Hebertshausen:Kaffeefahrt mit Bürgermeister

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Kinderhaus, Jugendzentrum, Sozialwohnungen: Richard Reischl zeigt den älteren Mitbürgern, was der Gemeinderat in Hebertshausen plant.

Von Petra Schafflik, Hebertshausen

Mit Klemmbrett und Stift steht Bürgermeister Richard Reischl (CSU) vorm Rathaus, hakt wie bei einem Schulausflug namentlich ab, wer in den bereitstehenden Reisebus steigt. Dort sitzen schon fünfzig gut gelaunte Senioren, die der Rathauschef bei der Abfahrt mit einem Augenzwinkern zur "Kaffeefahrt" begrüßt. "Wir brauchen aber keine Heizdecke", schallt es von den Fahrgästen zurück. Der heitere Ton begleitet die neuartige "rollende Bürgerversammlung", zu der explizit die ältere Generation der Gemeinde eingeladen ist. Während der eineinhalbstündigen Rundfahrt serviert der Bürgermeister den interessierten Zuhörern dann Informationen zu Projekten und Eckdaten der Gemeinde. Danach wechselt die ganze Reisegesellschaft in den Sitzungssaal im Rathaus, wo die Senioren bei Kaffee und Kuchen diskutieren und Fragen stellen zu Verkehrssicherheit, Wasser- und Luftqualität im Ort.

Visualisierung ist das Stichwort, unter dem der gelernte Berufsschullehrer Richard Reischl die rollende Bürgerversammlung konzipiert hat. Also fährt der Bus erst einmal den Kirchberg hoch, wo die Gemeinde in den kommenden vier Jahren gemeinsam mit der Erzdiözese für 6,5 Millionen Euro Kirche Sankt Georg, Aussegnungshalle und Kirchberg sanieren wird. Dass es danach am Friedhof eine öffentliche Toilette geben wird, quittieren die Zuhörer mit einem "endlich". Weiter geht's. Hinter der Schule erklärt Reischl, wie mit dem dort geplanten neuen Kinderhaus plus Mensa und Sanierung von Schulhaus und Turnhalle "ein Zentrum geschaffen wird, wo Kinder und Jugendliche aller Altersstufen immer ein vertrautes Umfeld finden und erstklassige Bildung erhalten." Mit der Investition in die Kinderbetreuung will die Gemeinde dem künftig steigenden Bedarf zuvorkommen, erklärt Reischl auf Nachfrage. "Wir bauen erst die Kita, weisen dann Baugebiete aus."

Der Bus mit dem Bürgermeister war bis auf den letzten Platz besetzt. (Foto: Toni Heigl)

Im Vorbeifahren werden geplante Vorhaben erläutert: Die umgeackerte Fläche hier - ab Juli 2016 steht dort ein Gebäude in Holzständerbauweise, "wo unsere unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge ihre Heimat bekommen werden". Die grüne Wiese dort - "das neue Jugendzentrum, die Pläne gibt es schon". Die Ackerfläche hinter dieser Hecke - das künftige Baugebiet Unterweilbach, "wo es auch Grundstücke nach dem Einheimischemodell geben wird". Das Gewerbegebiet, durch das der Bus gerade rollt - ausgebucht, einen neuen Gewerbestandort will der Gemeinderat finden.

Auch zur versteckt am Hang liegenden Asylunterkunft im ehemaligen Altenheim Deutenhofen lässt Reischl den Bus hochfahren. Angesichts mancher Vorurteile, die es gegenüber den Flüchtlingen gebe, sollen sich die Senioren ein eigenes Bild machen. "Dafür, dass hier 60 Leute leben, schaut es doch ganz normal aus", sagt Reischl. Und berichtet ausführlich, wie sich Asylbewerber im Ort einbringen. Nicht nur bei der Organisation ihrer eigenen Unterkunft, sondern auch bei Gemeinschaftsprojekten. Beim Kita-Spielplatz in Ampermoching habe die Gemeinde viel gespart, weil nicht nur Eltern sondern auch zehn Flüchtlinge zwei Wochen lang bei großer Hitze geschuftet hätten.

Die rollende Bürgerversammlung stieß bei den Hebertshausener Senioren durchweg auf positive Resonanz. (Foto: Toni Heigl)

Wenn es einmal ein paar hundert Meter kein Bauprojekt zu erläutern gibt, präsentiert Reischl Haushaltsdaten und Zukunftspläne. Spricht über ein geplantes Bauquartier in Hebertshausen, wo neben den üblichen Eigenheimen auch Sozialwohnungen und Betreutes Wohnen entstehen sollen. Erläutert die neue Vereinsförderrichtlinie, von der vor allem auch kleinere Organisationen profitieren. Erklärt die Tempo-Anzeigen an den Ortseingängen, welche die Zahl der Raser um 25 Prozent reduziert haben.

Tapfer steigen die Teilnehmer nach der Rundfahrt noch in den Sitzungssaal in den zweiten Stock hoch. Dort erörtern sie dann bei Kaffee und Käsekuchen Themen, die ihnen auf den Nägeln brennen. Wie ist die Wasserqualität im Ort? Wo können defekte Straßenlaternen gemeldet werden? Wie hoch ist die Feinstaubbelastung an der Staatsstraße? Wird er neue Dorfgemeinschaftsraum in Ampermoching nicht dem Wirt im Sportheim Konkurrenz machen? Auf die Frage, warum bei der Gärtnerei Roth kein Zebrastreifen gebaut wird, erklärt der Bürgermeister die Rechtslage, die Ampel oder Zebrastreifen nicht erlaubt. Zur gefährlichen Kreuzung an der Einmündung der Alten Römerstraße in die Freisinger Straße erklärt Reischl, warum ein Kreisverkehr dort nicht geht, aber 2016 laut Zusage des zuständigen Straßenbauamts eine Ampel gebaut wird.

Wenn es nach dem Bürgermeister geht, sollen die nun gut informierten Senioren ihr Wissen hinaustragen in den Ort, "quasi als Sprachrohr". Damit statt über Gerüchte künftig über Fakten geplaudert wird an den Stammtischen. Das könnte klappen, die Teilnehmer jedenfalls sind von der Veranstaltung begeistert. "Super, was man hier erfahren hat", lobt Magdalena Schaffer. Bereits am Vorabend hat sich Alfred Winkler bei der traditionellen Bürgerversammlung im Sportheim informiert. Mitgefahren ist er trotzdem, sein Fazit: "Ganz toll!" Das Visuelle hält Winkler für Entscheidend. "Jetzt weiß ich, wo alles liegt." Auch für jüngere Bürger könnte so ein Angebot interessant sein, dann an einem Samstag, schlägt Winkler vor. Oder, ergänzt Hanne Ajem, "vielleicht als Radltour?"

© SZ vom 27.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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