Jugendtheater:Und die Emma dampft sogar

Jim Knopf ist ein kleines Mädchen, Lukas wirkt ziemlich abgeklärt, der Halbdrache interessiert sich fürs Publikum: Die Jugendschauspieler des ASV bringen Michael Endes Märchen als witziges Musical auf die Bühne

Von Katarina Machmer, Dachau

Im Theatersaal wird es ruhig, die Lichter gehen aus. Doch ehe sich der Vorhang öffnet, treten zwei Mädchen auf. Sie sind die Erzähler des Musicals, das die Jugendbühne des Allgemeinen Sportvereins (ASV) Dachau dieses Jahr zum ersten Mal präsentiert. Eine der Darstellerinnen hält ein Buch in die Höhe und verkündet: "Das ist die Geschichte von Jim Knopf und Lukas, dem Lokomotivführer. Soll ich sie euch erzählen?" Aus dem Publikum, das vorwiegend aus Kindern besteht und den Beginn der Vorführung gar nicht mehr abwarten kann, ertönt lautstarke Zustimmung. Und so geht der Vorhang schließlich auf: Die restlichen Darsteller kommen heraus, die Jüngste ist fünf Jahre alt, und führen ihren ersten Song inklusive dazu einstudierter Tanzeinlagen vor. Ein rührendes Schauspiel, das sogleich von den erwachsenen Zuschauern begeistert bejubelt wird.

Lobenswerte Schauspielkunst

Da ist es nicht weiter schlimm, dass manch einer der jungen Akteure zu leise spricht oder sich auf der großen Bühne nicht so ganz zurecht findet. Freude am Schauspiel haben die Kinder auf jeden Fall - besonders die beiden Hauptdarsteller, die schon seit Jahren im Rampenlicht stehen: Sandro Heidenreich, zwölf, der Lukas, den Lokomotivführer spielt und Delia Layouni, neun, als Jim Knopf. Ein Mädchen, das eine männliche Hauptfigur darstellt? "Der Bubenmangel ist ein allgemeines Theaterproblem", sagt Daniela Garbe, 29, die zusammen mit Alexander Langer Regie geführt hat. "Den Mädchen macht es aber nichts aus, einen Jungen zu spielen." Das merkt man Delia Layouni an, sie scheint sich sehr wohl zu fühlen in ihrer Rolle. Laut, selbstsicher und authentisch spricht sie den Text, ebenso wie ihr Partner Sandro Heidenreich, der als einer der wenigen männlichen Akteure eine für sein Alter lobenswerte Schauspielkunst zeigt.

Doch nicht nur die mitwirkenden Kinder in teilweise vom Theaterteam eigens geschneiderten Kostümen, auch die Musik und die Beleuchtung machen ein magisches Spektakel aus der Geschichte nach dem Kinderbuch von Michael Ende. Auch die Bühnenbilder und Requisiten überraschen in ihrer Professionalität und Üppigkeit. Lukas' Lokomotive Emma ist ein echtes, begehbares Gefährt, eine Art Modell, das sich durch Anschieben fortbewegen lässt und, wie Daniela Garbe erklärt, mithilfe einer integrierten Nebelmaschine Dampf produziert. In ihrer Emma erkunden die beiden Helden des Märchens die verschiedensten Welten auf dem Weg vom heimatlichen Lummerland bis nach Kummerland, wo sie eine gekidnappte Prinzessin befreien müssen.

"Unglaublich toll inszeniert"

Kunstpalmen und Felsen aus Pappmaché vor einer bemalten Leinwand, die das Meer darstellt, bilden die Hintergrundkulisse für die Insel Lummerland, mehrere mit Steinen realitätsgetreu bemalte Leinwände für das Land der Tausend Vulkane. Dort treffen Jim und Lukas auf einen kleinen Halbdrachen, der ihnen schließlich Zugang zu Kummerland verschafft. Und nebenbei die Zuschauer amüsiert, als er Jim fragt, wer denn diese so alt aussehenden Leute im Publikum seien, woraufhin Jim Knopf erklärt: "Das sind die Erwachsenen." Einlagen wie diese bringen Humor in die Aufführung und haben einige Lacher seitens des älteren Publikums zur Folge. Wirklich alt ist es aber nur aus kindlicher Sicht.

Denn hauptsächlich besetzen unter den Erwachsenen Mütter und Väter mit jüngeren Geschwistern der Schauspieler die Plätze im Saal. Die Angehörigen wollen ihre Sprösslinge natürlich auf der Bühne erleben, und für diesen großen Tag haben sie sich anscheinend nicht zu viel versprochen. Nach langem Applaus hört man von allen Seiten viel positives Feedback: "So süß" war die Aufführung, finden Besucher, und "unglaublich toll inszeniert" hätten Garbe und Langer das Ganze, lobt eine Mutter die Regisseure am Ende.

Der 20-jährige Alexander Langer, der als Kinderpfleger in einer Kindertagesstätte mit Daniela Garbe arbeitet und beim Theater "hobbymäßig" mitwirkt, setzt zum ersten Mal ein Stück in Szene, für seine Kollegin ist es nun schon das dritte Bühnenspiel. "Ich bin aber eigentlich schon seit 24 Jahren im Theater, dort bin ich quasi aufgewachsen", erzählt Garbe. Deshalb ist die Erzieherin und Theaterpädagogin auch der Meinung, dass "Theater einfach zur Kindheit dazugehört, vor allem im Zeitalter der digitalen Medien". Normalerweise arbeitet sie mit Kindern und Jugendlichen eher an klassischen Stücken, aber dieses Jahr haben sich die Kinder laut Garbe ein Musical gewünscht. Die Proben dafür fingen bereits im Februar an. Mit dem Ergebnis ist Garbe im Großen und Ganzen zufrieden. "Das Publikum war super, die Kinder haben toll reagiert auf die Interaktion mit den Schauspielern." Und die Schauspieler selbst? "Die haben es schön gemacht", schmunzelt Garbe.

Regie: Daniela Garbe und Alexander Langer; Darsteller: Delia und Donia Layouni, Sandro Heidenreich, Laura und Sara Blecher, Anna-Lena und Katarina Hachmöller, Lea Matthes, Simona Betz, Nina Steiner, Robert Ehrt, Lisa und Lara Günzel, Milena Pauli, Logan Parkes, Lilly Isbaner, Lena Hollfelder und Franziska Weingärnter; Technik: Philipp Schmid, Moritz Schwalbe und David Husarek. Weitere Vorstellungen finden am 17., 18. und 24. Dezember, 13 Uhr, im ASV-Theatersaal statt.

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