Juan de la Rubia:Ein vornehmer Virtuose

Juan de la Rubia beeindruckt an der Orgel in Sankt Jakob

Von Adolf Karl Gottwald, Dachau

Die neue Kaps-Orgel der Kirche Mariä Himmelfahrt in Dachau hat seit ihrer Einweihung im Oktober vergangenen Jahres Furore gemacht. (Eine Orgel kann vieles, sogar Furore machen.) Jetzt aber melden sich die Orgelkonzerte in Sankt Jakob zurück, und zwar mit dem sehr bemerkenswerten Konzert des hochbegabten spanischen Organisten Juan de la Rubia, der es in jungen Jahren schon zum Dozenten für Improvisation und zum Titularorganisten der Kathedrale in Barcelona gebracht hat.

Seinen Abend begann er auch Spanisch mit "Corrente italiana" und "Pasacalles" des spanischen Barockkomponisten Juan Cabanilles aus Valencia. Da Cabanilles nur Orgelkomponist war und unsere Organisten seine Werke nie spielen, blieb er hier so gut wie unbekannt. Die Kostproben, die Juan de la Rubia gab, ließen aber aufhorchen. Cabanilles hat die von ihm vorgefundenen Formen Corrente und Passacaglia mit sehr ansprechender Musik gefüllt. Wie groß der Anteil der Interpretation und der sehr feinsinnigen Registrierung an dem überaus positiven Eindruck ist, bleibt wie immer in solchen Fällen fraglich. Der Urvater dieser Art von Orgelmusik ist offenbar nicht nur für das südliche Deutschland und Österreich - man denkt an Froberger und Muffat - sondern auch für Spanien der Italiener Girolamo Frescobaldi.

Der Prüfstein für jeden Organisten ist nach wie vor die Orgelmusik von Johann Sebastian Bach. Juan de la Rubia stellte sich mit zwei Choralvorspielen, einer groß angelegten Fuge und der Passacaglia c-Moll als sehr gediegener, sehr ernst zu nehmender Bach-Interpret vor. In seinen Registrierungen dominieren die dunklen Farben, auffällige Register- und Farbwechsel meidet er; vor allem geht er jedem virtuosen Auftrumpfen, jedem geschmacklosen Prahlen aus dem Weg. Juan de la Rubia bleibt immer vornehm. So baute er Bachs große Passacaglia aus einer sehr schlichten Vorstellung des Themas klanglich langsam, fast zurückhaltend steigernd auf. Farbeffekte ließ er nur bei Arpeggien zu. Es war eine große, würdige Interpretation eines der bedeutendsten Orgelwerke Bachs.

Robert Schumann hat als sein Opus 58 "Vier Skizzen für Orgel" veröffentlicht. Das ist sehr schöne, sehr romantische Musik, aber letztlich Klaviermusik. Juan de la Rubia hat sich enthalten, diese Stücke entgegen ihrem Charakter besonders orgelmäßig zu interpretieren. Er spielte sie in vorwiegend romantisch-dunklen Registrierungen "klavier-nah", was ihnen sehr zugute kam. Zuletzt die Spezialität des spanischen Gastorganisten, die Improvisation.

Weil sein Konzert in Dachau auf den Pfingstmontag fiel, hatte er als Thema die gregorianische Melodie des "Veni Creator Spiritus" gewählt, die er zunächst absolut schlicht vortrug. Dann tauchte er sie geradezu vorsichtig in Klänge, baute diese konsequent aus und erreichte zum Ende seiner zehnminütigen Improvisation dann doch das Brausen, mit dem der Heilige Geist in der Bibel in Verbindung gebracht wird. Das Ganze war so formvollendet aufgebaut, dass man sich fragen konnte, wo hier die Grenze zwischen Improvisation und Komposition liegt.

Man könnte von einer mit improvisatorischen Elementen durchsetzten Komposition sprechen. Juan de la Rubia hatte aber nur ein kleines Notenblatt vor sich liegen, so wie ein in freier Rede Geübter sich auf einem Zettel ein paar Anhaltspunkte notiert. Seine große Improvisation endete mit einem überwältigend strahlenden C-Dur-Akkord. Vom Sauwetter, das der Heilige Geist heuer zu seinem Pfingstfest mitgebracht hat, war hier nichts zu spüren.

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