Hebertshausen:1,7 Tonnen Winterbekleidung für Flüchtlinge

Michael Degener sammelt im Bekanntenkreis Spenden. Jetzt fährt er einen Lastwagen mit 150 Kisten nach Griechenland.

Von Andreas Förster, Hebertshausen

Die Zahl der Kisten will kein Ende nehmen. Etwa 130 sind schon im Siebeneinhalb-Tonner verstaut und noch immer ist Platz für 20 mehr. "Jetzt muss ich erst mal sortieren, was noch da ist", sagt Michael Degener. Der 51-jährige selbständige Handwerker hatte damit gerechnet, dass sein Lastwagen mit 130 Umzugskisten rappelvoll sein wird. Diese Menge hatte er vor seinem Lager in Hebertshausen schon gestapelt: ein gewaltiger Haufen. Damit die Kisten möglichst wenig Platz zum Wackeln haben, stopft Flüchtlingshelfer Degener Schlafsäcke, Decken und Isomatten in die Lücken. Die Ladung soll schließlich sicher am Samstagmittag im griechischen Örtchen Idomeni an der mazedonischen Grenze ankommen.

Am Dienstag sind die letzten 20 Kisten in den Laster geräumt, insgesamt 1,7 Tonnen Winterbekleidung, an diesem Donnerstag geht es los. Alles ist beschriftet, etwa mit "Women, warm Sweater, Size M". Die Schuhe sind alle paarweise mit Krepppapier gebündelt und mit der jeweiligen Größe versehen. Insgesamt 33 Kategorien, der Großteil für Erwachsene, ein Viertel für Kinder. Alles Spenden, das meiste ist in einem guten bis sehr guten Zustand. "Sogar Pullis aus Kaschmirwolle waren dabei, und die schönsten Daunenjacken", freut sich Degener. Bis nach Stuttgart hallte sein Spendenaufruf, eine dort ansässige Firma spendete eine Palette neue Winterunterwäsche. "Manche Übergröße war dabei", sagt der Handwerker, Herren-Slips in 16 und Damen-Schlüpfer in 64, die jedoch zu Hause bleiben müssen. "Flüchtlinge mit diesen Körpermaßen kommen in kein Boot", weiß Degener.

Hebertshausen: Seit er die Bilder von schutzsuchenden Menschen in Idomeni, Griechenland, gesehen hat, will Michael Degener dorthin, um zu helfen.

Seit er die Bilder von schutzsuchenden Menschen in Idomeni, Griechenland, gesehen hat, will Michael Degener dorthin, um zu helfen.

(Foto: AFP)

Der 51-Jährige hat sich vor Ort kundig gemacht, mit Mitgliedern einer internationalen Hilfsorganisation in Idomeni gesprochen. "Sie freuen sich schon auf mich, die Helfer zum Ausladen stehen praktisch schon bereit", berichtet Degener. Er ist erleichtert, dass es jetzt endlich losgeht. Seit November vergangenen Jahres bestimmt dieses Projekt nun mehr oder weniger sein Leben. Seit zehn Wochen trommelt er im Verwandten- und Bekanntenkreis dafür, sammelt Spenden, sucht und teilt die Unterstützung ein und bereitet alles vor. Seit er die aufwühlenden Bilder schutzsuchender Menschen im Fernsehen gesehen hat, will er zur sogenannten Balkan-Route und ihnen helfen.

Degener scheint den richtigen Zeitpunkt gefunden zu haben, jetzt, so kurz vor dem erwarteten großen Kälteeinbruch. 1800 Kilometer Fahrt liegen nun vor ihm, dazu kommt noch das Übersetzen mit der Fähre vom italienischen Hafen Brindisi aufs griechische Festland nach Igoumenitsa. "Von dort geht es über Thessaloniki weiter nach Idomeni an der Grenze zu Mazedonien", sagt Degener. Anfang kommender Woche möchte er wieder zurück sein. Bis dahin hofft er auf gute Witterungsbedingungen. Dann wird sein Abenteuer beendet sein. Rund 1000 Euro wird ihn die Aktion, vor allem Benzin- und Autobahngebühren, kosten, vermutet der gebürtige Ostwestfale, der seit 2007 in Hebertshausen lebt und arbeitet. Für etwa die Hälfte der Summe hat er Geldspenden erhalten, vor allem von Bekannten und Freunden aus dem örtlichen Golfclub. Die andere Hälfte geht erst einmal auf seine eigenen Kosten. "Das Geld spielte von Anfang an keine Rolle", sagt Degener. "Daran wollte ich es nie scheitern lassen."

Hebertshausen: Einsatz für Flüchtlinge: Michael Degener lädt seinen Lastwagen voll.

Einsatz für Flüchtlinge: Michael Degener lädt seinen Lastwagen voll.

(Foto: Toni Heigl)

Auch wenn im Laufe der nächsten Woche der Alltag wieder beginnt - der Flüchtlingshilfe wird der 51-Jährige treu bleiben. Er engagiert sich seit Oktober 2013 im örtlichen Helferkreis und kennt sich gut aus mit den Zuständen im Flüchtlingsheim Deutenhofen. "Das ist keine leichte Situation für die Menschen", sagt er, "selbst, wenn sie in Deutschland sind." Da müsse man unterstützen, mit Worten, aber vor allem mit Taten. "Es werden so viele Halbwahrheiten und Vorurteile verbreitet", ärgert er sich. "Ich bin gerne bereit den Leuten zu erzählen, wie es wirklich ist."

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