Hebertshausen:Die Straße, die aufhörte zu existieren

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Ein angestrengter Blick in anstrengenden Zeiten: Bürgermeister Richard Reischl in Aktion. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Verwaltungsgericht nimmt sich eines kuriosen Rechtsstreits in Ampermoching an

Von Julian Erbersdobler, Hebertshausen

Richard Reischl (CSU) geht in die Knie. Der Hebertshausener Bürgermeister nimmt selbst Maß, denn am Ende kommt es auch darauf an, wo die Purtlhofer Straße wie breit ist. Das ist nur eine der Geschichten, die mit der juristischen Posse um das Straßenausbau-Beitragsrecht in Ampermoching zusammenhängen. Der Vorsitzende der fünfköpfigen Kammer des Verwaltungsgerichts München, Thomas Eidam, wählt bei der gut dreistündigen Ortsbesichtigung diese Worte: "Ich gebe es zu, das Thema ist sehr schwierig zu verstehen."

Immerhin gibt es auch eine gute Nachricht: Die Straßenanlieger werden, wie bisher, nur 30 und nicht 90 Prozent der Sanierungskosten aus dem Jahr 2012 übernehmen müssen. Der Anteil hängt nicht zuletzt damit zusammen, wann die Straße erstmals "ordentlich" hergestellt war. Das Problem: Die Geburtsurkunde, in diesem Fall der Beschluss des damals noch selbstständigen Ampermochinger Gemeinderats, ist nicht mehr auffindbar. Und das war der Anfang einer Geschichte, die sogar ein Reporter-Team des Bayerischen Rundfunks nach Ampermoching lockte. Schließlich weigerten sich zwei Anwohner, Franz Brandmair und Michael Ziegltrum, die Gebührenbescheide zu akzeptieren. Als das Landratsamt ihre Widersprüche abwies, klagten sie.

Doch auch der Termin im Münchner Verwaltungsgericht konnte den Streit nicht schlichten. Und so kam es zu jetzt zu einem sogenannten Augenschein, einer Ortsbesichtigung. "Im Grunde haben die Richter die Straße in drei Teile zerlegt, um den Gegebenheiten gerecht zu werden", erklärt der ehemalige Dachauer Oberbürgermeister Kurt Piller hinterher. Er vertritt einen der beiden Kläger vor der Kammer. Die neuen Zahlen könne er allerdings nicht nachvollziehen, sagt der Rechtsanwalt. Deshalb sei man sich auch noch nicht einig. "Nach der Ortsbesichtigung wird es ohnehin wieder neue Berechnungen geben", so Piller.

Die Auseinandersetzung geht also weiter - beide Kläger fordern noch eine mündliche Verhandlung. Obwohl Franz Brandmair und Michael Ziegltrum nach der neuen Berechnung mit etwa jeweils 300 Euro billiger davon kämen, wollen sie sich nicht unter Druck setzen lassen.

"Wir warten jetzt erst mal auf die nächsten Zahlen, die uns die Gemeinde vorschlägt", sagt Brandmair, der in der Purtlhofer Straße einen Kfz-Handel betreibt. Kurt Piller und sein Mandant Michael Ziegltrum hoffen, "dass die Gemeinde uns mehr entgegen kommt". In anderen Worten: "Das bereits bestehende Vergleichsangebot muss noch besser werden", sagt Piller.

Im Moment müssten die Kläger 90 Prozent der Verfahrenskosten übernehmen. "Ich will eine Fünfzig-Fünfzig-Lösung, dann einigen wir uns vielleicht." Wer am Ende nachgibt, wird sich voraussichtlich erst im Herbst oder noch später zeigen. Dann kehrt vielleicht auch wieder Ruhe in der Purtlhofer Straße ein.

© SZ vom 27.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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