Hilgertshausen-Tandern:Konkurrenz für den einzigen Kandidaten

Im Rennen um das Bürgermeisteramt in Hilgertshausen-Tandern galt Markus Hertlein als sicherer Sieger. Doch jetzt wird es noch mal spannend.

Von Benjamin Emonts, Hilgertshausen-Tandern

"Ich hab's zur Kenntnis genommen." Mehr sagt Markus Hertlein nicht zu der Nachricht, die sich im Dorf wie ein Lauffeuer verbreitet hat. Für den Hilgertshausener war bislang alles glatt gelaufen. In einer internen Vorwahl der Wählergemeinschaft Hilgertshausen-Tandern (WGHT) hatte er alle anderen Interessenten klar hinter sich gelassen - er wurde zum einzig verbliebenen Kandidaten für die Nachfolge des erkrankten Bürgermeisters Hans Kornprobst (CSU) gewählt. Doch dann kam besagte Nachricht: Der Zweitplatzierte der Vorwahl, der Schreinermeister Norbert Schneider, gründet eine eigene Gruppierung und tritt - entgegen einer angeblichen Vereinbarung - auch zur Wahl an. In der WGHT ist man darüber nicht begeistert. Mancher Bürger und die anderen Fraktionen hingegen freuen sich, eine Alternative zu bekommen.

Um zu verstehen, wie sich das Kandidatenkarussell in Hilgertshausen-Tandern dreht, muss man wissen, dass die Gemeinde im nördlichen Landkreis Dachau keine gewöhnliche ist. Der Doppelname rührt aus einer Zwangsehe, die die beiden Ortschaften 1978 im Zuge der bayerischen Gebietsreform eingehen mussten. Sie war vom ersten Tag an zerstritten. Die zahlenmäßig unterlegenen Tanderner sahen sich in vielerlei Hinsicht benachteiligt. Da sie weniger Mandatsträger im Gemeinderat stellten, erachteten sie sich politisch als nicht handlungsfähig. Von 1978 bis 1996 stellten sie jede politische Partizipation ein. Anstatt zu votieren, verbrannten sie demonstrativ ihre Wahlzettel.

Das ist heute nicht mehr so, das Verhältnis ist entspannter geworden. Ganz astrein ist das Binnenklima aber noch nicht. Dass kein Tanderner für das Amt des Bürgermeisters kandidiert, hat damit zu tun. Noch immer setzen die Hilgertshausener, die etwa zwei Drittel aller Wahlberechtigten ausmachen, ihr Kreuzchen erfahrungsgemäß für den Kandidaten aus dem eigenen Ortsteil. Eine Tanderner Kandidatur ist ein ziemlich hoffnungsloses Unterfangen. Die drei, die es versucht haben - Josef Krimmer, Adolf Doldi und Peter Schadl - waren chancenlos. Auf einen zeitraubenden Wahlkampf will sich seither kein Tanderner mehr einlassen.

Hilgertshausen

Norbert Schneider braucht 80 Unterschriften, um kandidieren zu können.

(Foto: privat)

Zwei CSU-Ortsverbände

Nicht ganz gewöhnlich ist auch die Rolle der CSU in der Gemeinde. Beide Ortsteile haben einen eigenen CSU-Ortsverband, was es im Landkreis so nirgendwo gibt. Bedeutsam für die Wahlen ist diese Trennung, weil pro Gemeinde nur ein Ortsverband eine Wahlliste aufstellen darf. Dieses Privileg hat die CSU Tandern inne, die früher dran war. Die Kandidaten der CSU Hilgertshausen kandidieren deshalb über die Liste der WGHT. Das lockere und öffentliche Gefüge aus politisch Interessierten besteht zu etwa einem Viertel aus CSU-Hilgertshausen-Mitgliedern. Ihr Kandidat wird in der Regel auch Bürgermeister.

