuttgart, in der dortigen großen Kunsthalle, wo sie 75 teils großformatige Gemälde präsentierte. Der Leiter des Kulturzentrums, Professor Helge Bathelt, schrieb damals über Karin Schuff, dass er ganz bewusst zwei Bilder des dänischen Künstlers K. R. H. Sonderborg (1923 bis 2008) habe hängen lassen, um die Qualität der Arbeiten von Karin Schuff eindrucksvoll zu dokumentieren: "Als Beweis dafür, dass hier auf gleicher Augenhöhe gearbeitet wurde, Lichtjahre entfernt von einer Gegenstandslosigkeit, die mehr verstellt als eröffnet, mehr vorgibt als sie inhaltlich einzulösen in der Lage ist." Sonderberg war einer der wichtigsten Vertreter des Informel. Es handelt sich dabei um eine spezielle Richtung der abstrakt-expressiven Kunst, in der die Formwerdung im Bild thematisiert wird. Bathelts Einordnung führt schon sehr nahe an Karin Schuff heran.

Karin Schuff: Karin Schuff zeigt in der KVD-Galerie ausnahmslos neue Werke.

Karin Schuff zeigt in der KVD-Galerie ausnahmslos neue Werke.

(Foto: Toni Heigl)

Dieses Jahr war die gebürtige Schwedin Karin Schuff aus Malmö in ihrem Heimatland zu sehen. Eine Kollegin, erzählt die Malerin, betrat den Galerieraum, schaute sich um und rief: "Caramba." Schuff lacht. "Caramba", sagt sie, "gefällt mir." Das Wort ist ein unmittelbarer Ausdruck eines Gefühls des Erstaunens und auch der Bewunderung. Aber noch mehr vermittelt es für sie die Impulsivität ihrer Malerei. Der Ausruf bedeutet so viel wie "Donnerwetter". Er passt auf die neuen Arbeiten - Schuff zeigt nur Bilder, die in diesem Jahr entstanden sind - sehr gut, besser als auf viele alten. Denn in ihnen war immer noch so ein Gefühl von Kalkül, Überlegung, Schuff sagt "Zögerlichkeit", zu spüren. Nun sagt sie: "Jetzt führe ich den Schwung aus, auch wenn er über das Tafelbild hinaus reicht." Sie hat das Gefühl, endlich ihre Zurückhaltung in der Kunst aufgegeben zu haben.

Deshalb findet sie auch das Prädikat "tänzerisch" für ihre neuen Werke zutreffend. Tatsächlich schwingen sie die Linien wie choreografische Bewegungen durch die weiße Fläche und bilden in sich ver-rückte Räume, die teilweise wie gekrümmt ausschauen. Dann wieder scheint eine heftig mit breitem Pinsel aufgetragene Schwingung den imaginären Raum zu umarmen. Deshalb auch der Titel der Ausstellung "Zwischenräume".

Man sieht, mit den üblichen Einteilungen in gegenständliche und nicht gegenständliche Kunst kommt man bei Karin Schuff nicht sehr weit. Eher mit Begriffspaaren wie: Bewegung und Innehalten, Linie und Raum oder Fläche und Textur. Diese Perspektive auf die Kunst geht auf den Schweizer Kunsthistoriker Heinrich Wölfflin (1864 bis 1945) zurück, der damit die Entstehung der modernen Kunst massiv beeinflusste. Karin Schuff sagt, dass sie Wölfflin sehr schätzt.

Karin Schuff: Karin Schuff lebt in Dachau und stammt aus Malmö in Schweden. Die neuen Arbeiten resultieren aus einem Aufenthalt auf Capri.

Karin Schuff lebt in Dachau und stammt aus Malmö in Schweden. Die neuen Arbeiten resultieren aus einem Aufenthalt auf Capri.

(Foto: Toni Heigl)

Warum ihr der Ausruf "Caramba" so gut gefällt, ist allerdings immer noch nicht hinreichend geklärt. Karin Schuff sagt dann, dass sie sich jetzt beim Malen freier fühlt, im Sinne von innerlich gelöster als früher. Interessanterweise verzichtet sie nun in der Ausstellung in der KVD-Galerie auf das bei ihr sonst so dominante Schwarz zugunsten von Grau- und Blautönen. Karin Schuff erzählt, dass sie zu einem Stipendium des schwedischen Staats in der Munthe-Villa auf Capri war. Und dort waren diese sanften Farben in der Natur bei einem bestimmten Lichteinfall zu erleben.

Karin Schuff: "Zwischenräume", KVD-Galerie, Vernissage, Donnerstag, 20. Oktober, 19.30 Uhr, in der Kulturschranne.

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