Hitzige Debatte im Stadtrat:SPD unterliegt im Streit um Baurecht

Hitzige Debatte im Stadtrat: Bauarbeiten an der äußeren Schleißheimer Straße im Dachauer Neubaugebiet "Augustenanger".

Bauarbeiten an der äußeren Schleißheimer Straße im Dachauer Neubaugebiet "Augustenanger".

(Foto: Toni Heigl)

Die Dachauer CSU-Fraktion lehnt einen Bebauungsplan für das gesamte Areal "Augustenanger" ab und verhindert damit eine sozialgerechte Bodennutzung. Kai Kühnel (Bündnis) protestiert: "Erklären Sie das den Wählern"

Von Petra Schafflik, Dachau

Am Ende einer hitzigen Debatte steht eine Bleistiftlinie, per Hand spontan in eine Planskizze eingetragen. Der einfache Strich hat enorme Bedeutung, trennt er doch Bauland von Ackerflächen. Angefertigt wurde die Zeichnung in einer Sitzungspause des Bauausschusses, der seit Monaten darum ringt, wie Bauen an der äußeren Schleißheimer Straße zwischen Theodor-Heuss- und Kufsteiner Straße reguliert werden kann. Ein Bebauungsplan für das gesamte Areal "Augustenanger", wie ihn SPD, Grüne und Bündnis bevorzugt hätten, fand im Gremium im Februar dieses Jahres aber keine Mehrheit. Nun wird auf Vorschlag der CSU-Fraktion über eine sogenannte Klarstellungssatzung für den nord-westlichen Bereich Baurecht festgesetzt. Und damit auch die Voraussetzung geschaffen für zwei Gebäude, die Bauträger Werner Mooseder dort errichten möchte.

Nur für Flächen, die weiter im Süden angrenzen, soll ein Bebauungsplan entwickelt werden. Dieses Konzept wurde mit den Stimmen von CSU, Wolfgang Moll (parteifrei), Rainer Rösch (ÜB), Claus Weber (FW) und Norbert Winter (Bürger für Dachau) gebilligt. Die Meinungen zum Baurecht an der äußeren Schleißheimer Straße gehen weit auseinander. Und damit in der Frage, ob und wie Bauherren von der Stadt an den Folgekosten von Bauprojekten nach den Grundsätzen zur Baulandentwicklung finanziell beteiligt werden können. Dabei setzte sich die CSU-Fraktion klar dafür ein, für einen Streifen entlang der Schleißheimer Straße bestehendes Baurecht anzuerkennen.

Auch ein alter Entwurf, demzufolge weitere Ackerflächen im Süden per sogenannter Einbeziehungssatzung zu Bauland deklariert würden, "könnten wir uns durchaus vorstellen", erklärte Gertrud Schmidt-Podolksy (CSU). Dort könnte die Stadt mit den Grundeigentümern durchaus über Verträge verhandeln. "Die Bereitschaft besteht." Dagegen scheuten Eigentümer einen Bebauungsplan, erklärte Wolfgang Moll (parteifrei). "Weil die Folgekosten der sozial gerechten Bodennutzung wie ein Damoklesschwert über ihnen schweben."

Wenig Verständnis für diese Sorgen zeigte Oberbürgermeister Florian Hartmann (SPD). Wenn aus einem Acker neues Bauland werde, der Grundstückswert mal eben von 15 auf 1500 Euro pro Quadratmeter steige, könne die Stadt den Eigentümer schon mit einen kleinen Teil der Folgekosten belasten. "Schließlich bauen wir eine Schule, eine Kita nach der anderen wegen des Zuzugs." Deutlicher wurde Volker C. Koch (SPD): "Der Stadtrat hat Verantwortung für die ganze Stadt." Deshalb könnten Bauträger nicht wie seit Jahrzehnten weiter bauen und bauen, ohne dass ein Teil der Gewinne für die Infrastruktur abgeschöpft werde. Für die Flächen an der Schleißheimer Straße warb der OB deshalb erneut für einen Bebauungsplan. "Damit könnte man auch eine größere Bebauungsdichte ermöglichen, so nah am Bahnhof." Und die Bauherren würden per Dachauer Baulandmodell eben an den Folgekosten ihrer Bautätigkeit beteiligt.

Doch die CSU blieb bei ihrer Haltung. Parallel zur Schleißheimer Straße wird bis zur dritten Baureihe Baurecht per Satzung anerkannt, jedenfalls von der Theodor-Heuss-Straße Richtung Osten bis einschließlich Hausnummer 84. Weil in der Sitzungsvorlage kein Lageplan diese Lösung explizit aufzeigte, wurde in der Sitzungspause rasch eine Handzeichnung angefertigt. Basis des CSU-Vorschlags ist eine Einschätzung der Regierung von Oberbayern, die den landwirtschaftlichen Betrieb dort in den Innenbereich einbezieht und damit dort Baurecht zuspricht. Die Verwaltung der Stadt sieht das anders. Auf dem Areal eines Bauernhofs entstehe nicht Wohnbaurecht, sobald der Landwirt aussiedelt. "Das ist unsere Rechtsauffassung", betonte Bauamtsleiter Michael Simon.

Kritik am CSU-Vorschlag kam von der SPD, Volker C. Koch plädierte für erneute Vertagung. Auch Kai Kühnel (Bündnis) beklagte "eine völlig willkürliche Linie, das sind Gebäude für Landwirtschaft und für sonst nichts." Den Bürgern gingen per Handstreich hunderttausende Euro verloren. "Erklären Sie das den Wählern." Gegen den Protest billigte eine Mehrheit mit neun Stimmen den Vorschlag, ein Veto kam von sechs Stadträten.

Nach dieser Grundsatzentscheidung war die Bauvoranfrage für zwei Mehrfamilienhäuser an der Schleißheimer Straße 84 nur mehr eine Formalie. Die Verwaltung hält die Gebäude für rechtswidrig, doch nach dem vorangegangenen Satzungsbeschluss besteht Baurecht. Analog den bereits dort genehmigten fünf Gebäuden können nun im Süden noch zwei weitere dazu kommen. So entschied die Mehrheit im Ausschuss.

"Ein rechtmäßiges Ergebnis", sagt Bauträger Werner Mooseder. Schließlich bestätige eine eindeutige Einschätzung der Regierung dort das vorhandene Baurecht. Auch gebe es zum fraglichen Areal bereits seit Jahren Überlegungen, Gespräche und Voruntersuchungen. Genau deshalb möchte Mooseder nun so schnell wie möglich loslegen. "Das wird ein optisch ansprechendes, schönes Projekt", sagt er.

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