Von einigen Bürgern muss sich die WGHT nun Kritik anhören. Ihr Vorgehen, im engen Kreis und nicht-öffentlich Hertlein zum einzigen Kandidaten zu wählen, halten sie für zu wenig demokratisch. Bei der öffentlichen Nominierungsveranstaltung am 19. Januar, 19.30 Uhr, im Gasthaus Häuserer hätten sie lieber mehrere Kandidaten zur Auswahl als nur Markus Hertlein, der die WGHT-Vorwahl mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit deutlich vor Schneider und den abgeschlagenen Johann Pröbstl und Max Demmelmair gewann.

WGHT-Sprecher Werner Kerzel schloss vor wenigen Wochen noch kategorisch aus, dass einer der Verlierer trotzdem für das Bürgermeisteramt kandidieren würde. Das könne man auf dem Land nicht bringen, so sagte er. Schneider sieht das aber anders. "Es wurde nicht vereinbart, dass man es nicht auf andere Weise probieren darf." Er kritisiert die WGHT: "Ein demokratisches Instrument wie eine Wahl verlangt, der Bevölkerung eine freie Wahlmöglichkeit einzuräumen und nicht nur einem einzelnen Kandidaten zuzustimmen, der von einer kleinen politischen Gruppierung ernannt wurde."

Hilgertshausen

Markus Hertlein ist sein Konkurrent.

(Foto: privat)

Bauingenieur oder Schreinermeister

Kerzel hält dagegen: "Die Stimmberechtigten waren ein gutes Abbild der Bevölkerung. Norbert Schneider ist ein sympathischer Kerl. Aber jetzt sieht er ein bisschen wie ein schlechter Verlierer aus." Kerzel macht kein Geheminis daraus, dass er Hertlein für den besseren Mann hält. "Der Bürger muss sich jetzt überlegen, ob er einen Akademiker und Bauingenieur oder einen Schreinermeister will", sagt er und gibt den Hinweis, dass die Gemeinde vor großen Bauprojekten stehe. "Aus dieser Warte hat Hertlein einen kleinen Vorteil." Schneider aber ist sich des Rückhalts der Dorfgemeinschaft sicher. In Hilgertshausen ist der 39-jährige Familienvater tief verwurzelt. In der ersten Herrenmannschaft des TSV Hilgertshausen gab er jahrelang den kampfstarken Verteidiger und stieg bis in die Bezirksoberliga auf. Seit nunmehr zwölf Jahren ist er zweiter Vorsitzender des Vereins. Bei der örtlichen Feuerwehr war er 15 Jahre aktiv. Politisch ist Schneider ein unbeschriebenes Blatt. Er ist seit Sommer 2016 Mitglied der CSU Hilgertshausen und sitzt als Zuhörer regelmäßig in den Gemeinderatssitzungen.

Die CSU Tandern und die Bürgerliste Tandern begrüßen, dass sich ein zweiter Mann zur Wahl stellen will. "Ich bin beruhigt, dass es jetzt einen zweiten Kandidaten gibt", sagt der Landtagsabgeordnete Martin Güll, der für die SPD im Gemeinderat sitzt. Ebenfalls positiv äußert sich Franz-Josef Karchhammer, der Vorsitzende der CSU Hilgertshausen: "Ein zusätzlicher Kandidat bedeutet ein Quäntchen mehr Demokratie." Nach Karchhammers Einschätzung unterstützt etwa die Hälfte der CSU Hilgertshausen Norbert Schneider und die andere den parteilosen Bauingenieur und Projektmanager Hertlein. Der 45-Jährige stammt aus dem bayerischen Schwaben und heiratete vor zwölf Jahren in die alt eingesessene Familie Keimel ein. Beruflich hat er einiges vorzuweisen.

Die Nominierungsveranstaltung von Schneiders Gruppierung, der Bürgerunion Hilgertshausen-Tandern, findet an diesem Dienstag im Gasthaus Häuserer (19.30 Uhr) statt.

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