Hebertshausener Modell:Heimat auf Zeit

Der Verein Haus des Lebens hat das ehemalige Altenheim in Deutenhofen umgebaut. Pädagoginnen helfen jungen Müttern, ihren Weg in die Selbständigkeit zu finden

Von Petra Schafflik

Lange hat die junge Frau auf der Straße gelebt. "Eine Wasserflasche und eine Decke, mehr hatte ich nicht." Als Irena Florian dann schwanger wurde, fand sie Zuflucht in einem Kloster, doch ein Leben mit Kind war dort auf Dauer nicht möglich. Nun hat die Mutter mit ihrem kleinen Buben in Hebertshausen eine Heimat gefunden. Eine Heimat auf Zeit zumindest. Denn sie lebt seit ein paar Wochen im Mutter-Kind-Heim, das der Verein "Haus des Lebens" im ehemaligen Altenheim Deutenhofen betreibt. Die Einrichtung, die seit 2014 besteht, steht nun vor einer Bewährungsprobe: Da der Gründungsvorstand die wichtige Entgeltvereinbarung mit den Trägern der Jugendhilfe nicht vorangetrieben hatte, fehlte seit Sommer die rechtliche Grundlage der Finanzierung. Aktuell steht das Haus deshalb fast leer, nur zwei Mütter mit ihren Kindern leben hier. Die organisatorischen Defizite sind behoben, sagt die neue Vereinsvorsitzende Anja von der Fecht bei einem Rundgang. "Jetzt müssen wir das Vertrauen der Jugendämter zurückgewinnen. Es wäre schade um das schöne Projekt."

Die Idee für das Mutter-Kind-Heim hat der Verein von Anfang an engagiert vorangetrieben. Nachdem der Landkreis als Eigentümer das ehemalige BRK-Altenheim veräußert hatte, wurde der denkmalgeschützte Schlossflügel renoviert und umgebaut. Nun gibt es auf zwei Etagen neun helle, möblierte Zimmer für junge Mütter oder Schwangere in Notlagen. Den Bewohnerinnen stehen moderne Sanitäreinrichtungen zur Verfügung, dazu gibt es Gemeinschaftsbereiche, ein Spielzimmer für die Kleinen und eine große Küche mit Essbereich. Die alte Schlosskapelle wurde mit Fingerspitzengefühl renoviert, dient nun auch als Ruhe- und Meditationsraum. Rund ums Haus gibt es den weitläufigen Park, wo die Kinder spielen können.

Alltagsstruktur finden

Doch die Bewohnerinnen und ihr Nachwuchs finden nicht nur ein Dach über dem Kopf. Vielmehr unterstützten Pädagogen die Frauen dabei, eine enge Beziehung zu ihrem Kind zu knüpfen, leiten an bei der Pflege und Betreuung der Kleinen. Die Frauen sollen eine Alltagsstruktur finden und sich langfristig eine berufliche Perspektive aufbauen. Damit die Mütter in Ruhe eine Schul- oder Berufsausbildung beenden können, werden ihre Kinder von den im Haus tätigen Pädagoginnen auch zeitweise betreut. Im gerade entstehenden Kinderhaus der Gemeinde wird das Haus des Lebens feste Betreuungsplätze belegen können. Das Konzept des Deutenhofener Heims "Haus des Lebens" orientiert sich am Vorbild gleichnamiger Einrichtungen in kirchlicher Trägerschaft in Offenburg und Freiburg, steht aber Frauen jeglicher Nationalität und Religionszugehörigkeit offen.

Die Rahmenbedingungen wirken überzeugend, nun muss der Verein das Vertrauen der Jugendämter zurück gewinnen. Anja von der Fecht räumt Fehler des früheren Vorstands ein. Nachdem die Ämter wegen fehlender und ausgelaufener Vereinbarungen, niemanden mehr zugewiesen hatte, reagierte der Verein. Ein neuer Vorstand mit Anja von der Fecht als Vorsitzende übernahm das Ruder. "Die entscheidende Entgeltvereinbarung ist nun genehmigt", sagt sie. Die Organisation des Hauses sei klarer und professioneller strukturiert worden. Sozialpädagogin Claudia Diecke kümmert sich als fachliche Leiterin um den Alltag im Haus, der Vorstand ist für die rechtlichen und organisatorischen Rahmenbedingungen zuständig.

Vertrauen der Jugendämter

Um sein Projekt abzusichern, setzt der Verein auf eine zweite Säule. Zwei Appartements und eine ehemalige Betriebsleiterwohnung im Haus stehen noch leer. Dort könnten in einer Art Wohngemeinschaft auf Zeit Frauen in Not unterkommen. Eine Kooperation mit dem Dachauer Verein Frauennotruf wurde deshalb initiiert. "Frauen, die sich von ihrem gewalttätigen Partner trennen wollen und für eine Übergangszeit ein Dach über dem Kopf benötigen, könnten hier in Deutenhofen gut unterkommen", sagt Mira Wissert vom Frauennotruf-Vorstand. Enger zusammenarbeiten will der Verein Haus des Lebens auch mit den Verantwortlichen der Asylunterkunft, die im benachbarten Neubautrakt des Altenheims untergebracht ist. Für die Zukunft der Mutter-Kind-Einrichtung kommt es jetzt erst einmal darauf an, dass die Wohnplätze wieder kontinuierlich belegt werden. Hausherr Joachim Kriesl, Eigentümer des gesamten Deutenhofener Anwesens, unterstützt zwar mit viel Engagement und "aus ganzem Herzen" das Projekt. Doch ohne finanzielle Mittel, ohne Kooperation mit den zuweisenden Behörden geht es nicht. "Wir haben unsere Hausaufgaben gemacht", sagt Anja von der Fecht. Damit das Mutter-Kind-Haus eine Zukunft hat, hoffen die Ehrenamtlichen nun "auf das Vertrauen der Jugendämter."

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