Projekt für Flüchtlinge:"Zustände wie in der Dritten Welt"

Projekt für Flüchtlinge: 1,7 Tonnen Winterbekleidung für Flüchtlinge hat der Hebertshausener Michael Degener mit dem Lastwagen nach Griechenland transportiert.

1,7 Tonnen Winterbekleidung für Flüchtlinge hat der Hebertshausener Michael Degener mit dem Lastwagen nach Griechenland transportiert.

(Foto: Toni Heigl)

Michael Degener aus Hebertshausen bringt von seinem Hilfstransport nach Griechenland erschütternde Eindrücke mit zurück.

Interview von Andreas Förster

Michael Degener engagiert sich seit 2013 in der Flüchtlingshilfe. Vergangene Woche fuhr der 51-jährige Hebertshausener in Eigeninitiative mit seinem LKW an die EU-Außengrenze nach Griechenland, um 1,7 Tonnen Winterbekleidung abzuliefern. Nun ist er zurück, müde und gleichzeitig aufgekratzt wegen der extremen Eindrücke, die er sammeln konnte. Die nächste Hilfslieferung hat er schon im Blick.

SZ: Mit der Tour haben Sie eine ziemliche Tortur hinter sich, nicht wahr?

Michael Degener: Wie man's nimmt. Es war anstrengend, aber das war es mir wert. Die meisten Kleidungsstücke waren innerhalb von 24 Stunden vergriffen. Daran kann man sehen: Es war nicht mehr als ein Tropfen auf dem heißen Stein.

Sie haben einen randvollen LKW mit 1,7 Tonnen Hilfsgütern 1800 Kilometer allein bis an die mazedonische Grenze gefahren. Wie kann man sich das vorstellen?

Ab Ancona in Italien hat es geregnet. Bei der Überfahrt von Brindisi nach Igoumenitsa stürmte es so heftig, dass die Fähre beunruhigend hin- und her schwankte. Immerhin konnte ich ein paar Stunden im Führerhaus schlafen. Auch in Griechenland herrschte Unwetter bei Temperaturen um die fünf Grad.

Wie waren die Eindrücke in Griechenland, und wer hat geholfen?

Die Flüchtlinge, die Hälfte Familien mit Kindern, waren durchnässt und froren. In Idomeni herrschen Zustände wie in der Dritten Welt. Ein paar notdürftige Zelte, keine festen Unterkünfte, keine befestigten Straßen. Not ohne Ende. Es gibt einige freiwillige Helfer, die meisten kommen aus Deutschland und England, die sich die 24-Stunden-Schichten aufteilen und am Ende ihrer Kräfte sind.

Wie steht es um die medizinische Versorgung?

Auch die ist katastrophal. Das griechische Rote Kreuz ist zwar am Ort des Geschehens, aber sie haben selbst von allem zu wenig. Vor allem fehlt es an Medikamenten. Und das bei einem Durchlauf von mindestens 3000 Menschen pro Tag.

Wie haben Sie sich gefühlt, als Sie das, was Sie nur aus dem Fernsehen kannten, mit eigenen Augen gesehen haben?

Wütend und ungläubig. Wütend, weil die Menschen hier allein gelassen werden. Und ungläubig, was hier alles noch verwendet wird: Einer gab seine durchnässten Latschen ab, und die Helferin legte sie zum Trocknen beiseite mit den Worten: "Der nächste kommt barfuß und ist froh, wenn er überhaupt was an den Füßen hat." Da wusste ich: Hier braucht es nachhaltige Hilfe.

Was wollen Sie jetzt tun?

Die Hilfe auf professionellere Beine stellen. Zum einen braucht es mehr Freiwillige, zum anderen Medikamente und ordentliche Lagermöglichkeiten. Daran arbeite ich jetzt mit Hochdruck. Als selbständiger Ladenbauer kenne ich mich mit dem Aufbau von Regalsystemen aus. Außerdem werde ich mich einem gemeinnützigen Verein in München anschließen, damit ich offiziell Spenden sammeln kann. Im Moment mache ich das nur im Bekanntenkreis.

Wie heißt der Verein, und wie kann man Sie unterstützen?

Der Verein heißt "Flüchtlingen helfen e.V.", und die beste Unterstützung im Moment ist die finanzielle. Aber auch Kleidung und Medikamente möchte ich bei meiner nächsten Fahrt in zwei bis drei Wochen mitnehmen. Das alles übersteigt meine finanziellen Möglichkeiten. Bei der ersten Fahrt habe ich schon 360 Euro draufgezahlt.

Was halten Sie von der Idee, die Grenzen zu schließen?

Nichts. Ich habe die Verzweiflung der Menschen gesehen. Sie werden trotzdem kommen und sich irgendwie über die grüne Grenze schlagen. Das passiert ja jetzt schon.

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